Wörterbuch zur Verbvalenz









ziehen I (Lesart 1)

Strukturbeispiel

jemand/etwas zieht irgendwohin

Im Sinne von

jemand/etwas sich irgendwohin begeben

Satzbauplan

K sub , K adv

Beispiele

(1)
Um Dreikönig herum ziehen die Sternsinger wieder von Haus zu Haus und sammeln für einen guten Zweck. (St. Galler Tagblatt, 04.01.2010, S. 31)
(2)
Die Nomaden ziehen mit ihren Herden von Weideplatz zu Weideplatz.
(3)
Im Frühjahr verlässt der Zirkus sein Winterquartier und zieht wieder von Stadt zu Stadt.
(4)
Die schwarzen Gnus ziehen gleich Perlen an einer Kette durch die Gegend. (nach Grzimek, S. 313)
(5) [indirekte Charakterisierung]
Die Ausstellung zieht durch 50 Städte in ganz Deutschland. (dpa, 30.06.2010; Wanderausstellung zu 20 Jahren Währungsunion)
(6) [indirekte Charakterisierung]
In aller Regel mussten die »Komödienbanden«, die von Jahrmarkt zu Jahrmarkt, von Messe zu Messe zogen, sich ihre Theaterbretterbude zimmern und sie nach dem Gastspiel wieder abreißen. (Die Zeit (Online-Ausgabe), 02.12.2010; Mit Wut und Mut)

Belegungsregeln

K sub : NP im Nom/ProP im Nom/GWS

K adv : Ort (direktivisch)

      ( von +Dat) nach +Dat/...: (Ausgangsort) Zielort

(7)
Napoleons Armee zog von Polen nach Russland.
(8)
Wie oft kunstvoll erprobt, zog Robben von rechts ins Zentrum, ließ drei Gegenspieler stehen und traf mit dem linken Fuß zum 1:0. (Nürnberger Nachrichten, 29.06.2010, S. 22)
(9)
Die Armee zog nach Moskau.
(10)
Demonstranten zogen zum Justizministerium. (Spiegel, 14/1993, S. 208)
(11)
Als Alexander der Große 332 vor Christus mit seinen Truppen nach Ägypten zog, feierten ihn die Einwohner als Befreier des Landes von der verhassten persischen Fremdherrschaft und erhoben ihn zum neuen Pharao. (Nürnberger Nachrichten, 11.01.2006)
(12)
Alte Filme zeigen, dass 1914 begeistert an die Front gezogen wurde.

      AdvP/ durch +Akk/.../( in) Richtung: Richtung

(13)
Im September ziehen die Störche südwärts, in Richtung Afrika.
(14)
Altes dörfliches Brauchtum wurde am Samstag wieder in Nauroth gepflegt. Dort ist es nämlich seit alters her guter Brauch, dass die männliche Jugend in bunter Kostümierung durch die Straßen zieht und von Haus zu Haus ein "Prosit Neujahr" wünscht. (Rhein-Zeitung, 04.01.2010; Neujahrsgruß)
(15)
Kurz vor der Schlacht bei Lutter am Barenberge 1626 sei Wallensteins Armee von Halberstadt kommend nach Westen gezogen. (Braunschweiger Zeitung, 17.08.2007)
(16)
Als der Demonstrationszug in Richtung Regierungssitz zog, griff die Polizei ein.
(17)
Etwa 400 türkische Anhänger, die nach Spielschluss friedlich feiernd Richtung Bahnhof zogen, waren auf 200 gewaltbereite Schweizer Hools gestoßen. (Hamburger Morgenpost, 13.06.2008, S. 15)

Passivkonstruktionen

Werden-Passiv: nur unpersönlich

werden:   
(18)
Nach der Eucharistiefeier auf dem Marktplatz wird in Prozessionsordnung über die Hoch- und Kirchstraße betend und singend zum Mariendom gezogen, wo die feierliche Abschlussfeier ist. (Rhein-Zeitung, 27.05.2002; Betend und singend - zum Mariendom)

Anmerkungen

ziehen wird auch in idiomatischen Wendungen verwendet wie:
[geh] gegen jemanden/etwas zu Felde ziehen: jemanden/etwas bekämpfen;
vor Gericht ziehen: bei einem Gericht eine Klage einreichen;
[ugs-salopp] Leine ziehen [meist im Imperativ]: weggehen.