Wortphonologie

Wortphonologie

Die Wortphonologie zielt primär auf die Feststellung des Kontrastpotenzials einer Sprache, ergänzt durch eine Beschreibung der sprachspezifischen phonetischen Realisierungsregeln. Der Begriff "Kontrastpotenzial" bezeichnet die Gesamtheit der Möglichkeiten durch lautliche Mittel Morpheme zu unterscheiden.

Das hier vorgestellte Projekt Wortphonologie geht von der Annahme der Optimalitätstheorie aus, dass sich das einzelsprachliche Kontrastpotenzial aus dem Spannungsfeld zwischen der Grammatikalität sämtlicher Lautstrukturen zwecks maximaler Kontrastfähigkeit einerseits und dem Streben nach möglichst unmarkierten phonologischen Strukturen zwecks Optimierung der phonologischen Wohlgeformtheit andererseits ergibt. Formal lässt sich dieser Konflikt durch unterschiedliche Ordnungen zwischen sogenannten Treuebeschränkungen und Markiertheitsbeschränkungen beschreiben.

Die Besonderheit in der methodischen Herangehensweise des Projekts Wortphonologie liegt darin, zunächst vorläufige Treuebeschränkungen aufgrund bestehender Kontrastmöglichkeiten anzunehmen und auf dieser Basis die Analyse der relevanten Neutralisierungserscheinungen vorzunehmen. Der Nachweis und die Identifizierung einzelner Kontrastmöglichkeiten erfolgt traditionell anhand von Minimalpaaren, die die Korrelation von bestimmten lautlichen Unterschieden und systematischen Bedeutungsunterschieden zeigen. Minimalpaare sind durch einen minimalen Lautunterschied gekennzeichnet, der mit einem Bedeutungsunterschied einhergeht. Solche Unterschiede sind hier zunächst für die Vokale des Deutschen veranschaulicht.

In der Optimalitätstheorie lassen Neutralisierungserscheinungen auf die Dominanz von Treuebeschränkungen durch Markiertheitsbeschränkungen schließen. Die Feststellung der relevanten Markiertheitsbeschränkungen gewährt Einsichten in die Beschaffenheit eines vorliegenden Kontrasts (z. B. Ist der Kontrast im Paar Schrot : Schrott ein Quantitäts- oder ein Qualitätskontrast?), die mögliche Zugehörigkeit diverser Kontrastpaare zu derselben Opposition (z. B. gehört der Kontrast in Paaren wie Saat : satt zur selben Opposition wie der Kontrast in Schrot : Schrott?), sowie die Besonderheiten der prosodischen Organisation von Phonemen. Eine wichtige Voraussage ist, dass die auf der Basis diverser Neutralisierungserscheinungen begründeten spezifischen Rückschlüsse auf die grammatische Repräsentation miteinander im Einklang stehen und durch eine einheitliche Abstraktionsebene gekennzeichnet sind.

Die auf diese Weise ermittelten Analyseergebnisse und phonologischen Repräsentationen lassen sich durch phonetische Studien überprüfen. Empirisch verifizierbare Aussagen betreffen

  1. phonetische Korrelate der festgestellten Oppositionen
  2. die phonetische Implementierung einzelner Phoneme in Abhängigkeit von deren prosodischer Organisation (d.h. Stärke- vs. Schwächeposition)
  3. die mögliche Existenz von Paradigmenuniformitätseffekten für phonemische Struktur bzw. die notwendige Nichtexistenz solcher Effekte für subphonemische Struktur