Wörterbuch zur Verbvalenz









schieben (Lesart 1)

Strukturbeispiel

jemand/etwas schiebt jemanden/etwas irgendwohin

Im Sinne von

jemand/etwas bewegt jemanden/etwas durch Drücken oder mit einer gleitenden Bewegung über eine Fläche irgendwohin

Satzbauplan

K sub , K akk , ( K adv )

Beispiele

(1)
Die Tante schiebt Marcel im Rollstuhl ins Wohnzimmer, bietet Kaffee an.(Braunschweiger Zeitung, 27.01.2009; Marcel erobert nach Unfall das Leben zurück)
(2)
Ein Fahrzeug schiebt die Wertstoffe auf ein Förderband. (nach Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1995)
(3)
Ungeheure Gletscher schieben ihre mächtigen Eismassen bis in die Brandung. (Seydlitz, S. 96)
(4)
Die Wellen haben das gekenterte Boot auf den Strand geschoben.
(5)
Wir mussten den Wagen schieben.

Belegungsregeln

K sub : NP im Nom/ProP im Nom/GWS

K akk : NP im Akk/ProP im Akk/GWS

K adv : Ort (direktivisch)

      AdvP/ auf +Akk/ in +Akk/ nach +Dat/+AdvP/... bis-Gruppe: Zielort

(6)
Der Schneepflug hat die Schneemassen beiseite geschoben und die Straße wieder befahrbar gemacht.
(7)
So erkundigt sich ein Essener Autofahrer, ob er sein Auto auf die Autobahn schieben dürfe. (nach Zeit, 25.01.1985, S. 14)
(8)
Er schob das Foto in seine Brieftasche.
(9)
Man schiebt den Hebel wieder nach oben. (Zeit, 10.10.86, S. 62)
(10)
„Kurt Nast ist der Nächste, Herr Doktor“, sagt die Fürsor­gerin und schiebt mich zur Tür. (Birkel, S. 9)
(11)
Er warf die Schalen auf den Boden, schob Wasserglas und Obstkorb bis an die Tischkante. (Förtsch, S. 393)
(12)
Das Rettungsbrett wird unter die verletzte Person geschoben, das Unfallopfer dann auf dem Brett fixiert. (Braunschweiger Zeitung, 23.01.2009; Ein Rettungsbrett)

      aus +Dat/ von +Dat: Ausgangsort

(13)
Die falsche Krankenschwester schob den Jungen unter einem Vorwand mitsamt seinem Bettchen aus dem Zimmer der Mutter und verschwand.(Mannheimer Morgen, 13.06.2003; Risse im Jangtse-Staudamm)
(14)
Er schob Lorena von sich. (Pegg, S. 55)

      ( in) Richtung: Richtung

(15)
Lässig behielt er den Überblick bei heranstürmenden Jungs, die geschickt den Ball in Richtung Tor schoben und dabei auch die Bande mit benutzten. (Mannheimer Morgen, 13.08.2007)

      über +Akk/ durch +Akk: Strecke

(16)
Ein alter Mann schiebt einen Einkaufswagen über die Straße.
(17)
Schimpfend schiebt sie ihren Kinderwagen durch das verschneite Hamburg. (nach Zeit, 08.11.1985, S. 59)

Passivkonstruktionen

Werden-, Sein-Passiv

werden:
(18)
Als der Morgen graute, wurden die Wolken vom Wind beiseite geschoben. (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1995)
sein:
(19)
Am Samstagabend hatte ein Halter sein Fahrzeug ordnungsgemäß an der Straße "Am Marktplatz" abgestellt - am nächsten Morgen war es stark verbeult, stand schräg auf dem Gehweg und war in einen Gartenzaun geschoben.(Braunschweiger Zeitung, 06.11.2006; Auto rammt Auto)

Bekommen-Passiv

(20)
Freilich, es hätte uns stutzig machen müssen, dass wir an der Kasse ein kleines verschlossenes Kuvert verschämt über die Theke geschoben bekamen. (Frankfurter Rundschau, 21.01.1999, S. 1)

Anmerkungen

Gelegentlich wird das K akk weggelassen, wenn aus dem Kontext klar zu entnehmen ist, was geschoben wird:  

(21)
Wer sein Rad liebt, der schiebt.
(22)
Wir mussten alle schieben, bis unser Auto ansprang.

Pertinenzdativ ist möglich:

(23)
Er schob ihr den zweiten Bissen in den Mund. (Weyden, S. 18)

Die Person, auf die mit dem K akk Bezug genommen wird, wird häufig nicht auf eigenen Füßen, sondern in oder auf einem Fahrzeug fortbewegt:  

(24)
Ich sitze im Schlitten, und du schiebst mich. (Strittmatter, S. 219);
auf das Fahrzeug kann mit einer statischen PräpP [ in +Dat/ auf +Dat] Bezug genommen werden:  
(25)
Der Patient wurde im Rollstuhl/auf einer Tragbahre in das Untersuchungszimmer geschoben.

Mit einer PräpP [ mit +Dat] kann auf das Instrument, mit dem jemand/etwas geschoben wird, Bezug genom­men werden:

(26)
Bernie stand auf, schob den Sessel mit dem Bein ein Stück nach hinten. (Pinkwart, S. 167)
(27)
Der Hausmeister schob den Schnee mit einer Schaufel an den Straßenrand.

schieben wird auch in idiomatischen Wendungen verwendet wie:
[ugs] jemanden aufs Abstellgleis schieben : jemandem seine Machtstellung, seinen Einfluss nehmen
etwas auf die lange Bank schieben : etwas aufschieben
[ugs] eine ruhige Kugel schieben : sich bei der Arbeit nicht sehr anstrengen
[ugs] Wache schieben : Wachdienst haben, Wache halten, Schmiere stehen