Wörterbuch zur Verbvalenz









ziehen II (Lesart 7)

Strukturbeispiel

jemand zieht etwas aus irgendwo

Im Sinne von

jemand holt etwas irgendwo heraus

Satzbauplan

K sub , K akk , ( K adv )

Beispiele

(1)
Jeder Spieler zieht eine beliebige Karte aus dem Stapel.
(2)
Plötzlich soll der 22-Jährige ein Messer gezogen und wahllos auf die Gegner eingestochen haben. (Hannoversche Allgemeine, 02.01.2010; Ungebetene Gäste)
(3)
Selbst bei verschneiten Autos wurde die Windschutzscheibe zaghaft vom Schnee befreit, um zu schauen, ob der Fahrer auch einen Parkschein gezogen hat. (Braunschweiger Zeitung, 06.01.2010; Bußgeld im Schneechaos)
(4)
Ich fürchte, ich muss den Zahn ziehen.

Belegungsregeln

K sub : NP im Nom/ProP im Nom/GWS

K akk : NP im Akk/ProP im Akk/GWS

K adv : Ort (direktivisch)

      aus +Dat: Ausgangsort

(5)
Plötzlich zog der Mann einen Revolver aus seiner Manteltasche und forderte den Kassierer zur Herausgabe des Geldes auf.
(6)
Aus den Stimmzetteln werden drei Gewinner gezogen, für die HAZ-Fotochef Michael Thomas attraktive Preise eingekauft hat. (Hannoversche Allgemeine, 28.01.2010; Die Aegi-Hochstraße im Abendlicht)

Passivkonstruktionen

Werden-, Sein-Passiv

werden:   
(7)
Wenn die Wunde gut heilt, können am Montag die Fäden gezogen werden.
sein: 
(8)
Als der Zahn gezogen war, hörten die Schmerzen endlich auf.  

Anmerkungen

Gelegentlich wird mit einer statischen PräpP [ an +Dat] indirekt auf den Ausgangsort [häufig Automat] Bezug genommen:  

(9)
Fahrscheine für den Nahverkehr können Sie am Automaten ziehen.    

Pertinenzdativ ist möglich:

(10)
Der Zahnarzt hat mir zwei Backenzähne auf einmal gezogen.

Mit einer NP im Dat bzw. PräpP [ für +Akk] kann auf die Person Bezug genommen werden, zu deren Gunsten die Handlung ausgeführt wird:

(11)
Ich gehe zum Automatem, soll ich auch für dich/dir Zigaretten ziehen?

ziehen II  wird auch in den Ausdrücken verwendet ein Los ziehen i.S.v. ‘ein einzelnes Los nach dem Zufallsprinzip aus einer größeren Menge von Losen entnehmen, um den betreffenden Gewinner o.Ä. zu ermitteln’; den Hauptgewinn ziehen i.S.v. ‘ein einzelnes Los nach dem Zufallsprinzip aus einer größeren Menge von Losen entnehmen, das zum Empfang des Hauptgewinns berechtigt'. [fachspr] eine Probe ziehen i.S.v. ‘eine Probe entnehmen’:

(12)
Von den angelieferten Mengen seien Proben gezogen und Analysen erstellt worden. (Mannheimer Morgen, 27.05.1987, S. 17)

ziehen wird auch in vielen idiomatischen Wendungen verwendet, wie z.B.
den Kürzeren ziehen i.S.v. 'weniger als die anderen bekommen', 'sich geschlagen geben';
gegen jemanden/etwas vom Leder ziehen i.S.v. 'jemanden/etwas heftig kritisieren';
[ugs] jemandem diesen/den Zahn ziehen i.S.v. 'jemandem die Illusion nehmen'.