Frage von L. (10 Jahre)
Liebe L.,
vielen Dank für deine Frage zur Grammatik des Deutschen! Wahrscheinlich bezieht sich deine Frage auf den Deutschunterricht in der Schule, wo du ab und zu grammatische Übungen machen musst, z. B. wie man einen Aktiv-Satz (wie Sie ruft mich.) in einen Passiv-Satz korrekt umwandelt. (Da hast du auf jeden Fall alles richtig gemacht!). In der Grammatik geht es aber nicht immer nur um die Bildung korrekter Formen, sondern auch um die Funktion und um den Anwendungsbereich grammatischer Strukturen.
Du meinst, Passiv-Sätze seien im Alltag eher ungebräuchlich? Zum Teil stimme ich dir zu, denn das Aktiv ist im Deutschen häufiger als das Passiv. Manche Verben sind gar ungeeignet, um das Passiv zu bilden:
Aber Sprache ist nicht nur für den Alltag da, bzw. der Alltag unterschiedlicher Leute gestaltet sich sehr unterschiedlich. Einige Leute müssen sich in ihrem beruflichen Alltag mit sehr komplexen Sachverhalten beschäftigen (z. B. Juristen, Forscher, Steuerberater, Verwaltungsangestellte usw.) und greifen entsprechend grammatische Strukturen auf, die andere in der Tat seltener benutzen. Das Passiv gehört auch dazu. Sprache begegnet uns überall und wenn du aufmerksam liest, wirst du merken, dass bestimmte Textsorten ohne Passiv gar nicht auskommen: Zum Beispiel nutzen üblicherweise öffentliche Einrichtungen (wie Schulen, Bibliotheken oder Schwimmbäder) die Unpersönlichkeit des Passivs bei solchen Formulierungen wie:
Passiv-Sätze findest du auch in Lexikonartikeln; sie sind für Definitionen besonders geeignet:
Auch du oder deine Freunde verwenden Passiv-Sätze ganz sicher manchmal. Wenn ihr, zum Beispiel, gar nicht wisst oder es ganz egal ist, wer etwas getan hat; mit anderen Worten: Wenn das Subjekt weniger wichtig ist als das Objekt.
Noch mehr über das ungleiche Paar Aktiv und Passiv kannst du hier nachlesen.