Verfaulbar, unkaputtbar? – Bildung von Adjektiven mit -bar

Wenn wir ausdrücken wollen, dass es möglich ist, etwas Bestimmtes zu tun, zum Beispiel wider Erwarten Blattgold zu essen, dann können wir Adjektive bilden wie essbar:

Blattgold ist essbar. Man bekommt es in Handwerkermärkten und bei Goldschmieden.
[Die Zeit, 12.08.2004]

-bar mit Verb (essbar)

Solche Adjektive setzen wir zusammen aus dem Suffix-bar und dem Stamm eines Verbs wie essen. Mit -bar sind grundsätzlich alle Verbtypen kombinierbar, das heißt, außer Simplizia (essen) zum Beispiel auch Präfixverben (versenken), Suffixverben (analysieren) oder Präverbfügungen (annehmen). Üblich sind Kombinationen mit transitiven, passivfähigen Verben (essen, entwirren, verstehen, brauchen), mitunter auch mit intransitiven Verben (sinken, gerinnen, brennen):

das Chaos ist immer entwirrbar, verstehbar
[Die Zeit, 21.02.2002]
brauchbare Erkenntnisse
[Die Zeit, 12.02.2004]
Frachtschiffe mit einfachem, leicht sinkbarem Rumpf
[St.Galler Tagblatt, 03.11.2000]
Krankheiten, die das Blut leichter gerinnbar machen
[Taz, 16.03.2002]
brennbare, explosive und giftige Stoffe
[Taz, 13.11.1986]

Die Vitalität des Musters belegen vor allem die zahlreichen Gelegenheitsbildungen:

eine nicht mehr verarztbare Wunde
[Die Presse, 15.11.1994]
elektrisch verdunkelbare Fenster
[Frankfurter Allgemeine, 1993]
verfaulbare Ökoäpfel
[Berliner Zeitung, 15.02.2003]
das nicht amnestierbare Delikt der Entführung
[Salzburger Nachrichten, 25.08.1999]
alte wertvolle, auktionierbare Bilder
[Taz, 19.02.2002]

-bar mit Nomen (fruchtbar)

Heute nicht mehr vital ist die Zusammensetzung des Suffixes -bar mit Nomina; es haben sich wenige etablierte Adjektive erhalten: fruchtbar, furchtbar, schandbar. Ausgesagt wird, dass etwas besonders reichlich vorhanden ist: Ein fruchtbarer Acker trägt besonders viele Früchte. Hier scheint noch der sprachgeschichtliche Ursprung des Suffixes durch: das althochdeutsche Verb beran 'tragen'.

-bar mit Adjektiv (unkaputtbar)

Noch nie vital war die Zusammensetzung von -bar mit Adjektiven. Etablierte Bildungen wie offenbar sind absolute Ausnahmen. Daher ist die in der Werbung in den 90er Jahren kreiierte unkaputtbare Cola-Flasche sofort aufgefallen - so wie es die kreativen Werber natürlich wollten.

1991 noch als Unwort des Jahres vorgeschlagen, ist unkaputtbar inzwischen aber offenbar als besonders griffiger Begriff akzeptiert:

Unkaputtbare Beschichtung - Extra harte Oberfläche schützt DVDs und CDs vor Kratzern.
[http://www.wissenschaft.de/wissen/news/246301.html]
ein vermeintlich unkaputtbarer Top-Agent wie James Bond
[Berliner Morgenpost, 25.11.1999]
Das Geheimnis von Techno ist unkaputtbar.
[Taz, 16.04.2004]
Unkaputtbare Dinosaurier - Die Rolling Stones gaben ihr letztes Deutschlandkonzert ihrer Tour. .
[Die Zeit 08.08.2006]

Auffällig an der werbenden Kreation unkaputtbar ist ferner, dass es direkt mit dem Negationspräfixun- gebildet worden ist. Erst später hat sich auch die Positivform kaputtbar etabliert:

Ein ausgefallener Fahrstuhl ist jedenfalls nicht behindertengerechter als eine nicht kaputtbare Rampe.
[http://forum.bahninfo.de/read.php?9,109225,109231, 12.01.2007]
Die Havok-Engine bürgt für physikalisch korrekt kaputtbare Spielweltobjekte.
[www.boardy.de/showthread.php3?threadid=34377629, 12.01.2007]
Die sind heute leider nicht mehr Standard bei Nikon, auch dort ist man auf leicht kaputtbare Sonnenblenden aus Kunststoff übergegangen.
[www.ciao.de/Nikon, 12.01.2007]

Mitunter werden nach dem etablierten unkaputtbar weitere -bar-Adjektive aus Adjektiven abgeleitet:

Die Städte sind unbankrottbar, das zahlt dann der Bürger.
[Taz, 12.08.2003]

Weiterführende Literatur

Siebert 1999, Lenz 1998

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Autor(en)
Elke Donalies
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