Er behauptet, dass er die Lösung gefunden hat oder habe oder hätte? — mit dass eingeleitete indirekte Rede (Teil 2)

Ich habe gesagt, dass wir jetzt das Hotel verlassen müssen, wenn wir nicht hetzen wollen, und da hast du gesagt, dass du fertig wärst, und da habe ich gefragt, warum wir nicht gehen, und dann hast du gesagt, dass du nur wartest, bis ich aufstehe, und da habe ich gesagt, dass ich so lange sitzen bleibe, bis du fertig bist.
[Loriot, Aufbruch, in Loriots Klassiker]

Wie würden Sie sagen? Wie sollte man sagen? Sind Sie an einer schnellen Antwort interessiert? Suchen Sie eine praktische Empfehlung für Ihren eigenen Sprachgebrauch? Dann können Sie gleich zum Abschnitt Damit liegen Sie nicht falsch übergehen. Möchten Sie darüber hinaus erfahren, was davon zu halten ist, dass Sprecher und Schreiber mal die eine, mal die andere Ausdrucksform wählen? Dann sollten Sie etwas Zeit einplanen, denn das ist nicht in wenigen Worten aufzuklären.

Auf Redewiedergabe oder indirekte Rede trifft man überwiegend in Erzählungen und Berichten, in denen frühere Gesprächsbeiträge von Dritten aufgegriffen werden, die sich entweder über sich selbst oder über Vierte geäußert hatten. Fälle, in denen die Person, die jetzt das Gesagte wiedergibt, oder deren aktualer Gesprächspartner Gegenstand der Originaläußerung war, sind weitaus seltener, weshalb auf solche Fälle häufig gar nicht eigens eingegangen wird, eine Nachlässigkeit, die man Grammatikern nicht nachsehen sollte, denn – anders als bei manchen Sprachkritikern zu hören und zu lesen – ist im Deutschen durchaus nicht formal, d.h. rein grammatisch geregelt, welche Form das finite Verb bei indirekter Redewiedergabe im dass-Satz anzunehmen hat. Stattdessen sind eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen, wenn man nachvollziehen will, was den Sprachgebrauch bestimmt. Vier wichtige Gesichtspunkte werden hier genauer betrachtet:

Originaläußerung und Wiedergabe

Wer sich zu etwas äußert, bringt nicht einfach eine grammatisch mehr oder weniger wohlgeformte Kette von Wörtern hervor, sondern er vollzieht damit – etwas technisch ausgedrückt – eine sprachliche Handlung. Welcher Art Handlung dies ist, muss man dabei nicht ausdrücklich klarstellen und wird das in aller Regel auch nicht tun. Wer Gesagtes wiedergeben will, kann und muss jedoch eben dies tun, sich mithin auf eine Beschreibung der Handlung festlegen – etwa so:

  • Er gab bekannt ...
  • Sie erklärte ...
  • Du hast unterstellt ...
  • Ihr hattet behauptet ...

Wählt man die Form der direkten Wiedergabe, kann und sollte man den Wortlaut unverändert reproduzieren. Bei indirekter Wiedergabe, sei es mittels eines dass-Satzes (z. B. Er sagte, dass er keine Zeit hat.) oder eines sog. Verbzweitsatzes (z. B. Er sagte, er keine Zeit habe.) kommt man um einen Eingriff in den Wortlaut nicht herum: Beim dass-Satz müssen Wortstellung und, sofern nicht bereits von einer dritten Person die Rede war, die Personalform des Verbs sowie das Pronomen angepasst werden – etwa ich bin zu er ist. Abgeändert werden kann auch der sog. Verbmodus. Meist liegt in der Originaläußerung eine Indikativ-Form vor (z. B. ist, kommst). Bei der Wiedergabe kann dann entweder diese Form beibehalten werden oder zu einer dieser Formen übergegangen werden:

  1. Konjunktiv Präsens (auch: Konjunktiv 1)
    ... , dass er krank sei
    ... , dass du kommest
  2. Konjunktiv Präteritum (auch: Konjunktiv 2)
    ... , dass er krank wäre
    ... , dass du kämest

Die Änderung ist jedoch nicht zwingend erforderlich, da die Wiedergabe bereits durch das voran gehende Sprechaktverb (etwa sagt, erläutert, bekundet) hinreichend als solche kenntlich gemacht wird.

Beim Verbzweitsatz bleibt die Wortstellung erhalten, doch manchmal muss neben der Personalform des Verbs auch der Verbmodus geändert werden. Was im Original im Indikativ gehalten war, ist dann in eine Konjunktivform zu überführen, um zu vermeiden, dass die mündliche Wiedergabe als wörtlich aufgefasst werden kann, was durchaus ernsthafte Folgen haben kann, wenn man Äußerungen wie diese nicht schriftlich, sondern nur gesprochen zur Kenntnis nimmt:

Er behauptete, ich kann das nicht.
Er behauptete: "Ich kann das nicht."

Ob und, wenn ja, in wie weit sich bereits eine Änderung des Modus auf die wiedergegebene Information auswirkt, ist nicht immer leicht festzustellen. Viel hängt hier vom Kontext der Äußerung und von den Sprachgewohnheiten der jeweiligen Sprecher oder Schreiber ab. Als gravierend erweist sich in jedem Fall die zweite Veränderung, die bei einer Wiedergabe erforderlich wird: Als Wiedergebender hat man anzugeben, welchen Sprechakt der ursprüngliche Sprecher ausgeführt hat, und dies kann man, wie die folgenden Beispiele zeigen, auf recht verschiedene Weisen tun, die unvermeidlich damit zu tun haben, wie man selbst die Handlung einschätzt, von der man berichtet:

Originaläußerung:

Durch Deutschland muß ein Ruck gehen.
[Bundespräsident Roman Herzog, 26. April 1997, Hotel Adlon, Berlin]

Einige Wiedergaben:

Einer unserer verflossenen Bundespräsidenten hat schon vor Jahren gefordert, daß ein Ruck durch unser Volk gehen muß und alles würde besser werden.
[Herbert Müller, Es war Krieg und alle gingen sie hin , Books on Demand, 2005, S. 401 ]
Im Grunde gab der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog dem Bürgerkonvent die Marschrichtung vor, als er seinerzeit meinte, durch Deutschland müsse »ein Ruck« gehen.
[http://www.single-generation.de/kritik/rez_neue_buergerbewegungen.htm am 7. 5. 2009]
Dabei hat der gute Mann ansonsten überhaupt keine Probleme, Erwachsenen zu erklären, dass "ein Ruck durch die Gesellschaft gehen muss!" und u. a. an der Versorgung von Kranken gespart werden muss, weil sich der Standort Deutschland deren "Überversorgung nicht weiter leisten" will.
[http://home.link-m.de/lora/gegenstp/g011022.htm am 7. 5. 2009]
Als Bundespräsident sagte er in seiner Berliner Rede, durch Deutschland müsse ein Ruck gehen.
[http://wapedia.mobi/de/Roman_Herzog?t=5. am 7. 5. 2009]
Große Beachtung fand seine am 26. April 1997 in Berlin gehaltene Ruck-Rede, in der er dafür eintrat, dass ein Ruck durch Deutschland gehen müsse, um die „verkrusteten Strukturen“ zu überwinden.
[http://de.wikipedia.org/wiki/Roman_Herzog am 7. 5. 2009]
Bekannt ist seine Berliner Rede als damaliger Bundespräsident, in der anmahnte, durch Deutschland müsse ein Ruck gehen, damit endlich dringende Probleme gelöst werden können, welche stets nur auf die lange Bank geschoben wurden.
[http://www.andreas-kraneis.de/index2.html am 7. 5. 2009]
"Die Fähigkeit zur Innovation entscheidet über unser Schicksal", hat Altbundespräsident Roman Herzog in seiner berühmten "Adlon-Rede" gesagt und gefordert, durch Deutschland müsse ein Ruck gehen, um sich aus Lethargie und gesellschaftlicher Erstarrung zu lösen.
[http://www.bpb.de/publikationen/IE5TXK,3,0,Mehr_Qualit%E4t_und_Leistung_durch_Wettbewerb_und_Eigenverantwortung.html, am 7.5. 2009]
Der Ex-Bundespräsident Roman Herzog hat einmal gesagt, dass ein "Ruck" durch Deutschland gehen müsste.
[srv.forum.focus.de am 7. 5. 2009]

Die Wahl eines sprechaktbezeichnenden Verbs, das man als Wiedergebender für angemessen hält, wird nicht von grammatischen Faktoren bestimmt, doch scheint sie sich ihrerseits auf den Modus des Verbs im davon abhängigen dass-Satz auszuwirken, wie Recherchen in den umfangreichen Textkorpora des Instituts für Deutsche Sprache (Mannheim) ergaben. Hier – in Prozenten angegeben – exemplarisch einige Ergebnisse – zunächst ausschließlich zu Sprechaktverben in der 3. Person Indikativ Präteritum:

Sprechaktverben und Verbmodus im dass-Satz

VerbIndikativKonj. Prät.Konj. Präs.
andeutete30,626,5162,87
anmerkte8,578,3183,12
antwortete11,797,1881,03
äußerte18,214,0977,7
bedauerte18,641,9179,45
behauptete4,2813,7182,01
beklagte7,813,8288,37
bemängelte9,733,9986,28
bestätigte24,262,0873,66
bestritt5,434,2390,34
beteuerte5,025,4089,58
betonte8,123,7188,17
bezweifelte24,797,1468,07
darlegte20,008,0072,00
erklärte8,566,0285,42
erläuterte13,714,3581,94
erwiderte8,429,4782,11
erzählte14,509,7075,80
forderte15,5513,9670,49
fragte ob6,2222,6671,12
fragte warum21,379,5469,09
fragte wo17,3610,1872,46
fragte wer14,0411,2474,72
fragte wie15,7017,4166,89
führt an/aus8,093,8888,03
gab zu bedenken8,224,4587,33
kritisierte11,252,4186,34
kündigte an18,282,4579,27
sagte7,926,3585,73
schrieb16,536,3577,12
unterstellte8,338,3383,34
verkündete18,072,8079,13
verlautete14,412,9682,63
versprach18,699,7371,55
warnte10,385,4684,16

Sortiert nach Häufigkeiten von :

Indikativ:Konjunktiv II:Konjunktiv I:
nach Indikativnach Konjunktiv IInach Konjunktiv I

Aus praktischen Gründen konnten dabei bei Weitem nicht alle im dass-Satz in Frage kommenden Verben, ja nicht einmal alle verfügbaren Sprechaktverben berücksichtigt werden, doch die getroffene Auswahl sollte dennoch einen interessanten Eindruck vermitteln, der, alles in allem, recht treffend sein dürfte. Gesucht wurde – bis auf drei sachlich begründete Ausnahmen – nach dem Auftreten der Formen ist, sei, wäre, hat, habe und hätte in dass-Sätzen, die im Anschluss an die im Folgenden aufgeführten Sprechaktverben zur Redewiedergabe gebraucht wurden. Die Ausnahmen:

  • Da auf fragte kein dass-Satz folgen kann, wurde hier anstelle von dass nach ob, warum, wo, wer, wie gesucht.
  • Im Fall von versprach und kündigte an wurde statt nach den Formen von sein und haben nach wird, werde und würde gesucht, um der Orientierung auf Künftiges Rechnung zu tragen.
  • Bei forderte wurde neben ist/sei/wäre ... zu und hat/habe/hätte ... zu auch noch soll, solle, sollte sowie muss, müsse und müsste gesucht.

Dreierlei sprach für diese Einschränkung:

  • Da die Konjunktivformen dieser Verben sehr häufig gebraucht werden, ist nicht zu befürchten, dass sie allein schon deshalb gemieden werden, weil man sie für ungewöhnlich hält.
  • Allein die Suche nach diesen Verbformen ergab auch in Verbindung mit weniger gängigen Sprechaktverben hinreichend brauchbare Ergebnisse, d.h. Ergebnisse, die als mehr als nur rein zufällig gelten können.
  • Neben den Singularformen (ist, sei, wäre, hat, habe, hätte) auch noch die Pluralformen (sind, seien, wären, haben, hätten) heranzuziehen, hätte nicht allein keine besseren Ergebnissen erbracht, sondern aufgrund der Formengleichheit von Indikativ und Konjunktiv Präsens bei haben zu einer Verzerrung geführt, die allenfalls durch eine sehr aufwändige Einzelauswertung umfangreicher Kontexte der Fundstellen hätte vermieden werden können.

Dass in Verbindung mit verschiedene Sprechaktverben unterschiedlich oft zu Indikativ, Konjunktiv Präsens und Konjunktiv Präteritum gegriffen wird, ist unverkennbar, doch nicht so ausgeprägt, dass offensichtlich würde, was die Wahl des jeweiligen Verbmodus bestimmt. Es könnte an der Bedeutung des jeweiligen Sprechaktverbs liegen oder auch ganz einfach daran, wie gebräuchlich dieses ist. Man könnte vermuten, dass der Konjunktiv Präsens besonders selten nach Sprechaktverben auftritt, die selbst eher selten verwendet werden, oder aber auch gerade deshalb besonders häufig, weil solche Verben vorzugsweise von Sprechern und Schreibern verwendet werden, die Wert auf eine gewählte Ausdrucksweise legen. Ein einfacher Abgleich der Häufigkeiten zeigt jedoch, dass beides wenig miteinander zu tun haben dürfte:

RangVerballg. Frequenz
1unterstellte181
2darlegte414
3erwiderte435
4fragte wer753
5fragte wo816
6antwortete926
7beteuerte936
8bezweifelte1280
9verlautete1410
10anmerkte1658
11erläuterte1702
12fragte warum1799
13führt an/aus1825
14behauptete1858
15verkündete1960
16gab zu bedenken1978
17bemängelte2044
18versprach2098
19schrieb2256
20bestritt2321
21fragte wie2469
22warnte2879
23beklagte3286
24andeutete3553
25erzählte3838
26forderte4108
27bedauerte4692
28äußerte5846
29fragte ob7177
30kritisierte9866
31kündigte an11141
32bestätigte16681
33erklärte22026
34betonte27293
35sagte35671
RangVerbKonj. Präs. im dass-Satz
1andeutete62,87
2fragte wie66,89
3bezweifelte68,07
4fragte warum69,09
5forderte70,49
6fragte ob71,12
7versprach71,55
8darlegte72
9fragte wo72,46
10bestätigte73,66
11fragte wer74,72
12erzählte75,8
13schrieb77,12
14äußerte77,7
15verkündete79,13
16kündigte an79,27
17bedauerte79,45
18antwortete81,03
19erläuterte81,94
20behauptete82,01
21erwiderte82,11
22verlautete82,63
23anmerkte83,12
24unterstellte83,34
25warnte84,16
26erklärte85,42
27sagte85,73
28bemängelte86,28
29kritisierte86,34
30gab zu bedenken87,33
31führt an/aus88,03
32betonte88,17
33beklagte88,37
34beteuerte89,58
35bestritt90,34

Lediglich bei verkündete entspricht der Rang der Verwendungshäufigkeit bei nachfolgendem dass-Satz genau dem Rang der Verwendung des Konjunktiv Präsens – und auch das wohl nur eher zufällig. Die unterschiedliche Häufigkeit ist bestenfalls ein Indiz für möglicherweise bemerkenswerte Unterschiede. Um eine Erklärung für die Varianz bei der Verwendung von Indikativ- und Konjunktivformen zu finden, muss man vor allem in Rechnung stellen, welche Gesichtspunkte bei der Wahl der Bezeichnung für einen Sprechakt zum Tragen kommen. Nur eher selten nehmen einem die Sprecher der wiederzugebenden Äußerung selbst die Aufgabe ab, die Art des Sprechakts zu bestimmen, den sie auszuführen gedenken:

Ich bezweifle, dass der Vorsitzende sich der Folgen seines Tuns voll bewusst ist.
Ich behaupte, dass die Opposition ganz genau weiß, was da gespielt werden sollte.

Weit häufiger sind Äußerungen der Art:

Ist sich der Vorsitzende der Folgen seines Tuns auch voll bewusst?
Die Opposition weiß ganz genau, was da gespielt werden sollte.

Ohne Kenntnis der genaueren Umstände und längerfristiger Gesprächshintergründe wird man hier als neutraler Wiedergebender sinnvollerweise eine ebenso neutrale Beschreibung der Sprechakte wählen:

Er fragte, ...
Er sagte, dass ...

Durch die Wahl einer weniger neutralen Beschreibung des Sprechakts lässt sich andeuten, wie man zur Glaubwürdigkeit und Angemessenheit des Gesagten steht. Die Bezeichnung eines wiedergegebenen Sprechakts erlaubt dann Rückschlüsse darauf, wie man einschätzt, was man wiedergibt. Bei der Wiedergabe hat man sich weiterhin zu entscheiden, welchen Modus man für das Verb im dass-Satz wählen will, und auch diese Entscheidung nimmt einem keine Grammatik ab, denn prinzipiell sind alle drei Modi möglich:

Er fragte, ob der Vorsitzende sich der Folgen seines Tuns auch voll bewusst ist / sei / wäre.
Er sagte, dass die Opposition ganz genau weiß / wisse / wüsste, was da gespielt werden sollte.

Ohne weitergehende Kenntnisse und Absichten empfiehlt es sich hier, die Standardform zu wählen, und das ist, wie die Recherchen ergaben, in Verbindung mit der 3. Person Präteritum eindeutig die Konjunktiv-Präsens-Form. Für die 1. und 2. Person sowie für andere Zeitformen gilt dies, wie unten ausgeführt, nur eingeschränkt. Mit der Wahl der Konjunktiv-Präsens-Form wird dabei, eben weil sie dem Standard genügt, keineswegs eine Distanzierung vom Inhalt des Wiedergegebenen zum Ausdruck gebracht. Man äußert sich einfach neutral und unauffällig. Schließlich hat man in keiner Weise zu verantworten, ob sachlich zutrifft, was man wiedergibt.

Neutralität wird freilich nicht immer und überall als angemessen empfunden: Wo betonte Distanzierung oder auch Zustimmung erwartet wird, kann sonst Unauffälliges auffällig wirken, ganz so, wie Höflichkeit kalt und abweisend wirken kann, wo Herzlichkeit zu erwarten war. Das wird besonders deutlich, wenn in der Originaläußerung vom Adressaten der Wiedergabe die Rede war: In den gesamten Korpora des Instituts für Deutsche Sprache findet sich in dass-Sätzen nach sagte kein einziger Beleg für eine Konjunktiv-Präsens-Form in 2. Person. Tatsächlich fanden sich bei einer Suche am 18. 5. 2009 überhaupt nur vier Belege für eine indirekte Redewiedergabe, die den aktualen Gesprächspartner zum Gegenstand hatte. In allen anderen der insgesamt spärlichen Fällen wurde die Form der direkten Wiedergabe gewählt.

Der Einschätzung der Konjunktiv-Präsens-Form als Standardform, zumindest für schriftliche Äußerungen, entspricht, dass die Indikativ-Form und in höherem Maß die insgesamt noch seltenere Konjunktiv-Präteritum-Form bei Wiedergabe einer indikativischen Originaläußerung als markiert, als auffällig zu gelten haben. Das gilt vor allem dann, wenn eine ihrerseits markierte, weil wenig gebräuchliche Sprechaktbezeichnung – etwa legte dar, gab zu bedenken – gewählt wurde, denn hier dürfte in der Regel davon auszugehen sein, dass die Wahl mit Bedacht getroffen wurde, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen:

  • mittels Indikativ die Glaubwürdigkeit der Originaläußerung und damit auch der jeweiligen Quelle als außer Frage stehend darzustellen
  • mittels Konjunktiv Präteritum ausdrücklich klarzustellen, dass man keinerlei Verantwortung für die Richtigkeit des Wiedergegebenen zu übernehmen gedenkt

Einige Beispiele, bei denen man entsprechende Formulierungsabsichten vermuten möchte, freilich ohne diese letztlich zweifelsfrei nachweisen zu können:

Eine wissenschaftliche Untersuchung legte letzte Woche dar, dass ein Drittel der SVP-Wählerschaft "eine deutliche Nähe zum Antisemitismus" hat.
[Die Presse, 23.03.2000, Blochers radikaler Politik-Stil stellt SVP vor Zerreißprobe]
Darauf berief sich der Vermieter. Er legte dar, dass er die lange Postlaufzeit bis zum 5. Januar nicht zu vertreten hätte, und verklagte zunächst eine Mieterin.
[Berliner Zeitung, 07.10.2006, S. 1]
Schalom räumte indes ein, dass die Autonomiebehörde stärker gegen die antiisraelische Hetze vorginge.
[die tageszeitung, 16.07.2003, S. 10]
Der Staatssekretär gab aber auch zu, daß nicht genügend Polizeikräfte zur Verfügung gestanden hätten, um ein solches Verbot durchzusetzen.
[Frankfurter Allgemeine, 1993]
Allerdings machte die Richterin während der Verhandlung eine kleine Einschränkung: Sie beanstandete, daß die Stellen-Ausschreibung nur an Frauen gerichtet war. Darin sieht sie einen Verstoß gegen den Paragraph 611b des Bundesgesetzbuches (BGB), demzufolge Stellen nur geschlechtsneutral ausgeschrieben werden sollen.
[die tageszeitung, 17.09.1987, S. 1-2]

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Zeitform des sprechaktbezeichnenden Verbs

Während die Konjunktiv-Präsens-Form nach einem Sprechaktverb in 3. Person Präteritum trotz merklicher Häufigkeitsschwankungen als Standardform gelten kann, ergibt sich nach Sprechaktverben im Präsens (z. B. du sagst, sie erklärt) und Präsensperfekt (z.B. er hat behauptet, du hast unterstellt) bei exemplarischen Recherchen in den Textkorpora des Instituts für Deutsche Sprache ein anderes Bild:

Sprechaktverb im Präsens
Verb Indikativ Konjunktiv 1 Konjunktiv 2
bedauert 63,436,370,23
bemängelt 35,6463,271,09
bestätigt 59,7439,480,78
erklärt 34,2363,851,92
fragt 52,2543,734,02
sagt 47,550,991,51
unterstellt 37,553,139,37
verspricht 69,3529,571,08
Angaben in Prozent

Gesucht wurde wieder nach den Formen ist, sei, wäre, hat, habe, hätte bzw. – nach versprichtwird und werde.

Eine erweiterte Suche, speziell zu Verbformen nach sagt, ergab für die Formen von gehen, kommen, machen, erwarten, tragen, können und müssen ein Verhältnis von 71% Indikativ zu 29% Konjunktiv Präsens. Auf eine Suche nach Formen der 1. und der 2. Person wurde dabei verzichtet, nachdem sich gezeigt hatte, dass die Zahl eindeutiger Treffer zu gering blieb, um daraus signifikante Schlüsse zu ziehen. Die Konjunktiv-Präsens-Form kann hier offenkundig nicht als die Standardform gelten, doch woran dies liegen könnte, erschließt sich über die Feststellungen zur Frequenz nicht. Auffällig sind jedoch die großen Unterschiede in der Moduswahl nach verschiedenen Sprechaktverben:

Bemerkenswert ist auch, dass die "Rangliste" der Modusverwendungen, wenn auch nicht ganz, so doch tendenziell derjenigen bei Sprechaktverben im Präteritum entspricht:

Präsenserklärt > bemängelt > unterstellt > sagt > fragt > bestätigt > verspricht
Präteritumbemängelte > erklärte > unterstellte > sagte > bedauerte > bestätigte > versprach > fragte

Dies spricht dafür, dass mit der Wahl der Sprechaktbezeichnung eine gewisse Präferenz für die Wahl des Verbmodus im folgenden dass-Satz verbunden ist, die sich in der Praxis weiter stabilisieren kann, weil man, je nach Sprechaktverb, häufiger auf Indikativ- oder Konjunktiv-Präsens-Formen trifft. In keinem Fall geht die Präferenz jedoch so weit, dass sie eine formale Regel begründen könnte, die besagt, dass auf dieses Sprechaktverb bei indirekter Redewiedergabe mittels dass-Satz genau dieser Verbmodus zu folgen hätte. Es bleibt dabei, dass Sprecher und Schreiber im Deutschen bei der Wahl des Verbmodus soweit ungebunden sind. Immer bleibt Raum, mit Blick auf die jeweils gegebenen Umstände und Gesprächshintergründe die eine oder andere Wahl zu treffen, soweit man nicht durch die wiederzugebende Originaläußerung zwingend auf eine Konjunktiv-Präteritum-Form (z.B. ginge, käme, trüge) oder eine Ersatzform aus würde + Infinitiv (z.B. würde kommen, würde bedauern) festgelegt ist.

Noch eine kurze Bemerkung zu Präteritum (auch: Imperfekt) vs. Präsensperfekt. Dass nach Sprechaktverben, die selbst im Präteritum gehalten sind, Konjunktiv-Präsens-Formen als Standard gelten können, wurde bereits festgestellt. Wer erwartet, dass dies in gleicher Weise für die oft alternativ dazu gebrauchten Präsensperfekt-Formen gilt, wird sich jedoch enttäuscht sehen. Eine vergleichende exemplarische Recherche zu den Sprechaktverben sagen, erklären, behaupten, erläutern, betonen, beklagen, erwidern unmittelbar vor dass und nachfolgendem habe/hätte/sei/wäre bzw. hat/ist ergab:

Präteritum7052 Konjunktive (1 + 2)567 Indikative
Präsensperfekt1789 Konjunktive (1 + 2)3237 Indikative

Zu erklären ist dieser, in der Sache nicht so leicht nachvollziehbare Unterschied möglicherweise allein damit, dass, wer Präsens-Perfekt-Formen bevorzugt, auch eher zu Indikativ-Formen greift, sofern er nicht ausdrücklich klarstellen will, dass er für die sachliche Richtigkeit des Wiedergegebenen keine Verantwortung übernimmt. Konjunktiv-Präsens-Formen und, in noch stärkerem Maße, Konjunktiv-Präteritum-Formen dienen dabei dann zur Distanzierung.

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Personalform des sprechaktbezeichnenden Verbs

Ein wesentlicher Aspekt indirekter Redewiedergabe, der hier so weit noch nicht eigens berücksichtigt wurde, ist fraglos, welche Beziehung zwischen dem Sprecher/Schreiber der Originaläußerung und dem Wiedergebenden besteht. Ohne auf die je besonderen Gegebenheiten einzugehen, können hier genau jene Fälle auseinander gehalten werden, die auch grammatisch durch die Wahl verschiedener Personalformen zu unterscheiden sind:

  1. Der Sprecher/Schreiber gibt wieder, was er selbst gesagt hat: Ich sag(t)e, dass ...
  2. Der Sprecher/Schreiber gibt wieder, was sein aktualer Gesprächspartner gesagt hat: Du sag(te)st/Sie sag(t)en, dass ...
  3. Der Sprecher/Schreiber gibt wieder, was eine dritte Person gesagt hat: Er/sie sagt(e), dass

Da hier die Personalformen im Blickpunkt stehen, wurde darauf verzichtet, auch die übrigen Zeitformen (Futur, Futurperfekt, Präsens-Perfekt, Präteritum-Perfekt) zu berücksichtigen.

In den Texten, die für maschinelle Recherchen verfügbar sind, trifft man überwiegend auf Fall (c). Die entsprechende Personalform – grammatisch als 3. Person bezeichnet – ist so präsent, dass die anderen Fälle oft gar nicht eigens beachtet werden. Bei sorgfältigerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass, was für Fall (c) gelten mag, auf die Fälle (a) und (b) nicht einmal annäherungsweise zutrifft.

1. Person Präsens

Zur 1. Person Präsens ist festzustellen, dass hier aus sachlichen Gründen eine Redewiedergabe nur dann vorliegen kann, wenn jemand, wie in den folgenden Beispielen, vergegenwärtigend von seinem, durchaus vergangenen Tun berichtet:

Josh atmet hörbar Zusammenbruch, als ich ihm erkläre, daß auch ein Rolf Braun mit den Jahren älter wird.
[Rhein-Zeitung, 06.04.1999, De Rolf wird heut erst 70]
Als ob dich das interessiert, denke ich und sage, dass ich gleich verabredet sei.
[Berliner Zeitung, 20.08.2005, S. 3 ]

Es fällt auf, dass hier sowohl Indikativ- als auch Konjunktivformen vorkommen können, doch in Anbetracht der Tatsache, dass sich in den riesigen Textkorpora des Instituts für Deutsche Sprache für diese Form der Redewiedergabe insgesamt nur sehr wenige Belege finden, verbietet es sich, daraus Schlüsse zu ziehen.

Bei den meisten Sätzen, in denen auf ein Sprechaktverb in der 1. Person Präsens ein dass-Satz folgt, liegt keine Redewiedergabe vor, sondern die ausdrückliche Angabe des Sprechakts, den der Sprecher hiermit zu vollziehen sucht. Hier einige typische Beispiele:

Ich sage noch einmal, daß sich diese Broschüre auf die rechtliche Situation der Jugendlichen bezieht.
[die tageszeitung, 03.09.1987, S. 5]
Ich bezweifle, dass der getrennte Hausmüll tatsächlich in der Recyclinganlage landet
[Berliner Morgenpost, 08.10.1999, S. 39]
Ich unterstelle der Agentur, dass sie dies weiß und bedauere zugleich, dass sie trotzdem auf das Briefing reingefallen ist.
[Rhein-Zeitung, 20.07.2006, Auf Briefing reingefallen]

Die Verwendung einer Konjunktiv-Präsens-Form wäre hier ausgesprochen irritierend und mithin als Fehler zu werten. Konjunktiv-Präteritum-Formen hingegen sind möglich und immer dann angebracht, wenn der entsprechende Satz ohne Angabe des Sprechakts ebenfalls diese Form aufweisen müsste.

1. Person Präteritum

Liegt das Sprechaktverb, das die Redewiedergabe einleitet, in der 1. Person Präteritum vor, folgen darauf im anschließenden dass-Satz, wie unsere exemplarischen Recherchen zeigten, Indikativ-Formen und Konjunktiv-Präsens-Formen mit etwa gleicher Häufigkeit. Konjunktiv-Präteritum-Formen machen etwa 8,4 % aller Formen aus.

Einige exemplarische Suchergebnisse:

VerbformIndikativVerbformKonjunktiv 1VerbformKonjunktiv 2
bin/ist104sei123wäre6
will22wolle22wollte19
kann24könne32könnte4
soll8solle6sollte
darf7dürfe3dürfte
komme/kommt8komme5käme4
gehe/geht14gehe2ginge2
nehme/nimmt3nehme1nähme1
gebe/gibt16gebe4gäbe1
Summe204Summe198Summe37

Gesucht wurde nach

Indikativ-Formen, Konjunktiv-Präsens-Formen und Konjunktiv-Präteritum-Formen, die auf diese Sprechaktverben in der 1. Person Präteritum folgen: sagte, behauptete, erklärte, bezweifelte, unterstellte. Um die in bestimmten Fällen gegebene Formengleichheit von Indikativ- und Konjunktiv-Formen zu berücksichtigen, wurden die Fundstellen einzeln ausgewertet. Auswahlkriterium: Stünde hier bei direkter Rede (k)eine Konjunktiv-Präsens-Form?

2. Person Präsens

Bedingt durch die Art der Texte (überwiegend Tageszeitungen, Zeitschriften, Sachbücher, Romane u. dgl.) in den verfügbaren Textkorpora, finden sich nur vergleichsweise wenige Belege für Redewiedergaben, bei denen das Sprechaktverb in der 2. Person Präsens gehalten ist. Das Wenige, was zu finden ist, zeigt jedoch ein sehr deutliches Bild. Eine Suche in den Textkorpora des Instituts für Deutsche Sprache ergab am 16. 7. 2009 für dass-Sätze, die auf die Sprechaktverben fragst, sagst, behauptest, unterstellst, bedauerst, betonst, beklagst, erklärst, stellst fest, deutest an, bemängelst, antwortest und bezweifelst insgesamt

Indikativ-Formen: 149 Konjunktiv-Präsens-Formen: 2 Konjunktiv-Präteritum-Formen: 6

Bei den Konjunktiv-Präteritum-Formen ist davon auszugehen, dass sie bereits in der Originaläußerung vorgelegen haben müssen. Man sieht: Der Unterschied zu den Verhältnissen bei der 3. Person könnte kaum deutlicher sein. Zurückzuführen ist die eindeutige Bevorzugung des Indikativs möglicherweise darauf, dass sich in dieser Gesprächssituation jede zusätzliche Markierung der Wiedergabe als solche erübrigt.

Bemerkenswert ist, was in den beiden Fällen, in denen Konjunktiv-Präsens gewählt wurde, zu der "Abweichung" geführt haben dürfte:

Du fragst, ob es Nahrung gebe.
[die tageszeitung, 16.12.1993, S. 19]
"Du behauptest, dass ich nicht normal sei?"
[Mannheimer Morgen, 02.10.1998, Von wegen abergläubisch!]

In beiden Fällen ist davon auszugehen, dass die Form bewusst gewählt wurde. Im Kontext wird dies deutlich:

Was die Gesundheit angeht, ist alles O.K. Du fragst, ob es Nahrung gebe. Es gibt keine oder zu wenig.
Jutta legte den Kugelschreiber beiseite und warf mir einen funkelnden Blick zu. "Du behauptest, daß ich nicht normal sei?" "Das habe ich nicht gesagt", erwiderte ich schnell, "ich meine nur, daß ein normaler Mensch nicht an solche Dinge glaube."

2. Person Präteritum

Die Wiederholung der zuvor beschriebenen Suche für die 2. Person Präteritum erbrachte ganze 20 Fundstellen. Zu wenig, um ernstlich daraus Schlüsse zu ziehen, aber im Detail dennoch bemerkenswert: elf Indikativ-Formen, eine Konjunktiv-Präsens-Form und erstaunliche acht Konjunktiv-Präteritum-Formen, vielleicht, weil zum Repertoire von Schreibern, die sich überhaupt an die insgesamt nicht gerade häufig gebrauchte 2. Person Präteritum wagen, auch diese noch seltener anzutreffende Formen gehören.

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Personalform des Verbs im dass-Satz

In den Textkorpora, die derzeit - Sommer 2009 - für maschinelle Recherchen verfügbar sind, finden sich bei Redewiedergaben in Form von dass-Sätzen weit überwiegend Verbformen der 3. Person (z. B. er schläft, es regnet, sie lacht, sie wandern). Das kann in Anbetracht der Zusammensetzung der Korpora nicht überraschen, denn in den meisten der erfassten Texte ist weder von den Schreibern selbst die Rede noch von ihren Adressaten, zumal solchen, die mit du anzureden wären. Entsprechend seltener sind, trotz gewaltiger Textmengen, Belege zu finden, in denen das Verb in der 1. oder der 2. Person auftritt. Die vergleichsweise spärlichen Daten zu diesen Verbformen zeigen jedoch ein Bild, das sich deutlich von jenem der 3. Person unterscheidet,. Exemplarische Suchen zu Verbformen in Redewiedergaben mittels dass-Satz nach den Sprechaktverben sage, sagt, sagte, sagst, sagtest, gesagt sowie frage, fragt, fragte, fragst, fragtest, gefragt ergaben für die:

1. Person:

binseiwärehabehätte
88425065956372

in Prozent:

IndikativKonjunktiv 1Konjunktiv 2
52,834,612,6

2. Person:

bistsei(e)stwär(e)sthasthabesthättest
95-173-3

in Prozent:

IndikativKonjunktiv 1Konjunktiv 2
97,702,3

3. Person:

istseiwärehathabehätte
2418412731721033399884

in Prozent:

IndikativKonjunktiv 1Konjunktiv 2
34,156,89,1

Da sich zeigte, dass eine uneingeschränkte Suche zu unüberschaubar vielen Ergebnissen führen müsste, haben wird für die Positionen des Subjekts im dass-Satz wie im übergeordneten Satz für die 3. Person Beschränkungen vorgenommen:

  • Er/er/Sie/sie ...
  • dass er/sie/es/der/die/das/diese/dieser/dieses/diesen/diesem/dies/ein/eine/eines/einer/einen/einem ...

Die Beschränkung halten wir für vertretbar, weil

  • durch die Artikelformen der/die/das/diese/dieser/dieses/diesen/diesem/dies/ein/eine/eines/einer/einen/einem, die beliebige Nominalphrasen einleiten können, bereits sehr viele Belege gefunden werden konnten,
  • kaum davon auszugehen ist, dass die Einbeziehung aller erdenklichen Realisierungen dieser Position in grammatischer Hinsicht zu wesentlich anderen Ergebnissen führen würde.

Damit liegen Sie nicht falsch

Mit einer Konjunktiv-Präsens-Form (sei, habe, werde, gehe, komme) liegen Sie bei der dritten Person (er, sie, es, Herr Maier, Frau Krause) beim Schreiben nie daneben, jedenfalls dann nicht, wenn in der Originaläußerung, die Sie wiedergeben wollen, nicht bereits eine Konjunktiv-Präteritum-Form vorlag (etwa: Ich wäre ja zufrieden, wenn wir wenigstens das Vorjahresergebnis wiederholen könnten.). In solchen Fällen ist die Konjunktiv-Präteritum-Form zu übernehmen, wenn die Wiedergabe nicht verfälscht werden soll. In Alltagsgesprächen kann eine gehäufte Verwendung nicht zwingend erforderlicher Konjunktiv-Formen allerdings etwas zu förmlich wirken.

Anders liegen die Dinge allerdings, wenn man wiedergeben will, was man selbst oder der aktuelle Gesprächspartner zuvor sagte. Die Konjunktiv-Präsens-Form kann hier nicht uneingeschränkt als Form der Wahl gelten. Bei Berichten und Erzählungen, die im Präteritum gehalten sind (Ich sagte, dass ..., Du erzähltest, dass) wird sie noch etwa ebenso häufig gewählt wie die Indikativ-Form. Nach Sprechaktbezeichnungen im Präsensperfekt (Du hast behauptet ... , Ich habe erwidert ...) dominiert jedoch deutlich der Indikativ (nahezu 90% bei der ersten Person, 80% bei der zweiten, wobei Letzteres freilich nur beschränkt aussagekräftig ist, zu gering ist die Zahl der einschlägigen Belege).

Gibt man wieder, was der aktuelle Geprächspartner oder man selbst über Dritte gesagt hatte, wirkt eine Konjunktiv-Präsens-Form unter Umständen bereits etwas ungewöhnlich, doch immer noch akzeptabel:

Du hast damals erzählt, dass er die Prüfung zwei Mal wiederholt habe.
Ich sagte, dass sie das lieber sein lassen solle.

War dagegen vom gegenwärtigen Gesprächspartner die Rede, wären mithin Konjunktivformen der zweiten Person – Konjunktiv-Präsens- und Konjunktiv-Präteritum-Formen gleichermaßen – zu wählen, kann insbesondere bei weniger häufig gebrauchten Verben leicht die Grenze vom Ungewöhnlichen zum Schrulligen überschritten werden:

Sie hatte unterstellt, dass du nur Prada trügest.
Du erzähltest, du flögest nach Istanbul.

In solchen Fällen kann es nicht schaden, zu würde zu greifen, selbst wenn Generationen von Lehrern Deutsch zu einer würdelosen Sprache zu verklären suchten. Dass andere sich davor nicht scheuen, belegen die folgenden Beispiele – nicht immer Fälle von Redewiedergabe, doch dieser durchaus vergleichbar:

Ich wusste, dass du es schaffen würdest, Niegesehn sichtbar zu machen.
[Berliner Zeitung, 12.11.2005, S. 7]
Ich sagte nur, dass Du erst einen bekommen würdest, wenn wir eine Kreuzfahrt machen.
[ St. Galler Tagblatt, 28.03.2008, S. 49]
Du sagtest, dass du mich nach dem Konzert am Haupteingang treffen würdest, aber du kamst nicht.
[die tageszeitung, 24.11.2003, S. 20]
Ich wünschte mir, dass du nie gehen würdest, verstehe aber, dass du nicht für immer eine kleine, von der Leserschaft geliebte ERNST-Redaktorin bleiben kannst.
[Zürcher Tagesanzeiger, 08.12.1999, S. 81]
Glaubst Du, daß Du heute die Führerscheinprüfung auf Anhieb bestehen würdest?
[http://de.toluna.com/opinions/249549/Glaubst-heute-Fuhrerscheinprufung-Anhieb-bestehen.htm]

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Autor(en)
Bruno Strecker
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