Das Passiv
Zielgruppe: | 7./8. Klasse | Vertiefungen: Sekundarstufe II |
Ziele: | Perspektivische Funktion des Passivs, Konversion des Aktivsatzes in einen Passivsatz, Formenbildung des Passivs, sein-Passiv, bekommen-Passiv |
Vorkenntnisse: | Subjekt, Akkusativ- und Dativobjekt, Verbflexion im Aktiv |
(a) Dana kauft den Pullover.
(b) Der Pullover wird von Dana gekauft.
Beide Sätze beschreiben die gleiche Handlung. Trotzdem haben sie unterschiedliche
Formen. In dieser Lerneinheit schauen wir, was das für Formen sind und warum sie benötigt
werden, obwohl man damit die gleichen Inhalte ausdrückt.
Es handelt sich um einen
Aktivsatz (a) und einen Passivsatz (b).
Wir können uns das so vorstellen: Das Verb gibt vor, welche Mitspieler an einem Satz beteiligt sind. Mitspieler ist dabei nicht wörtlich gemeint, sondern es können z.B. auch Gegenstände sein. In diesem Fall gibt das Verb kaufen vor, welche Handlung ausgeführt wird. Für die Handlung kaufen benötigen wir jemanden, der etwas kauft und etwas, das gekauft wird. Das Verb braucht also zwei Mitspieler.
Zur interaktiven Version dieser Übung
Dana | kauft | den Pullover. |
Handelnde Person | Handlung | Gegenstand der Handlung |
Der Pullover | wird gekauft. |
Gegenstand der Handlung | Handlung |
Mehr zu den Mitspielern beim Verb
Ein Passivsatz hat eine Besonderheit: Der Gegenstand der Handlung (das Patiens) ist dort das Subjekt. Der eigentlich handelnde Mitspieler (Agens) kann weggelassen werden. Das wäre in einem Aktivsatz nicht möglich.
Bei der Umwandlung von Aktivsätzen zu Passivsätzen passiert Folgendes:
- Die Verbform ändert sich von Aktiv zu Passiv.
- Der aktive Mitspieler (Agens) verschwindet aus dem Satz.
- Das bisherige Objekt (Patiens) wird zum neuen Subjekt.
- Das bisherige Objekt ändert seinen Kasus zum Nominativ.
Alles andere bleibt im Passivsatz unverändert:
Der Pullover wird der Freundin heute gekauft.
Das Agens kann als Präpositionalausdruck (z.B. mit von) wieder im Satz auftauchen.
Die Bedeutung des Passivsatzes ist die gleiche wie im Aktivsatz, nur die Form ist unterschiedlich. Dadurch ändert sich die Perspektive: Nicht mehr Dana steht im Vordergrund, sondern der Pullover. Das Verb kehrt seine Richtung um. Diesen Perspektivwechsel kann man sich wie in einem Film vorstellen: Im Aktivsatz (Dana kauft den Pullover) ist die Kamera auf Dana gerichtet. Im Passivsatz (Der Pullover wird von Dana gekauft) wird der Pullover gefilmt, wie er im Laden im Regal liegt und darauf wartet, gekauft zu werden.
Verbformen im Passiv
Über die Verwendung und Funktion des Passivs weißt du nun schon gut Bescheid. Jetzt soll es darum gehen, wie die passiven Verbformen gebildet werden.
Das Passiv kann man sehr einfach an der Verbform erkennen. Das Passivformen lauten folgendermaßen:
Person | Numerus | Präsens | Präteritum |
1. Person | Singular | werde geweckt | wurde geweckt |
2. Person | Singular | wirst geweckt | wurdest geweckt |
3. Person | Singular | wird geweckt | wurde geweckt |
1. Person | Plural | werden geweckt | wurden geweckt |
2. Person | Plural | werdet geweckt | wurdet geweckt |
3. Person | Plural | werden geweckt | wurden geweckt |
1. Woran kannst du erkennen, um welche Person es sich handelt?
2. Woran kannst du den Numerus erkennen?
3. Woran erkennst du die Zeitform?
4. Welcher Bestandteil der Form ändert sich und welcher bleibt gleich?
5. Kannst du eine Regel erkennen, nach der das Passiv gebildet wird?
Das Passiv besteht aus einer Form von werden und dem Partizip II des Vollverbs. Die Form von werden trägt die Personalendung und zeigt das Tempus. Man nennt dieses Passiv auch werden-Passiv.
Den Bestandteil, der sich nicht ändert, nennt man Partizip (in diesem Fall das Partizip II). Es trägt die eigentliche Verbbedeutung (wecken). Das Partizip wird bei starken Verben mit ge- und dem Infinitiv bzw. einem Infinitiv und Vokaländerung gebildet (ge+rufen, ge+lesen, ge+funden, ge+sungen). Bei schwachen Verben wird das Partizip mit ge- und -t gebildet (ge+weck+t, ge+sag+t, ge+mal+t, ge+hol+t, ge+leb+t).
Erläuterungen zur Bildung von Verbformen
Der Bestandteil, der sich ändert, ist das Hilfsverbwerden. Es trägt die Personalendung und markiert das Tempus.
Bearbeite dazu diese Aufgabe.
Hier kannst du deine Lösung überprüfen.
Das Tempus von Passivformen wird am Hilfsverb werden markiert. Allerdings bildet das Verb werden seine Perfekt- und Plusquamperfekt-Formen selbst schon mit dem Hilfsverb sein:
Ich bin Lehrer geworden.
Ich war Lehrer geworden.
Diese Formen behält werden bei, wenn es als Hilfsverb im Passiv verwendet wird.
Du siehst, die Bildung der Passivform ist nur auf den ersten Blick kompliziert, aber eigentlich ganz systematisch. Das Passiv ist sehr hilfreich, um Sätze bilden zu können, in denen der Handelnde nicht bekannt ist oder nicht genannt werden kann. Es bietet eine andere Perspektive auf die beschriebene Handlung.
sein-Passiv
Bisher haben wir das sogenannte werden-Passiv betrachtet. Es ist das häufigste Passiv und der einfachste Fall. Man erkennt es daran, dass es mit dem Hilfsverb werden gebildet wird. Es bezeichnet vor allem Vorgänge, ohne den aktiven Mitspieler (das Agens) des Vorgangs unbedingt nennen zu müssen.
(b) Das Essen wurde gekocht.
(c) Der Rasen wurde gemäht.
(d) Der Schuh wurde angezogen.
Es gibt aber noch andere Arten des Passivs, die etwas seltener vorkommen:
(f) Das Essen ist gekocht.
(g) Der Rasen ist gemäht.
(h) Der Schuh ist angezogen.
Das ist ein Zustandspassiv oder sein-Passiv. Es wird – wie der Name schon sagt – mit dem Hilfsverb sein statt mit werden gebildet. Anders als das werden-Passiv liegt der Fokus nicht auf der Handlung, sondern auf dem Ergebnis. Es bezeichnet Zustände statt Vorgänge.
Das Zustandspassiv hat in diesen Fällen sehr viel Ähnlichkeit mit einer sogenannten Kopulakonstruktion. Das ist eine Konstruktion aus einem Kopulaverb und einem Prädikativkomplement. Ob es sich bei geputzt in diesem Fall um eine Verbform handelt oder um ein Adjektiv, ist sehr umstritten.
Nicht alle Verben können ein Zustandspassiv bilden (zur Passivfähigkeit siehe hier). Verben, die problemlos ein Zustandspassiv bilden können, haben allerdings eine Gemeinsamkeit: Sie bezeichnen Handlungen, die längere Zeit fortdauern, aber ein absehbares Ende haben: ein Buch lesen, das Zimmer putzen, die Hausaufgaben machen. Diese Verben erkennt man daran, dass sie mit Angaben zur Zeitdauer wie eine Stunde lang ergänzt werden können.
(j) Du kochst eine Stunde lang das Essen.
(k) Annika mäht eine Stunde lang den Rasen.
Es gibt dabei allerdings unterschiedliche Akzeptanzgrade:
Eine vertiefende Beschreibung von Verben, die ein Zustandspassiv bilden können, findet sich hier.
bekommen-Passiv
Die dritte Passivart ist das bekommen-Passiv oder Rezipientenpassiv.
(b) Sie kriegt den Kuchen von mir gebacken.
(c) Du erhältst von mir ein Buch geschenkt.
Die Verben bekommen, erhalten und kriegen können dieses Passiv bilden. bekommen, erhalten, kriegen funktionieren hier wie ein Hilfsverb und ersetzen das werden oder das sein.
(b.) Ich backe ihr einen Kuchen.
(c.) Ich schenke dir ein Buch.
Wir erinnern uns zurück: Beim werden-Passiv wird das Patiens des Satzes (der nicht aktive Mitspieler) zum Subjekt. Das Agens (der aktive Mitspieler) kann weggelassen werden.
Diese Struktur funktioniert allerdings nur bei Verben, die genau zwei Mitspieler haben (einen aktiven und einen nicht aktiven, Agens und Patiens). In manchen Sätzen gibt es aber noch eine Stelle für einen weiteren Mitspieler an der Handlung: Derjenige, für den die Handlung durchgeführt wird bzw. der von der Handlung profitiert. Man spricht vom Rezipienten.
Im werden-Passiv lautet dieser Satz:
Beim Rezipienten ändert sich also beim werden-Passiv nichts. Und beim bekommen-Passiv?
Er [Subjekt | Rezipient] bekommt vom Paketboten [Agens] ein Paket [Akkusativobjekt | Patiens] geliefert.
Beim bekommen-Passiv wird der Rezipient zum Subjekt. Das Patiens bleibt Akkusativobjekt. Es ist also ein vergleichbarer Fall wie das werden-Passiv, nur das jetzt die Perspektive nicht auf dem Patiens liegt, sondern auf dem Rezipienten.
Durch das bekommen-Passiv können auch bei Verben mit drei Mitspielern alle Mitspieler zum Subjekt werden:
Ein Pullover [Patiens | Subjekt] wird der kleinen Schwester [Rezipient | Dativobjekt] von Dana [Agens] geschenkt.
Die kleine Schwester [Rezipient | Subjekt] bekommt einen Pullover [Patiens | Akkusativobjekt] von Dana [Agens] geschenkt.
Mehr zum bekommen-Passiv: