Im aktuellen "Amtlichen Regelwerk" des Rats für deutsche Rechtschreibung ist unter anderem die Groß- und Kleinschreibung geregelt, darunter §55, der eindeutig formuliert: Substantive (auch Nomina genannt) schreibt man groß, egal, ob es sich um Eigennamen (gemeint sind hier Namen, die aus einem Wort bestehen), substantivierte andere Wortarten oder um reguläre Substantive handelt. Wenn man jedoch davon ausgeht, dass Artikel immer mit (großgeschriebenen) Substantiven auftreten (wie es z.B. in der wissenschaftlichen Terminologie beschrieben steht), stößt man schnell auf Ausnahmen. Also gilt es, etwas tiefer in die Regeln der Groß- und Kleinschreibung des Deutschen hineinzublicken. Um festzustellen, wie das üblicherweise in deutschen Texten gehandhabt wird, untersuchen wir mithilfe des KorAP-Systems, in dem zurzeit über 22,7 Milliarden Wörter aus dem Deutschen Referenzkorpus (DeReKo) aufbereitet sind.
Sätze (1) und (2) zeigen substantivierte Formen auf, in (1) wurde das Verb schwimmen, in (2), das Adjektiv einzig substantiviert.
Beispiele (3) bis (6) zeigen hingegen, dass es in bestimmten Fällen nach einem Artikel auch kleingeschrieben weitergehen kann. Im bereits oben genannten Amtlichen Regelwerk der deutschen Rechtschreibung (§58) werden solche Ausnahmen näher erläutert, so z.B. Adjektive, Partizipien und Pronomen, die sich auf ein vorhergehendes oder nachstehendes Nomen beziehen, wie in Satz (3). Diese Ausnahmeregelung gilt auch für ausgewählte unbestimmte Zahladjektive (viel, wenig, (der, die das) eine, (der, die das) andere), wie in den Beispielsätzen (4) und (5) aufgezeigt wird. Die Formulierung ein bisschen (frühere Schreibweise: ein bißchen) aus den Sätzen (6a) und (6b) wird zwar in den untersuchten Regelwerken nicht erwähnt, aber da sie als gleichbedeutend mit (sehr) wenig eingestuft werden kann, möchten wir sie zur Kategorie dieser Zahladjektive zählen.
Es gibt übrigens auch Fälle, in denen wir es uns aussuchen können, ob wir groß- oder kleinschreiben, einen zeigen wir in den Sätzen (7a) und (7b): Bei Possessivpronomen in Verbindung mit einem Artikel hat man nämlich die freie Wahl.
Zuletzt werden in der obigen Frage auch Fälle von Artikeln angesprochen, die sich mit Präpositionen verbunden haben, z. B. können sich indem zu im, auf und das zu aufs verbinden. Folgt dann immer ein großgeschriebenes Substantiv bzw. eine substantivierte andere Wortart? Wir müssen hier zunächst Superlative von anderen Fällen unterscheiden.
Für Superlative gilt lt. Amtlichem Regelwerk, dass der Superlativ mit am grundsätzlich kleingeschrieben werden sollte. Superlative mit aufs können, müssen jedoch nicht kleingeschrieben werden. Die folgende stichprobenhafte Korpusuntersuchung mithilfe von KorAP deutet an, dass sich eine Mehrheit an der Rechtschreibregel bezüglich Superlativen mit am orientiert, bei aufs bevorzugt eine Mehrheit die großgeschriebene Form - zumindest bei den hier zufällig ausgewählten Superlativen. Die Sätze (8a) bis (9b) veranschaulichen die verschiedenen Schreibweisen.
KorAP | kleingeschrieben | großgeschrieben |
am besten | 1.155.235 | 28.871 |
am stärksten | 184.801 | 320 |
am wenigsten | 104.334 | 198 |
am schönsten | 45.864 | 2.182 |
aufs Schärfste | 1.971 | 12.479 |
aufs Schönste | 30 | 3.940 |
aufs Äußerste | 1.785 | 3.939 |
aufs Heftigste | 47 | 1.557 |
aufs Gröbste | 22 | 1.035 |
Nanna Fuhrhop (2020, S. 47f) zeigt auf, dass bei den Fällen, in denen nicht eine wiederauflösbare Konstruktion, sondern eine echte Verschmelzung stattgefunden hat, oft lexikalische Adjektive zu finden sind. Solche sind zwar nach dem Amtlichen Regelwerk immer großzuschreiben, Frau Fuhrhop unterstreicht jedoch, dass diese Fälle einzeln zu lernen sind. Im untersuchten Korpus zeigt sich entsprechend mehrheitlich zwar Großschreibung, allerdings sind die Verhältnisse für die einzelnen Beispiele verschieden, wie aus der folgenden Tabelle ersichtlich ist: Während z. B. das großgeschriebene im Allgemeinen 34-mal häufiger vorkommt als die kleingeschriebene Form, wird im Besonderen 76-mal häufiger groß- als kleingeschrieben. Bei der Zählung wurde übrigens darauf geachtet, dass nach der kleingeschriebenen Form kein Substantiv auftritt, denn sonst müsste das Adjektiv auf jeden Fall kleingeschrieben werden.
KorAP | kleingeschrieben | großgeschrieben | Verhältnis |
im ü/Übrigen | 20.298 | 327.174 | 1:16 |
im a/Allgemeinen | 4.241 | 144.144 | 1:34 |
im e/Einzelnen | 2.315 | 71.211 | 1:31 |
im b/Besonderen | 627 | 47.415 | 1:76 |
Wir können die Eingangsfrage mit „im Prinzip ja“ beantworten. Grundsätzlich gilt, dass Artikel Teil einer syntaktischen Konstruktion mit nominalen Eigenschaften sind und ein Substantiv, das syntaktisch den Kopf dieser Konstruktion darstellt, näher bezeichnen bzw. determinieren. Bei Verschmelzungen kann man im Falle von aufs wählen, Superlative mit am sollten kleingeschrieben werden.
Wenn Substantive weggelassen werden können, weil sie in der Nähe bereits genannt werden, dann werden die vorkommenden Adjektive, Partizipien und Pronomen kleingeschrieben. Bestimmte Zahladjektive können ebenfalls klein geschrieben werden. Dazu kann man es selbst entscheiden, ein Possessivpronomen (siehe §58 E3) des Amtlichen Regelwerks nach einem Artikel groß- oder kleinzuschreiben.