Sie sagt, er ist, er sei, er wäre gar nicht so übel — Indirekte Redewiedergabe mit Verbzweitsätzen

Will man – natürlich möglichst unverfälscht! – wiedergeben, was ein anderer oder auch man selbst zuvor gesagt hat, gilt es in jedem Fall zweierlei zu tun:

  • Man muss darauf eingehen, welche Art von Sprechakt der Sprecher vollzogen hat, dessen Äußerung man wiedergeben will.
  • Man muss das Gesagte selbst in der Form wieder aufnehmen, die den jetzt gegebenen Umständen angemessen ist.

Das hört sich, so beschrieben, schwierig an, gehört aber, wie die folgenden Beispiele zeigen, zu jedermanns täglicher Routine:

Du hast damals doch allen Ernstes unterstellt, ich hätte dich mit den Nebenkosten absichtlich reingelegt.
Und dann hat sie noch gesagt, sie hätte den Kerl noch nie leiden können.

Was sind die Optionen?

Häufig – allerdings nicht immer – wird zur Beschreibung des wiederzugebenden Sprechakts ein Verb gewählt. Möglich sind daneben auch Beschreibungen des Kontextes, in dem es zu dem Sprechakt oder der Folge von Sprechakten gekommen ist, etwa so:

Er zeigte sich ungerührt. Das alles sei nicht neu. Der Spiegel habe schon vor Monaten Mutmaßungen darüber angestellt, und es werde dadurch nicht wahrer, dass man die alten Unterstellungen wiederhole.
Jetzt hatte Konrad endgültig genug. Ob sie damit etwa behaupten wolle, man habe nicht genügend Rücksicht auf sie genommen.

Probleme mit einer Redewiedergabe haben meist sachliche Gründe. Richtig ernst werden sie, wenn bestritten oder bezweifelt wird, dass, was als Wiedergabe vorgebracht wird, überhaupt gesagt wurde. Mit grammatischen Fragen hat dies natürlich wenig zu tun. Das ändert sich, wenn zwar nicht bestritten wird, dass etwas gesagt wurde, wohl aber, dass damit getan wurde, was der Wiedergebende offenbar annimmt. Von sachlichen Verfälschungen abgesehen, ist hier vor allem die Wahl der Ausdrücke von Interesse, mit denen die ursprüngliche Äußerung beschrieben wird, denn damit kann der Wiedergebende diese Äußerung auf verschiedene Weisen qualifizieren.

Wählt man etwa sagen oder äußern, gerät die Einschätzung neutral und unproblematisch, wählt man hingegen, wie etwa im ersten der obigen Beispiele das Verb unterstellen, wird der Einschätzung möglicherweise widersprochen werden. Doch auch wenn es darüber zum Streit kommt, wird man nicht gleich Grammatiker zu Rate ziehen. Sie sind in Sachen Redewiedergabe erst gefragt, wenn geklärt werden soll, welche Form oder Formen die Wiedergabe des Wortlauts anzunehmen hat.

Grundsätzlich kann Rede auf zweierlei Weisen wiedergegeben werden:

  1. Wörtlich oder, wie Grammatiker sagen, in direkter Rede, indem der Wortlaut exakt wiederholt wird. Im Rahmen eines Gesprächs kann dies manchmal zu Missverständnissen führen, wenn unklar bleibt, ob direkte oder doch indirekte Rede vorliegt, wie etwa bei:
    sie stellt fest ich wäre schon mit der Hälfte dessen zufrieden gewesen was manche jeden Tag verdienen
    Beim Schreiben tritt dieses Problem nicht auf, wenn die Anführungs- und Ausführungszeichen, die Anfang und Ende der Wiedergabe markieren, korrekt gesetzt werden, also etwa so:
    Sie stellt fest: "Ich wäre schon mit der Hälfte dessen zufrieden gewesen, was manche jeden Tag verdienen."
    oder eben so:
    Sie stellt fest, ich wäre schon mit der Hälfte dessen zufrieden gewesen, was manche jeden Tag verdienen.
  2. Systematisch modifiziert als sog. indirekte Rede.
    Dafür stehen in Verbindung mit den meisten Redewiedergabe-Verben gleich zwei Ausdrucksformen zur Verfügung:
    • Einleitung des Wiedergabetext mit dass (Julian sagte, dass er Durst hat/habe/hätte.)
    • Sog. Verbzweitsätze, mithin reguläre Hauptsätze, verbunden mit einem Obersatz, der den wiederzugebenden Sprechakt beschreibt (Julian sagte, er hat/habe/hätte gewaltigen Durst auch Er hat/habe/hätte, sagte Julian, gewaltigen Durst oder Er hat/habe/hätte gewaltigen Durst, sagte Julian)
Er beteuert, dass er nur Angelica liebe, woraufhin sie ihn ermahnt, seine Treue unter Beweis zu stellen.
[http://de.wikipedia.org/wiki/Orlando — gef. 21. 2. 2010]
Der Käufer sagt, er hätte das Päckchen nie bekommen und droht mit Polizei.
[http://www.gutefrage.net/frage/ebay-kaeufer-sagt-er-haette-das-paeckchen-nicht-bekommen-was-tun — gef. 21.2.2010]
Die/der Unterzeichnende versichert, dass er/sie die vorliegende schriftliche Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die von ihm/ihr angegebenen Hilfsmittel benutzt hat.
[http://www.uni-bielefeld.de/geschichte/studium/downloads/Erklaerung.pdf]
Meine vermieterin sagt man darf keine hunde im haus haben aber ich will unbedingt einen!!!
[http://www.gutefrage.net/frage/meine-vermieterin-sagt-man-darf-keine-hunde-im-haus-haben-aber-ich-will-unbedingt-einen-um — gef. 21.2.2010]
Ich hab jemand kennengelernt der behauptet er kann seit 5 Monaten tote Menschen(Geister) sehen.
[http://www.allmystery.de/themen/mg23293 — gef. 21.2.2010]
Die Fraktion der SPD stellte fest, man habe mit dem Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz eine erhebliche Beschleunigung bei der Planung von Verkehrsvorhaben erreicht.[Deutscher Bundestag, Drucksache 16/227, 14.12.2005]
Die Presse, die sich Linkspresse nennt, schrieb daraufhin, ich habe mich offenbar von der Reaktion einschüchtern lassen, die Presse, die sich Rechtspresse nennt, schrieb, ich hätte wohl eingesehen, daß ich dem Osten in die Hand spiele, und die unabhängige Presse schrieb, ich habe offensichtlich jeglicher Radikalität und dem Engagement abgeschworen.
[Heinrich Böll, Ansichten eines Clows, S. 265]

Die Querstriche in den Beispielen weisen darauf hin, dass alternative Formulierungen zu beobachten sind. Nicht nur Lerner des Deutschen als Fremdsprache sehen sich dazu veranlasst zu fragen, ob denn all diese Formulierungen gleichermaßen korrekt seien und welche zu wählen wären, wenn man gutes Deutsch sprechen und schreiben wolle.

Liegt eine Wiedergabe in Form eines Dass-Satzes vor, oder plant man eine solche, kann die Antwort eher liberal ausfallen, denn – das zeigen Untersuchungen großer Textkorpora - man kann hierbei kaum etwas falsch machen, allenfalls wird man sich etwas ungewöhnlich oder antiquiert ausdrücken. Dem Dass-Satz muss zwingend ein Redewiedergabe-Verb voran gehen, und die Einleitung mittels dass weist, was ihr folgt, eindeutig als wiedergegeben aus. Die Form des Verbs im wiedergegebenen Satz – der Verbmodus (Indikativ, Konjunktiv-Präsens, Konjunktiv-Präteritum) bewirkt hier überwiegend stilistische Nuancen.

Bei indirekter Redewiedergabe mit Verbzweitsätzen ist die Sachlage weniger klar, denn dabei kann es in bestimmten Fällen zu ernsthaften Missverständnissen kommen, wenn der Verbmodus nicht korrekt gewählt wird. Noch vergleichsweise unproblematisch ist die Wahl des Verbmodus, wenn der Wiedergabe ein Redewiedergabe-Verb voran geht, in diese parenthetisch eingefügt wird oder ihr unmittelbar folgt:

Das erste Urteil sagt, Boock ist ein Mörder. Ich sage dagegen mit aller Klarheit - ich bin kein Mörder.
[taz, 09.06.1988, S. 13-14]
Er habe, sagte er, Hamadi erst wiedererkannt, nachdem er ihn gestern in einer kurzen Verhandlungspause von nahem gesehen habe.
[ taz, 13.09.1988, S. 1,2]
Es soll was nachkommen, verspricht der Landesvater am Ende.
[taz, 09.06.1993, S. 11]
Kalter Stahl vergoldet die Zukunft, sag ich da.
[taz, 25.11.1996, S. 10]

Was sagen die Korpora?

Bei exemplarischen Recherchen zum Verbmodus nach Formen des Redewiedergabe-Verbs sagen, zeigte sich zwar ein sehr deutliches Übergewicht an Konjunktiv-Präsens-Formen (sei, habe, müsse, solle, ...), doch insbesondere bei Formen der 1. Person und allgemein des Präsens (ich sage/sagte, sie sagt) finden sich durchaus auch Indikativ-Formen. Hier tabellarisch-exemplarisch einige Beobachtungen zum Modusgebrauch:

Wiedergabe folgt auf Formen des Redewiedergabe-Verbs sagen

V2-Satzsage1sage2sage3sagstsagtsagte4sagtestgesagt
ist710023551021246
sei4620181754251246
wäre360165186168
hat1000012434079
habe0220072456740498
hätte050072207096
kann110108321073
könne19001049430147
könnte00002065024
muss570008329071
müsse0001757460121
müsste50001518015
darf00002502
dürfe000066407
dürfte00002402

Gesucht wurde hier nach sage als Form der 1. Person Indikativ Einzahl, also ich sage.

Gesucht wurde hier nach sage als Imperativform, wie etwa in Sage niemals nie!.

Gesucht wurde hier nach sage als Form der 3. Person Konjunktiv Präsens Einzahl, wie etwa in Da sage einer, Mannheim wäre kein gutes Pflaster. oder in Man hört, der Minister sage jedem, der es hören will, er hätte nicht vor zurückzutreten.

Auch bei sagte hätte strenggenommen eine Unterscheidung vorgenommen werden müssen (1. Person und 3. Person Indikativ Präteritum, doch dies wäre in Anbetracht der verfügbaren Suchmöglichkeiten und der Datenfülle nur mit großem Zeitaufwand zu bewältigen gewesen. Da jedoch, wie eine generelle Überprüfung der Daten ergab, nur in 0,3 % aller Fälle die 1. Person vorlag, glaubten wir, darauf verzichten zu können.

Gesucht wurden neben muss und musste auch Vorkommen in früherer Schreibweise, also muß und mußte.

Wiedergabe vor Redewiedergabe-Verb sagen

V2-Satzsagtsagtegesagt
ist94250
sei3646821
wäre11201
hat44130
habe1893501
hätte17220

Den folgenden Suchergebnissen liegt ein auf der Basis der Korpora des Instituts für Deutsche Sprache erstelltes virtuelles Korpus SPRECHAKTVERBEN zugrunde, das ausschließlich Sätze enthält, in denen mindestens eine Form eines der folgenden Verben auftrat:

ablehnen, abraten, absprechen, abstimmen, abstreiten, andeuten, androhen, ankreiden, ankündigen, anmahnen, annehmen, anordnen, anprangern, anraten, anrufen, antworten, anzweifeln, appellieren, argumentieren, argwöhnen, attestieren, aufbringen, auffordern, aufgerufen, aufrufen, aufzeigen, aussagen, aussprechen, beanstanden, beantragen, bedauern, befürchten, befürworten, begründen, begrüssen, behaupten, beipflichten, bejahen, beklagen, bekräftigen, bekritteln, bekunden, bemängeln, berichten, beschuldigen, bestätigen, bestreiten, beteuern, betonen, bezweifeln, bilanzieren, billigen, bitten, darlegen, dementieren, drängen, durchblicken, einfordern, einklagen, einmahnen, einschränken, einwenden, empfehlen, entgegenhalten, entgegensetzen, entgegenstellen, entgegentreten, entgegnen, ergänzen, erklären, erläutern, erwägen, erwidern, faxen, festhalten, feststellen, flachsen, folgern, fordern, formulieren, frohlocken, garantieren, geisseln, gemahnen, genehmigen, gestehen, giften, gutheissen, hadern, herausstreichen, hervorheben, hinweisen, insistieren, klagen, klarmachen, klarstellen, kolportieren, kommentieren, konkretisieren, konstatieren, kontern, kritisieren, kundtun, lamentieren, lästern, leugnen, lügen, mahnen, meinen, melden, missbilligen, mitteilen, monieren, munkeln, mutmassen, nötigen, orakeln, plädieren, postulieren, präzisieren, predigen, propagieren, prophezeien, protestieren, raten, referieren, reklamieren, resümieren, rufen, rügen, sagen, schelten, scherzen, schildern, schimpfen, schlussfolgern, schwärmen, schwören, seufzen, signalisieren, spekulieren, spotten, stammeln, sticheln, suggerieren, tadeln, untermauern, unterstellen, unterstreichen, urteilen, verbreiten, verbriefen, verdeutlichen, verkünden, verlangen, verlautbaren, verlauten, vermuten, verneinen, versichern, versprechen, vorhalten, vorschlagen, vorschreiben, vorwerfen, warnen, wettern, widerrufen, widersprechen, witzeln, wundern, würdigen, zugeben, zugestehen, zurückweisen, zusagen, zusichern

Redewiedergabe-Verb inmitten der Wiedergabe

Konjunktiv-Präsens142
Konjunktiv-Präteritum14
Indikativ67
würde-Periphrase6

Redewiedergabe-Verb vor der Wiedergabe

Konjunktiv-Präsens3881
Konjunktiv-Präteritum391
Indikativ1886
würde-Periphrase148

Redewiedergabe-Verb nach der Wiedergabe

Konjunktiv-Präsens2281
Konjunktiv-Präteritum262
Indikativ1219
würde-Periphrase61

Die Freiheit der Variation endet allerdings selbst hier mit dem ersten wiedergegebenen Satz. Reicht die Wiedergabe über die Satzgrenze hinaus, sind Indikativformen nicht zulässig, und dies nicht etwa nur, weil eine wie immer zu begründende Norm das so will, sondern, weil nur so zu gewährleisten ist, dass auch die folgenden Ausführungen als Wiedergabe verstanden werden.

Ein anderes Beispiel

Vor allem, wenn eine indirekte Redewiedergabe, wie oben angesprochen, ganz ohne explizite Beschreibung des Sprechakts auskommt, verbieten sich bei der Wiedergabe Indikativformen. Hier ein etwas längeres Beispiel:

Westerwelle bevorzugt die Schocktherapie. Deutschland stehe am Scheideweg, "Schicksalsfragen" müssten beantwortet werden, "fundamental" und "brandgefährlich" seien die Verwerfungen, und nur er getraue sich, dies wider die politische Korrektheit beim Namen zu nennen und damit den "linken Zeitgeist" zu durchbrechen. Wer ihm da unterstelle, er fische im braunen Sumpf, der "muss schon wirklich linksextrem in der Birne sein". Er spreche doch "nur aus, was in Wahrheit alle Politiker wissen". Anders als er sagten sie es aber nicht, auch nicht die "Sozialdemokraten bei der Union", weil sie glaubten die Menschen vertrügen die Wahrheit nicht. Er dagegen vertrete eine ganz andere Auffassung: "Das Volk will die Wahrheit hören." Millionen stünden hinter ihm. Stimmt. Noch sieben Prozent.
[Stuttgarter Zeitung, 18. 2. 2010, S. 3]

Die Indikativformen bevorzugt und stimmt stehen hier genau vor Beginn und nach Ende der Redewiedergabe. Das Beispiel zeigt auch, wie in anspruchsvolleren Medien bei der Wiedergabe mit den Formen des Konjunktiv-Präsens und des Konjunktiv-Präteritum umgegangen wird: Wo Konjunktiv-Präsens-Formen eindeutig als solche zu erkennen sind, werden sie gewählt.

Deutschland stehe am Scheideweg, ...
"fundamental" und "brandgefährlich" seien die Verwerfungen, ...
... nur er getraue sich ...
Wer ihm da unterstelle, ...
..., er fische im braunen Sumpf ...
Er spreche doch "nur aus, was ...
Er dagegen vertrete eine ganz andere Auffassung: ...

Wo dies aufgrund der Formengleichheit von Indikativ- und Konjunktiv-Formen nicht gegeben ist, wird auf Konjunktiv-Präteritum-Formen ausgewichen und zwar selbst dann, wenn diese ihrerseits formgleich mit Indikativ-Präteritum-Formen sind:

... "Schicksalsfragen" müssten beantwortet werden, ...
Anders als er sagten sie es aber nicht, ...
... weil sie glaubten die Menschen vertrügen die Wahrheit nicht.
Millionen stünden hinter ihm.

Für den Gebrauch von Indikativ- und Konjunktiv-Formen bei indirekter Redewiedergabe mit Verbzweitsätzen kann dies nicht nur als musterhaft, sondern sogar als geboten gelten. Wer einfache Regeln bevorzugt, mag sich daran auch halten, wo dies, wie oben ausgeführt, nicht zwingend scheint.

Ausgespart bleibt so weit freilich der Gebrauch von sogenannten würde- und täte-Periphrasen als alternativen Ausdruckformen

Diese Formen sind im Bereich schriftlicher Textproduktion weitgehend einer nachhaltigen Sprachkritik zum Opfer gefallen und wohl deshalb in den Textkorpora des Instituts für Deutsche Sprache bei indirekten Redewiedergaben mit Verbzweitsätzen nur schwach vertreten. Auf Formen von sagen folgen nur 205 würde-Periphrasen, an täte-Periphrasen finden sich gerade mal drei:

Dieses System, sagte Havel, würde selbstverständlich Verbindungen zu jenem Teil der Erdkugel unterhalten, "den wir den Helsinki-Teil nennen können und der sich von Wladiwostok bis nach Alaska erstreckt".
[ taz, 23.02.1990, S. 8]
Und eine Freundin von Maryse sagte, der Film würde sie ganz gut treffen.
[ taz, 17.08.1989, S. 16]
Vier Soldaten sagten, sie täten lieber über die Brücke gehen, zwei andere versteckten sich hinter Büschen.
[Bildzeitung, 10.03.1967, S. 4]
Heute, sagte Staribacher, täte er Kreisky vielleicht recht geben: Die vier Ziele seien weitgehend erreicht.
[Die Presse, 21.04.1995, Zwei alte Herren und ein halbleerer Saal]

Im Alltag erfreuen sich solche Periphrasen gleichwohl großer Beliebtheit, insbesondere, wenn ansonsten Konjunktiv-Formen von Vollverben in 2. Person Singular oder Plural zu wählen wären. Formen der 2. Person werden – vor allem heutzutage – überwiegend in mündlicher Kommunikation gebraucht, und dabei sind, insbesondere in Alltagsgesprächen, die periphrastischen Formen oft den leicht verschroben wirkenden Konjunktiv-Formen vorzuziehen.

Fazit

Bei indirekter Redewiedergabe mit Verbzweitsätzen liegt man nie falsch, wenn man, wo immer dies verwechslungsfrei möglich ist, Konjunktiv-Präsens-Formen wählt, also etwa:

  • ich sei
  • du habest
  • es gehe
  • ihr machet

Findet sich keine eindeutig bestimmbare Konjunktiv-Präsens-Form, sollte man, sofern man aus stilistischen Gründen nicht auf periphrastische Form (etwa: würden gehen, täte lügen) zurückgreifen will, stattdessen eine Konjunktiv-Präteritum-Form wählen, also etwa:

  • wir trügen
  • sie dächten

Dies ist grundsätzlich auch dann möglich, wenn die Konjunktiv-Präteritum-Form formgleich ist mit einer Indikativ-Präteritum-Form, denn im Kontext indirekter Redewiedergabe bringt diese Form, wie sich etwa bei folgendem Beispiel eindeutig zeigt, keine Vorzeitigkeit zum Ausdruck:

Sie sagt, sie gingen heute nachmittag zusammen ins Kino.

Im Rahmen eines lockeren, informellen Gesprächs kann man jedoch anstelle etwas konstruiert klingender Konjunktiv-Formen die in Schriftform meist gemiedenen würde-Formen wählen, im tiefen Süden gern auch mal eine täte-Periphrase.

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Bruno Strecker
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