Will man – natürlich möglichst unverfälscht! – wiedergeben, was ein anderer oder auch man selbst zuvor gesagt hat, gilt es in jedem Fall zweierlei zu tun:
Das hört sich, so beschrieben, schwierig an, gehört aber, wie die folgenden Beispiele zeigen, zu jedermanns täglicher Routine:
Häufig – allerdings nicht immer – wird zur Beschreibung des wiederzugebenden Sprechakts ein Verb gewählt. Möglich sind daneben auch Beschreibungen des Kontextes, in dem es zu dem Sprechakt oder der Folge von Sprechakten gekommen ist, etwa so:
Probleme mit einer Redewiedergabe haben meist sachliche Gründe. Richtig ernst werden sie, wenn bestritten oder bezweifelt wird, dass, was als Wiedergabe vorgebracht wird, überhaupt gesagt wurde. Mit grammatischen Fragen hat dies natürlich wenig zu tun. Das ändert sich, wenn zwar nicht bestritten wird, dass etwas gesagt wurde, wohl aber, dass damit getan wurde, was der Wiedergebende offenbar annimmt. Von sachlichen Verfälschungen abgesehen, ist hier vor allem die Wahl der Ausdrücke von Interesse, mit denen die ursprüngliche Äußerung beschrieben wird, denn damit kann der Wiedergebende diese Äußerung auf verschiedene Weisen qualifizieren.
Wählt man etwa sagen oder äußern, gerät die Einschätzung neutral und unproblematisch, wählt man hingegen, wie etwa im ersten der obigen Beispiele das Verb unterstellen, wird der Einschätzung möglicherweise widersprochen werden. Doch auch wenn es darüber zum Streit kommt, wird man nicht gleich Grammatiker zu Rate ziehen. Sie sind in Sachen Redewiedergabe erst gefragt, wenn geklärt werden soll, welche Form oder Formen die Wiedergabe des Wortlauts anzunehmen hat.
Grundsätzlich kann Rede auf zweierlei Weisen wiedergegeben werden:
Die Querstriche in den Beispielen weisen darauf hin, dass alternative Formulierungen zu beobachten sind. Nicht nur Lerner des Deutschen als Fremdsprache sehen sich dazu veranlasst zu fragen, ob denn all diese Formulierungen gleichermaßen korrekt seien und welche zu wählen wären, wenn man gutes Deutsch sprechen und schreiben wolle.
Liegt eine Wiedergabe in Form eines Dass-Satzes vor, oder plant man eine solche, kann die Antwort eher liberal ausfallen, denn – das zeigen Untersuchungen großer Textkorpora - man kann hierbei kaum etwas falsch machen, allenfalls wird man sich etwas ungewöhnlich oder antiquiert ausdrücken. Dem Dass-Satz muss zwingend ein Redewiedergabe-Verb voran gehen, und die Einleitung mittels dass weist, was ihr folgt, eindeutig als wiedergegeben aus. Die Form des Verbs im wiedergegebenen Satz – der Verbmodus (Indikativ, Konjunktiv-Präsens, Konjunktiv-Präteritum) bewirkt hier überwiegend stilistische Nuancen.
Bei indirekter Redewiedergabe mit Verbzweitsätzen ist die Sachlage weniger klar, denn dabei kann es in bestimmten Fällen zu ernsthaften Missverständnissen kommen, wenn der Verbmodus nicht korrekt gewählt wird. Noch vergleichsweise unproblematisch ist die Wahl des Verbmodus, wenn der Wiedergabe ein Redewiedergabe-Verb voran geht, in diese parenthetisch eingefügt wird oder ihr unmittelbar folgt:
Bei exemplarischen Recherchen zum Verbmodus nach Formen des Redewiedergabe-Verbs sagen, zeigte sich zwar ein sehr deutliches Übergewicht an Konjunktiv-Präsens-Formen (sei, habe, müsse, solle, ...), doch insbesondere bei Formen der 1. Person und allgemein des Präsens (ich sage/sagte, sie sagt) finden sich durchaus auch Indikativ-Formen. Hier tabellarisch-exemplarisch einige Beobachtungen zum Modusgebrauch:
Wiedergabe folgt auf Formen des Redewiedergabe-Verbs sagen
V2-Satz | sage1 | sage2 | sage3 | sagst | sagt | sagte4 | sagtest | gesagt |
ist | 71 | 0 | 0 | 2 | 355 | 102 | 1 | 246 |
sei | 4 | 62 | 0 | 1 | 817 | 5425 | 1 | 246 |
wäre | 3 | 6 | 0 | 1 | 65 | 186 | 1 | 68 |
hat | 10 | 0 | 0 | 0 | 124 | 34 | 0 | 79 |
habe | 0 | 22 | 0 | 0 | 724 | 5674 | 0 | 498 |
hätte | 0 | 5 | 0 | 0 | 72 | 207 | 0 | 96 |
kann | 11 | 0 | 1 | 0 | 83 | 21 | 0 | 73 |
könne | 1 | 9 | 0 | 0 | 104 | 943 | 0 | 147 |
könnte | 0 | 0 | 0 | 0 | 20 | 65 | 0 | 24 |
muss5 | 7 | 0 | 0 | 0 | 83 | 29 | 0 | 71 |
müsse | 0 | 0 | 0 | 1 | 75 | 746 | 0 | 121 |
müsste5 | 0 | 0 | 0 | 1 | 5 | 18 | 0 | 15 |
darf | 0 | 0 | 0 | 0 | 2 | 5 | 0 | 2 |
dürfe | 0 | 0 | 0 | 0 | 6 | 64 | 0 | 7 |
dürfte | 0 | 0 | 0 | 0 | 2 | 4 | 0 | 2 |
Gesucht wurde hier nach sage als Form der 1. Person Indikativ Einzahl, also ich sage.
Gesucht wurde hier nach sage als Imperativform, wie etwa in Sage niemals nie!.
Gesucht wurde hier nach sage als Form der 3. Person Konjunktiv Präsens Einzahl, wie etwa in Da sage einer, Mannheim wäre kein gutes Pflaster. oder in Man hört, der Minister sage jedem, der es hören will, er hätte nicht vor zurückzutreten.
Auch bei sagte hätte strenggenommen eine Unterscheidung vorgenommen werden müssen (1. Person und 3. Person Indikativ Präteritum, doch dies wäre in Anbetracht der verfügbaren Suchmöglichkeiten und der Datenfülle nur mit großem Zeitaufwand zu bewältigen gewesen. Da jedoch, wie eine generelle Überprüfung der Daten ergab, nur in 0,3 % aller Fälle die 1. Person vorlag, glaubten wir, darauf verzichten zu können.
Gesucht wurden neben muss und musste auch Vorkommen in früherer Schreibweise, also muß und mußte.
Wiedergabe vor Redewiedergabe-Verb sagen
V2-Satz | sagt | sagte | gesagt |
ist | 94 | 25 | 0 |
sei | 364 | 682 | 1 |
wäre | 11 | 20 | 1 |
hat | 44 | 13 | 0 |
habe | 189 | 350 | 1 |
hätte | 17 | 22 | 0 |
Den folgenden Suchergebnissen liegt ein auf der Basis der Korpora des Instituts für Deutsche Sprache erstelltes virtuelles Korpus SPRECHAKTVERBEN zugrunde, das ausschließlich Sätze enthält, in denen mindestens eine Form eines der folgenden Verben auftrat:
Redewiedergabe-Verb inmitten der Wiedergabe
Konjunktiv-Präsens | 142 |
Konjunktiv-Präteritum | 14 |
Indikativ | 67 |
würde-Periphrase | 6 |
Redewiedergabe-Verb vor der Wiedergabe
Konjunktiv-Präsens | 3881 |
Konjunktiv-Präteritum | 391 |
Indikativ | 1886 |
würde-Periphrase | 148 |
Redewiedergabe-Verb nach der Wiedergabe
Konjunktiv-Präsens | 2281 |
Konjunktiv-Präteritum | 262 |
Indikativ | 1219 |
würde-Periphrase | 61 |
Die Freiheit der Variation endet allerdings selbst hier mit dem ersten wiedergegebenen Satz. Reicht die Wiedergabe über die Satzgrenze hinaus, sind Indikativformen nicht zulässig, und dies nicht etwa nur, weil eine wie immer zu begründende Norm das so will, sondern, weil nur so zu gewährleisten ist, dass auch die folgenden Ausführungen als Wiedergabe verstanden werden.
Vor allem, wenn eine indirekte Redewiedergabe, wie oben angesprochen, ganz ohne explizite Beschreibung des Sprechakts auskommt, verbieten sich bei der Wiedergabe Indikativformen. Hier ein etwas längeres Beispiel:
Die Indikativformen bevorzugt und stimmt stehen hier genau vor Beginn und nach Ende der Redewiedergabe. Das Beispiel zeigt auch, wie in anspruchsvolleren Medien bei der Wiedergabe mit den Formen des Konjunktiv-Präsens und des Konjunktiv-Präteritum umgegangen wird: Wo Konjunktiv-Präsens-Formen eindeutig als solche zu erkennen sind, werden sie gewählt.
Wo dies aufgrund der Formengleichheit von Indikativ- und Konjunktiv-Formen nicht gegeben ist, wird auf Konjunktiv-Präteritum-Formen ausgewichen und zwar selbst dann, wenn diese ihrerseits formgleich mit Indikativ-Präteritum-Formen sind:
Für den Gebrauch von Indikativ- und Konjunktiv-Formen bei indirekter Redewiedergabe mit Verbzweitsätzen kann dies nicht nur als musterhaft, sondern sogar als geboten gelten. Wer einfache Regeln bevorzugt, mag sich daran auch halten, wo dies, wie oben ausgeführt, nicht zwingend scheint.
Ausgespart bleibt so weit freilich der Gebrauch von sogenannten würde- und täte-Periphrasen als alternativen Ausdruckformen
Diese Formen sind im Bereich schriftlicher Textproduktion weitgehend einer nachhaltigen Sprachkritik zum Opfer gefallen und wohl deshalb in den Textkorpora des Instituts für Deutsche Sprache bei indirekten Redewiedergaben mit Verbzweitsätzen nur schwach vertreten. Auf Formen von sagen folgen nur 205 würde-Periphrasen, an täte-Periphrasen finden sich gerade mal drei:
Im Alltag erfreuen sich solche Periphrasen gleichwohl großer Beliebtheit, insbesondere, wenn ansonsten Konjunktiv-Formen von Vollverben in 2. Person Singular oder Plural zu wählen wären. Formen der 2. Person werden – vor allem heutzutage – überwiegend in mündlicher Kommunikation gebraucht, und dabei sind, insbesondere in Alltagsgesprächen, die periphrastischen Formen oft den leicht verschroben wirkenden Konjunktiv-Formen vorzuziehen.
Bei indirekter Redewiedergabe mit Verbzweitsätzen liegt man nie falsch, wenn man, wo immer dies verwechslungsfrei möglich ist, Konjunktiv-Präsens-Formen wählt, also etwa:
Findet sich keine eindeutig bestimmbare Konjunktiv-Präsens-Form, sollte man, sofern man aus stilistischen Gründen nicht auf periphrastische Form (etwa: würden gehen, täte lügen) zurückgreifen will, stattdessen eine Konjunktiv-Präteritum-Form wählen, also etwa:
Dies ist grundsätzlich auch dann möglich, wenn die Konjunktiv-Präteritum-Form formgleich ist mit einer Indikativ-Präteritum-Form, denn im Kontext indirekter Redewiedergabe bringt diese Form, wie sich etwa bei folgendem Beispiel eindeutig zeigt, keine Vorzeitigkeit zum Ausdruck:
Im Rahmen eines lockeren, informellen Gesprächs kann man jedoch anstelle etwas konstruiert klingender Konjunktiv-Formen die in Schriftform meist gemiedenen würde-Formen wählen, im tiefen Süden gern auch mal eine täte-Periphrase.