Wann? Zu Ostern, an Ostern oder nur Ostern? — Präpositionen vor Feiertagen

Zu Ostern färbt man Ostereier;
damit werden die Kinder beschenkt;
sie bekommen auch wol solche
von ihren Pathen geschenkt,
bunt gemalt und beschrieben […]
(Adalbert Kuhn 1859)

Wer Ostern festlich begeht oder auf dem Land verbringt, hat kein Problem: Er braucht erst gar kein Verhältniswort, gar keine Präposition wie zu oder an. Wer aber mit "wann?" befragt wird, der hat die Qual der Wahl.

Die Varianten

(1) Wenn die Glocken läuten, strömen die Gläubigen nun wieder in Scharen herbei – ein Bild, wie sonst nur an Weihnachten oder zu Ostern gesehen. (Die Zeit, 20.4.2006, o.S.)
(2) Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes. Aber Jesus' Geburt an Weihnachten und Tod und Leben an Ostern machen mehr her als der Heilige Geist und die Geburt der Kirche. (Die Zeit, 22.7.2004, S. 43)
(3) Der Bootsverleih will Ostern öffnen, die Minigolfanlage startete bereits ins Frühjahr. (Berliner Zeitung, 4.4.2001, S. 3)

Gar nicht so selten heißt es in solchen Kontexten auch auf Ostern.

(4) Geschätzte 13 bis 15 Millionen Schokoladenhasen werden laut Chocosuisse, dem Verband Schweizer Schokoladefabrikanten, jedes Jahr auf Ostern produziert. (St. Galler Tagblatt, 6.3.2008, S. 26)
(5) Ostern ist der Höhepunkt und die Quelle des ganzen liturgischen Jahres: von Ostern geht alles aus und auf Ostern kehrt alles zurück. (www.ocist.org/fasten03.htm, Juni 2009)
(6) Die Fastenzeit lädt uns [...] auf Ostern zu verstärkter innerer Sammlung und Ernsthaftigkeit des Lebens ein. (www.stehaufundgeh.ch, Juni 2009)
(7) Ich selber habe mir gestern dann mal die gute Dove Schokolade gegoennt und auf Ostern gleich zwei Packungen gegessen. (www.asien-special-tours.de/blog, Juni 2009)
(8) Fleisch und Speck kam von den eigenen Schweinen, von denen auf Weihnachten und auf Ostern eines geschlachtet wurde. (www.breisnet-online.de, Juni 2009)

Auch historisch lässt sich auf Ostern gut nachweisen.

(9) Meine Rebellion wird schwerlich auf Ostern erscheinen, theils weil es an gutem Papier fehlt, theils weil ich sie nicht in so viele Lieferungen verzetteln mag. (Schiller an Körner 1788, www.wissen-im-netz.info/literatur/schiller/briefe/1788/178802231.htm)
(10) Noch weiß ich nicht, wie es weiter mit mir werden wird: Alles will mich auf Ostern nach Rom zurück haben. (Goethe (1813-1816): Italienische Reise. Werke, Bd.11, S. 205)
(11) Mit dem Anfange dieses Jahres sollte der zweite Theil meiner Werke, und auf Ostern der dritte erscheinen. (Jacobi an Roth 1827, S. 436, www.google.books.de)
(12) Meine Lehrzeit war oder ist zu oder auf Ostern um. (Bauer (1830): Vollständige Grammatik, S. 544, www.google.books.de)
(13) Wiewohl ich in meinem letzten halben Jahr studierte und gedachte auf Ostern oder im Sommer abzugehen, so war doch die Aussicht einer näheren Verbindung mit Savigny selbst und die Reise nach Frankreich [150] reizend genug, dass ich mich gleich entschied und nichts Eilenderes zu thun hatte, als Briefe an Mutter und Tante abzusenden, die mir ihre Einwilligung erbitten sollten. (Grimm (1831): Selbstschilderung, S. 148, www.zeno.org)

Wie man gleich am ersten Beleg des Osterblocks sieht, gilt die Qual der Wahl auch zu oder an anderen Fest- und Feiertagen.

Weihnachten

(14) So herrscht zu Weihnachten Frieden im deutsch-englischen Verhältnis. (Stern, 24.12.2007, o.S.)
(15) Muss an Weihnachten Einigkeit herrschen? (Die Zeit, 23.12.2008, o.S.)
(16) Die fünf ehemaligen Mitglieder der Frauenband, Geri Halliwell, Victoria Beckham, Mel B, Mel C und Emma Bunton, haben sich nach einem Bericht der "Sun" darauf geeinigt, ein Greatest-Hits-Album auf den Markt zu bringen. Die Scheibe soll Weihnachten erscheinen. (www.welt.de, 12.1.2004)

Heiligabend

(17) Der Berliner Dom in Mitte ist einer der prächtigsten Kirchenbauten der Stadt. Dort finden zu Heiligabend sechs Gottesdienste statt. (Berliner Zeitung, 22.12.1997, S. 32)
(18) Familie Hintermüller sitzt wie jedes Jahr an Heiligabend vor dem Weihnachtsbaum und singt Weihnachtslieder. (Die Zeit, 29.12.2005, o.S.)
(19) Die Sonne kommt Heiligabend kaum zum Vorschein, örtlich fällt Sprühregen. (Rhein-Zeitung, 24.12.2005, o.S.)

Pfingsten

(20) Jedes Jahr wieder: ADAC und Landesbetrieb Straßenwesen rechnen zu Pfingsten mit Staus. (www.tagesspiegel.de, 29.5.2009)
(21) TSG Bürgel erwartet an Pfingsten 375 Gäste. (www.tsg-buergel-turnen.de, 7.11.2008)
(22) Mahrzahner Mühle erwartet Pfingsten große und kleine Mühlenfreunde. (www.berlin.de, 2.6.2003)

Aschermittwoch

(23) Waren das Zeiten, als gute Christen zu Aschermittwoch ihr mittelalterliches Büßerkleid anlegten und sich mit Fastenspeisen ernährten. (Neue Kronen-Zeitung, 13.2.1997, S. 6)
(24) Nach einem Aushang in der Klieburghalle meldeten sich insgesamt 16 Laienschauspieler im Alter zwischen 19 und 70 Jahren, so daß man sich genau an Aschermittwoch erstmals an die Probenarbeit machen konnte. (Rhein-Zeitung, 11.10.1997, o.S.)
(25) Schröder kommt Aschermittwoch. (die tageszeitung, 19.1.2005, S. 1)

Himmelfahrt

(26) Heute, zu Himmelfahrt, haben sich die Öffnungszeiten teilweise geändert. (Nürnberger Zeitung, 5.5.2005, o.S.)
(27) Der Regen wird wärmer. Heute 21 Grad. Aber übermorgen, an Himmelfahrt, soll angeblich die Sonne scheinen. (die tageszeitung, 7.5.2002, S. 22)
(28) Jens Heppner will Himmelfahrt seinen Vorjahressieg beim Straßenrennen in der Nordheide wiederholen. (www.abendblatt.de, 18.5.2004)

Neujahr

(29) Fast alle in den grossen Industriezentren Schanghai und Ningbo lebenden Arbeiterinnen und Arbeiter stammen aus dem Hinterland und reisen einmal im Jahr, immer zu Neujahr, für ein bis zwei Wochen nach Hause. (St. Galler Tagblatt, 6.3.2008, S. 47)
(30) Millionen von Chinesen aus China oder Übersee, die von ihren Familien getrennt leben, reisen an Neujahr zurück in ihre Heimatdörfer, weshalb es zu riesigen Wanderbewegungen kommt. (www.zuonline.ch, 15.2.2007)
(31) Wintersportzüge fahren Neujahr. (www.sz-online.de, 28.12.2007)

Silvester

(32) Sonntags fährt der Berliner mit seinem Auto auf einen der Parkplätze im "Tal", packt den Klappstuhl und die Stullen aus und erinnert sich, daß er hier früher zu Silvester hochgestiegen ist, weil man oben das Feuerwerk in der City am besten sehen konnte. (Frankfurter Rundschau, 02.07.1997, S. 6)
(33) Am wunderlichsten unter den Neulingen sind die jungen Blatthuhnküken. Die drei sind an Silvester geschlüpft. (Zürcher Tagesanzeiger, 20.01.2000, S. 19)
(34) Technik: Der Transrapid soll Silvester in Shanghai seine erste Probefahrt machen (Die Zeit, 14.11.2002, S. 16)

Auch hier finden sich wieder einige auf-Belege, darunter einige in unmittelbarer Nachbarschaft zu anderen Präpositionen, zum Beispiel zum Geburtstag, zum Dienstjubiläum oder auf Weihnachten.

(35) Verwöhnen Sie Ihren Chef oder Ihre Angestellten zum Geburtstag, zum Dienstjubiläum oder auf Weihnachten mit einem Rundflug (www.speditionsbuch-info.de, Juni 2009)
(36) Ein wirklich schönes Spiel welches man auch "nichtfreaks" zumuten kann. Unbedingt kaufen, oder auf Weihnachten schenken lassen. (www.spielbox.de/spielarchiv/leser/carcassonne.htm, Juni 2009)
(37) Das iPhone kommt auf Weihnachten 2007, also noch ein ganzes Jahr, in dem sich UMTS mehr und mehr durchsetzen wird. (board.gulli.com, Juni 2009)
(38) Die Fleischer halten auf Aschermittwoch ihren Brudertag in St. Remigius. (www.rosenmontag.de/www/historbn4.php, Juni 2009)
(39) Scheint auf Himmelfahrt die Sonne, bringt der Herbst uns große Wonne. (www.garten-literatur.de, Juni 2009)

Ursachen der Varianz

1. Die präpositionslose Variante

Auffällig ist, dass Journalisten in Artikelüberschriften häufig die präpositionslose Variante wählen. Das liegt wohl vor allem daran, dass Überschriften kurz und knackig sein sollen. Typische Überschriften sind:

(40) Windows 7 soll Weihnachten 2009 erscheinen (www.pcwelt.de, November 2008)
(41) Vier-Sterne-Haus will Pfingsten eröffnen (www.business-travel.de/news, Juni 2009)
(42) Papi muss Neujahr in den Knast (www.bild.de, 24.12.2006)

2. Die Varianten mit zu und an

Kann man mit zu oder an Verschiedenes ausdrücken?

Zeitliche Präpositionen sind bedeutungsverwandt mit räumlichen; wir denken uns ja die Zeit als Raum. Die Präpositionen zu und an lassen sich sowohl zeitlich als auch räumlich verwenden (siehe Leys 1994, Nüse 2007): Ob jemand zum Ufer oder ans Ufer spaziert, bleibt sich gleich. Es gibt hier aber einen Unterschied im Kasus: In diesem dynamisch-direktionalen Kontext („wohin?“) folgt nach zu der Dativ, nach an der Akkusativ. Folgt nach an dagegen eine Dativ-Konstruktion, dann handelt es sich um einen statisch-situierenden Kontext („wo?“): Ich spaziere am Ufer. Damit ist an eine Wechselpräposition, bei der mit unterschiedlichem Kasus ein Bedeutungsunterschied einhergeht. Entsprechend empfinden wir mitunter auch in zeitlichen Zusammenhängen einen Bedeutungsunterschied zwischen zu und an; zu+Dativ vereint nämlich die statisch-situierende Lesart mit der dynamisch-direktionalen Lesart, die an+Dativ fehlt. So könnten die Chinesen, die in Beispielsatz 29 immer zu Neujahr nach Hause reisen, auch schon ein paar Tage vorher reisen; reisen sie in Beispielsatz 30 dagegen an Neujahr nach Hause, dann genau am Neujahrstag. Rechnet der ADAC in Beispielsatz 20 zu Pfingsten mit Staus, könnten die Tage zu Pfingsten hin mit gemeint sein; rechnet er an Pfingsten mit Staus, ist nur von den Pfingstfeiertagen die Rede.

Warum also ein Sprecherschreiber zu oder an wählt, ist manchmal von der Bedeutung her begründet. Gibt es noch andere Gründe?

Unterscheiden sich zu und an im regionalen Gebrauch?

Immer mal wieder werden regionale Unterschiede vermutet, die sich aus den getrennten Wegen der Regionalsprachen ergeben haben: "An Weihnachten sagt man vor allem in Süddeutschland, während in Norddeutschland zu Weihnachten gebräuchlich ist" (www.spiegel.de, Juni 2009). Die Variantengrammatik bestätigt diese Tendenz und deckt darüber hinaus auch Unterschiede zwischen Österreich und den angrenzenden Sprachregionen auf:

Aus: Variantengrammatik des Standarddeutschen (2018). http://mediawiki.ids-mannheim.de/VarGra/index.php/An_/_zu_%2B_Feiertage.

All das spiegelt sich im Deutschen Referenzkorpus (DeReKo). Dessen Belege stammen zu einem großen Teil aus regionalen Zeitungen und sind damit eine ganz gute Vergleichsbasis für Nord-Süd-Unterschiede — selbst wenn man davon ausgeht, dass sich Journalisten aus dem Süden in den Norden verirrt haben könnten und umgekehrt. Zwar lassen sich durchaus zahlreiche zu-Belege auch im Süden, zahlreiche an-Belege auch im Norden nachweisen:

  • Südbelege mit zu
(43) Die Organisation der Corona-Impfungen war zu Ostern vom Krisenmodus in die reguläre Versorgung in den Praxen übergegangen. (Nürnberger Nachrichten, 19.09.2023, S. 2)
(44) Die Tatsache, dass zu Ostern Eier gefärbt, verschenkt und verspielt wurden, hat weniger magische als praktische Gründe. (St. Galler Tagblatt, 10.4.2001, o.S.)
(45) Und zu Ostern kommt um das Glück in Form von süßen Eiern und Hasenfiguren erst recht kaum jemand herum. (Mannheimer Morgen, 7.4.2007, o.S.)
  • Nordbelege mit an
(46) Man bekommt an Ostern Ostereier und Geschenke. (Braunschweiger Zeitung, 12.3.2008, o.S.)
(47) Im Dezember und Januar sowie an Ostern kann es an den Stränden sehr voll werden. (Hannoversche Allgemeine, 24.11.2007, S. 3)
(48) Ein Düsseldorfer Pfarrer bot an Ostern authentisches Auferstehungsfeeling - und ließ die Leute in einem frisch ausgehobenen Grab Probe liegen. (Hamburger Morgenpost, 26.3.2008, S. 20)

Statistisch ist aber insgesamt eine Tendenz zum nördlichen zu und südlichen an erkennbar:


Tendenz zu zu im Norden

zu Osternan Ostern
Berliner Morgenpost1.588403
Hamburger Abendblatt1.406256
Kieler Nachrichten34662
Nordkurier3.887187
Nordwest-Zeitung1.393423
Gesamt8.6201.331


Tendenz zu an im Süden

zu Osternan Ostern
Münchner Merkur1.3431.529
Passauer Neue Presse2.1192.987
St. Galler Tagblatt5181.556
Stuttgarter Zeitung7041.020
Südwest Presse469756
Gesamt5.1537.848

Unterscheiden sich zu und an in ihrer allgemeinen Sprachüblichkeit?

Feiertagsübergreifend und ohne regionale Balancierung sind die Ergebnisse im Gesamtkorpus alles andere als eindeutig: Mal gibt es eine Tendenz zu zu, nämlich bei Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten und Weihnachten, mal eine zu an, nämlich bei Heiligabend, Aschermittwoch, Silvester und Neujahr (für die beiden letztgenannten Feiertage allerdings nur hauchdünn). Bei Heiligabend und Aschermittwoch steuert wohl auch der etablierte Gebrauch von am Abend und am Mittwoch die Tendenz zur Präposition an.

zu Ostern58.963an Ostern24.564
zu Himmelfahrt4.139an Himmelfahrt2.650
zu Pfingsten29.387an Pfingsten17.356
zu Weihnachten133.417an Weihnachten60.821
zu Heiligabend4.079an Heiligabend39.837
zu Aschermittwoch287an Aschermittwoch1.765
zu Silvester28.819an Silvester30.542
zu Neujahr6.510an Neujahr7.060

Die Belegzahlen wurden im Juni 2024 mit KorAP ermittelt. Es gilt zu beachten, dass das Gesamtkorpus weder regional oder medial, noch nach einem anderen Kriterium ausgewogen ist. Die Belege wurden nicht in Gänze durchgesehen und geprüft; deshalb sind hier auch einige nicht zur Frage gehörende Sätze subsummiert des Typs Ich gebe zu: Himmelfahrt ist ein tolles Fest oder Ich erinnere mich gerne an Weihnachten. Das beeinflusst die Zahlenverhältnisse aber nicht wesentlich.

Fazit

Man kann auf eine wann?-Frage mit zu Ostern, an Ostern oder mit Ostern antworten. Eine Motivation für die letzte Variante ist deren Kürze. Die Varianten mit zu und an sind oft regional bedingt und können gelegentlich bedeutungsverschieden empfunden werden.

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Autor(en)
Elke Donalies
Bearbeiter
Roman Schneider
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