Allgemeine sein-Konverse und nicht-konverse Zustandsformen
Neben dem sein-Passiv finden sich im Deutschen allgemeine sein-Konversen, die wie diese zu entsprechenden Aktiv-Konstruktionen konvers sind, zu denen jedoch kein entsprechendes werden-Passiv existiert:
[Mannheimer Morgen, 20.02.1999, Lokales; Alle Aniliner wieder wohlauf]
zu:
aber nicht:
Typisch für die allgemeine sein-Konverse ist, dass das Pendant des Aktiv-Subjekt in der Regel nicht mit einer von-Phrase angeschlossen wird, sondern mit anderen Präpositionen wie in, an, über:
[die tageszeitung, 30.07.1988, S. 18-20; Von den Lügnern, den besseren Göttern]
zu:
[Berliner Zeitung, 28.10.1997, Politik, S. 4]
zu:
Tritt bei diesen Verben, die kognitive oder emotionale Beziehungen zwischen Gegenständen und Personen bezeichnen, ein werden-Passiv auf, dann liegt eine Konverse zu einer aktivischen Konstruktion mit personalem, agentivem Subjekt vor:
ist konvers zu:
nicht zu:
Als allgemeine sein-Konversen sind auch einzustufen:
Ein werden-Passiv ist hier kaum möglich.
Nicht-konverse Zustandsformen schließlich ergeben sich als Entsprechungen zu Aktivsätzen mit Reflexiva.
versus:
Miriam ist in Markus verliebt.
versus:
versus:
Weitere Beispiele für nicht-konverse Zustandsformen zu reflexiv gebrauchten Verben sind: jemand ist angeschnallt, entschlossen, abgehetzt, emanzipiert, erkältet, überarbeitet.
Lexikalisierte reflexive Verben erlauben keine Zustandsform:
versus:
versus:
Potentiell kann es aufgrund der Oppositionen [± grammatische Konversion] und [± Zustandsform] zu einem Verb vier Konstruktionstypen geben. Verben wie informieren oder waschen weisen ein solches viergliedriges Feld auf:
- gr.
Konv. - Zustandsf. | + gr.
Konv. - Zustandsf. | - gr.
Konv. + Zustandsf. | + gr.
Konv. + Zustandsf. |
Aktiv | werden-Passiv | nicht-konv. Zustandsf. | sein-Passiv |
a
wäscht b a wäscht sich | b
wird gewaschen --- | --- a ist gewaschen | b
ist gewaschen --- |
Bei den Verben, die kognitive oder emotionale Beziehungen zwischen Gegenständen und Personen bezeichnen, ergibt sich eine Verteilung, bei der im Aktiv (in der Regel mit der Reflexivform) eine lexikalische Konverse vorliegt. Häufig werden bei diesen Verben anstelle der Partizipien der Simplizia Formen der Präfixverben suppletiv verwendet:
- gr.
Konv. - Zustandsf. | + gr.
Konv. - Zustandsf. | - gr.
Konv. + Zustandsf. | + gr.
Konv. + Zustandsf. |
Aktiv | werden-Passiv | nicht-konv. Zustandsf. | sein-Passiv |
a ärgert b | b wird von a geärgert | --- | [b ist über a verärgert] |
a
empört b b empört sich über a | --- --- | --- b ist über a empört | b
ist über a empört --- |
a
erschreckt b b erschrickt über a | b wird von a
erschreckt --- | --- b ist über a erschrocken | b
ist erschreckt --- |
Zu beachten ist, dass sein-Konversen wie b ist über a verärgert und b ist über a empört nur dann mit den entsprechenden Aktivsätzen in etwa gleichbedeutend sind, wenn das Subjekt des Aktivsatzes keine handelnde Person bezeichnet:
Die genannten Zustandsformen mit sein können nicht nur unter Betonung des Aspektes 'Zustand', sondern auch unter Betonung des Aspektes 'Charakterisierung eines Gegenstandes' verwendet werden. Bei transformativen Fällen wird dies besonders deutlich:
Partizipien bestimmter Verben, etwa solcher mit effiziertem Objekt reichen allein nicht zur Charakterisierung aus. Sie können nur in Verbindung mit bestimmten Adverbialia zur Charakterisierung verwendet werden:
Ohne Adverbiale ist nur die Zustandslesart möglich:
Meist im Sinne einer Charakterisierung - zwingend mit Orts- oder Zeitadverbiale - wird das sein-Passiv von gebären verwendet: