Perfektpartizipien als Postpositionen?
Das Konnektorenmerkmal M2 - x vergibt keine Kasusmerkmale an seine syntaktische Umgebung - , durch das indirekt Nominalphrasen als Kokonstituenten von Konnektoren ausgeschlossen werden, erscheint angesichts der folgenden Beispiele als fragwürdig:
[THM/Mann, Erzählungen, S. 690]
[Computer Zeitung 05.12.1996, S. 18]
[Rheinischer Merkur 89.07.28, S. 4]
Die Verbzweitsatz-Einbetterangenommen, unterstellt und vorausgesetzt scheinen hier einen Kasus an die jeweils vorausgehende Nominalphrase zu vergeben, und damit das Konnektorenkriterium M2 zu verletzen. Bei diesen Nominalphrasen lässt sich wegen fehlender Flexionsmarkierung nicht genau feststellen, ob sie im Nominativ oder im Akkusativ stehen. Nominalphrasen mit eindeutiger Kasusmarkierung werden von Sprechern unterschiedlich beurteilt: fünf von zehn Befragten erscheinen nominativische Nominalphrasen fragwürdig bzw. fragwürdiger als akkusativische, drei von zehn Befragten dagegen beurteilten die Beispiele genau umgekehrt, zwei Befragte lehnten alle Beispiele völlig ab:
Dass die Mehrzahl der Befragten den Akkusativ bevorzugt, weist darauf hin, dass angenommen, unterstellt und vorausgesetzt sich hier als Köpfe von Partizipialphrasen verhalten. Allerdings fungieren diese Partizipialphrasen nicht als Modifikatoren zu einer spezifischen Konstituente des Satzes, dessen Vorfeld sie bilden. Sie beziehen sich vielmehr auf den Gesamtsatz, von dem sie eine Konstituente bilden, fungieren dort also - wie Verbzweitsatz-Einbetter und eingebettetes Konnekt - als Satzadverbiale. Darin unterscheiden sie sich z.B. von Partizipialphrasen wie mit seinem Kummer allein gelassen in Das Kind, mit seinem Kummer allein gelassen, schrie fürchterlich. In diesem Satz fungiert die Partizipialphrase als Attribut zu das Kind. Während jedoch z.B. mit seinem Kummer allein gelassen in dem genannten Satz im Sinne von das mit seinem Kummer allein gelassen worden ist, d.h. als Weglassung semantisch armer Konstituenten aus einer Satzstruktur, interpretiert werden kann, ist eine Weglassungsinterpretation der Partizipialphrasen für die fraglichen Konstruktionen nicht möglich. Hier würde jegliche Expansion der Partizipialphrase eine andere Interpretation des Gesamtsatzes ergeben:
Die Unmöglichkeit, solche Partizipialphrasen auf eine Satzstruktur zurückzuführen, rechtfertigt u.E. hinreichend, für diese einen eigenständigen Typ von Partizipialphrasen mit einem den Akkusativ regierenden Perfektpartizip anzunehmen, das sich in Richtung auf eine den Akkusativ regierende Postposition entwickelt. Für diesen Typ muss dann allerdings eine spezifische Regel der semantischen Interpretation angesetzt werden, die nicht nur die semantische Beziehung zwischen dem Partizip und der von diesem regierten Nominalphrase auf der Grundlage der zugrunde liegenden Verbbedeutung spezifiziert, sondern auch die semantische Beziehung der Partizipialphrase zu dem Rest des Satzes, von dem sie eine Konstituente ist. Die zugeordnete semantische Interpretation müsste besagen, dass p eine Bedingung für q ist, wobei p die Bedeutung der Nominalphrase repräsentiert und q die Bedeutung des Satzrestes. Auf dieser Grundlage könnten dann auch die Wortgruppen analysiert werden, die aus Verbzweitsatz-Einbetter in Partizipialform und von diesem regiertem Verbzweitsatz gebildet sind, wobei p die Bedeutung des regierten Verbzweitsatzes und q die des Rahmenkonnekts repräsentiert (Für vorausgesetzt müsste die zu interpretierende Bedingung als notwendige, für die restlichen Verbzweitsatz-Einbetter dagegen als hinreichende Bedingung spezifiziert werden, und zwar aufgrund der semantischen Spezifik der einzelnen Konnektoren. Entsprechendes gilt natürlich auch für die Nomina im Akkusativ regierenden Varianten der Perfektpartizipformen.