Mit welchen Mitteln kann Indirektheit zum Ausdruck gebracht werden?

Ob ein Indirektheitskontext und insbesondere eine indirekte Redewiedergabe vorliegt, ist anhand verschiedener Ausdrucksmittel festzustellen.

1) Die indirekte Redewiedergabe findet sich in einem Satz, in dem ausdrücklich angezeigt wird, das es sich um eine Redewiedergabe handelt. Dabei sind folgende Fälle zu unterscheiden:

a) Die indirekte Redewiedergabe wird als Untersatz zu einem Satz formuliert, in dem ein Verb oder Nomen gebraucht wird, das diesen Untersatz als Redewiedergabe ausweist. Dabei kann es sich um einen von einem Subjunktor eingeleiteten Satz (mit dass, ob), um einen Untersatz mit W-Wort oder einen Verbzweit-Untersatz handeln.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Wagner berichtete, niemand habe die Absicht geäußert, beim Parteitag in zwei Wochen gegen Kohl zu kandidieren.
[Rhein-Neckar-Zeitung, 29.8.1989, 1]
Auf die Frage, ob nun der "Familienkrach" in der Partei beendet sei, konnte Kohl keine eindeutige Antwort geben.
[Rhein-Neckar-Zeitung, 28.8.1989, 1]
Sie sei, sagt sie, schließlich nicht versnobt.
[Wolfgang Heim, 1994 in SDR 3: Leute]
Du hast gesagt, es stünde mir so gut.
[Evelyn Hamann in: Loriot, Die Garderobe]

Uneingeleitete Verbzweit-Untersätze und Subjunktorsätze mit dass/ob sind gegeneinander austauschbar. Allerdings scheint nur bei dass/ob-Sätzen eine nicht-wörtliche Redewiedergabe kommunikativ angemessen, während uneingeleitete Untersätze als wörtliche Wiedergabe verstanden werden.

b) Der Satz enthält einen Hinweis auf die Wiedergabe in Form eines Adverbiales oder eines Einschubes.

Nach der Aussage/den Worten des Ministerpräsidenten habe niemand ...
Wie der Ministerpräsident ausführte, habe niemand ...
Niemand habe, so der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Wagner, ...
Auf bestimmte, allen natürlichen Sprachen gemeinsame Strukturen, lehrt der amerikanische Linguist Noam Chomsky, sei jeder Mensch genetisch vorbereitet.
[Spiegel, 39/1990, 115]
2) Die indirekte Redewiedergabe findet sich im Folgekontext eines Satzes, in dem die Wiedergabe mit lexikalischen Mitteln angezeigt wird:

a) Der Folgekontext gehört zu einem Satz der Art [I]. So könnte etwa niemand habe die Absicht geäußert, beim Parteitag in zwei Wochen gegen Kohl zu kandidieren auf diese Weise fortgesetzt werden:

Es sei aber über die Möglichkeit einer Gegenkandidatur gesprochen worden.

b) Die indirekte Redewiedergabe folgt auf einen Satz, in dem lediglich auf die Tatsache einer Originaläußerung abgehoben wird.

Für Aufsehen sorgte der Parteivorsitzende allerdings, als er bereits für Donnerstag eine weitere Präsidiumssitzung ankündigte. Eine verbesserte Teamarbeit des Präsidiums sei das Thema.
[Rhein-Neckar-Zeitung, 29.8.1989, 2]

Lexikalisch angezeigt ist die Wiedergabe auch, wenn die indirekte Redewiedergabe auf einen Satz mit sollen oder wollen folgt:

Gegen Wulf, der einen Untergebenen massiv unter Druck gesetzt haben soll, liegt inzwischen bei der Staatsanwaltschaft eine Anzeige wegen "Nötigung" vor. Obendrein habe es Wulf unterlassen, selbst für eine zügige und umfassende Aufklärung zu sorgen.
[Spiegel, 3/1985, 61]
Entgegen den Aussagen der Pflegekräfte, die ihr das Medikament verabreicht haben, will Berzewski nun Lydia Hagemann nur "in die Voruntersuchung" miteinbezogen haben. Und die sei nicht genehmigungspflichtig.
[Stern, 4/1986, 132]

c) Nicht immer findet sich die Redewiedergabe im unmittelbaren Folgekontext zur Anzeige der Wiedergabe, sondern im Rahmen eines auf Originaläußerungen basierenden Berichts, in dem direkte Redewiedergabe, Tatsachenausagen und indirekte Redewiedergabe einander abwechseln:

Sie parodierte das erhabne Drama der Revolution, um dieselbe durch studierte Ausschweifungen bloßzustellen. Héberts Triumph hätte die Republik in ein Chaos verwandelt, und der Despotismus war befriedigt.
[Büchner: Dantons Tod, S. 20. Digitale Bibliothek Band 1: Deutsche Literatur, S. 6709]
Weder ihren Eltern noch ihren Freundinnen hat sie von ihrer Liebe erzählt: "Ich habe ein Netz von Lügen aufgebaut, wo ich hinfahre, mit wem ich mich treffe", sagt sie. Trotzdem wurde an der Schule über ihre Beziehung getratscht: "Offen gesagt hat's keiner. Das war so widerlich." Nach einem Jahr machte die Lehrerin Schluss. Sie könne den ständigen Zwang zur Lüge, das Leben mit der Angst, nicht mehr aushalten.
[Spiegel, 13/1984, 266]

Zu nennen ist auch eine dritte Form, bei der die Wiedergabe gar nicht angezeigt wird, sondern erschlossen werden muss aus dem Bericht über bestimmte Handlungen oder Einstellungen zu Äußerungen:

Krenz wurde zu sechs Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt, weil er die Todesschüsse an der Mauer mit zu verantworten habe.
Denn er war ja ein Vertreter der ersten Klasse nach dem damaligen Drei-Klassen-Wahlsystem und trat für die allgemeine Demokratie mit ein, die er wesenhaft als Erziehungsaufgabe mit angesehen habe.
[XBA, 3]
Der bullige Mann auf dem Zeugenstuhl gab sich auch nach fünfstündiger Vernehmung noch gelassen - obwohl die auf ihn niederprasselnden Fragen immer neue Ungereimtheiten in seinen Aussagen zu Tage brachten. Er habe sich gar nichts vorzuwerfen, ja vorbildlich gehandelt.
[Spiegel, 3/1989, 137]

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