Zum generativen Erklärungsmodell für Konstruktionen mit Halbmodalen

In der generativen Grammatik wird die Konstruktion mit einem dass-Satz, wie:

(1) Es scheint, dass Hans gewinnt.

als Vorbild für den Gebrauch von Halbmodalen betrachtet. Das heißt, für Hans scheint zu gewinnen wird als zugrundeliegend eine Konstruktion wie (1) angesetzt, jedoch mit infinitem 'Untersatz'. Da in einer infiniten Struktur kein Subjekt realisiert werden kann und das Halbmodale scheinen die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, also - in unserer Terminologie - keinen eigenen Valenzrahmen hat, muss Hans an die übergeordnete Subjektposition bewegt werden:

(1a) Hansi scheint [ti zu gewinnen].

Diese Form der 'Hebung' (Subjekt zu Subjekt) spielt im Deutschen jedoch nur eine geringe Rolle. Man bedenke, dass eine entsprechende Analyse bei den übrigen Halbmodalen nicht trägt; vgl. z. B.:

(2) Hans pflegt zu gewinnen.
(2a) *Es pflegt, dass Hans gewinnt.

Der Satz

(3) Es droht (seit langem), dass Hans gewinnt.

ist zwar grammatisch. Jedoch zeigt die Umformung

(3a) Seit langem droht, dass Hans gewinnt.

gegenüber

(3b) *Seit langem scheint, dass Hans gewinnt.

dass bei scheinen ... dass ein fixes es vorliegt, bei drohen ... dass jedoch ein (weglassbares) Korrelat-es. Somit hat bei drohen der Subjunktorsatz Subjektstatus. Das Subjekt des Obersatzes ist also nicht leer, es kann nichts aus dem Untersatz dorthin bewegt werden.

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