Die leichten und die schweren Endungen finiter Verben

Die Endungen des finiten Verbs werden u.a. differenziert in "leichte" und "schwere" Endungen. Die leichten Endungen -(e) und -(e)n "finden nicht nur in der Konjugation, sondern ebenso in der Deklination der Adjektive, Pronomen und Substantive Verwendung" (Wiese 1994: 164), z.B. wird -(e)n zur Pluralmarkierung verwendet in die schönen Gedanken gefielen ihnen. Die schweren Endungen -(e)t und -(e)st "finden dagegen in der Deklination keine Verwendung. Soweit die Komparation nicht zur Flexion gerechnet wird, sind sie als Flexionsendungen verbspezifisch" (ebd.).

Die verbspezifischen Endungen zeigen meist eine bestimmte Person und einen der beiden Numeri an, während die verbunspezifischen offenbar besonders hinsichtlich der Personmarkierung ambig sind:

Wiese (ebd.: 179) betrachtet eine Form mit leichter Endung wie spielte in diesem Sinne als "hinsichtlich der Person ungekennzeichnete Form", z.B. ich spielte, er spielte, sie spielte (vgl. dazu auch Kloeke 1982 nach Eisenberg 1998: 182), während eine Form mit einer schweren Endung wie spieltest "wegen des Auftretens der schweren Endung -(e)st eine hinsichtlich Person gekennzeichnete Form" sei. In der Tat ist die 2. Person Singular wohl die eindeutigst zuordenbare; "im Unterschied zur 3. Person wird [...] bei Subjekten der 2. Pers.Sg. immer (und nicht nur in prototypischen Fällen), und zwar unabhängig von Tempus und Modus der Verbform, ein Bezug auf ein Individuum hergestellt, das in der aktuellen Sprecherwelt lokalisierbar ist: auf den Adressaten" (Wiese 1994: 177).

Auch hinsichtlich des Numerus verhalten sich die leichten und schweren Endungen teilweise unterschiedlich: So sind die Formen mit der Endung -(e)st immer eindeutig singularisch. Aber auch einige Formen mit der Endung -(e)t können bei Vokalwechsel des Verbstamms (z.B. lauf- -> läuf-, lief-) eindeutig einem Numerus zugeordnet werden, so ist z.B. läuft eindeutig singularisch (z.B. er läuft) und lauft, lieft eindeutig pluralisch (ihr lauft, ihr lieft). Mindestens ebenso häufig kommen aber auch -(e)t-Formen wie singt vor, die numerusambig sind, z.B. in er singt, ihr singt. Numeruseindeutig sind darüber hinaus die Endungen auf -(e), die immer der 1. oder 3. Person Singular angehören, z.B. ich gehe als Indikativ-Präsens- und er gehe als Konjunktivform, sowie Formen auf -(e)n, die immer dem Plural angehören, z.B. wir gehen, wir gingen, sie gehen, sie gingen.

Wiese hält (ebd.: 161) "die Wahl der Mittel zur flexivischen Kennzeichnung der Worformen" für nicht arbiträr: "Die Endungszuweisung erfolgt 'mechanisch' aufgrund von formalen Eigenschaften von Subjekt und Verbstamm; andererseits sind die Merkmale, die die Zuweisung regeln, semantisch motiviert [...] Die schweren Suffixe -(e)t und -(e)st dienen der Kennzeichnung der Personalmerkmale adressierend und demonstrativ. [...] Dagegen übernehmen die Endungen -(e) und -(e)n, die sich auch in der Deklination finden, Funktionen, die sie auch dort haben können (Bildung von unspezifischen flektierten Formen bzw. von Pluralformen)" (ebd.: 184).

Zum Text

Letzte Änderung
Aktionen
Seite als PDF
Seite drucken
Seite zitieren

Seite teilen