Diktumsgraduierung und so genannte Gradpartikeln
Wer die Operation der Diktumsgraduierung vorschnell mit der Verwendung bestimmter Fokuspartikeln identifiziert, die dann als sog. Gradpartikeln bezeichnet werden, wird vermutlich gegen diese These einwenden, dass bloß, lediglich, nur und allein bei bestimmten Verwendungen, einzig bei allen Verwendungen als Fokuspartikeln sehr wohl modifizierend wirken, weil sie die Geltungsbedingungen von Quantifikationen verschärfen.
Einige typische Beispiele:
[Berliner Morgenpost, 28.10.99, S. 29]
[die tageszeitung, 19.05.1989, S. 12]
[Konrad Adenauer am 18. April 1950 im Titania Palast, Berlin]
Hätte Konrad Adenauer stattdessen lediglich festgestellt, dass es ein sicheres Fundament gibt, hätte er - trotz Betonung von ein - offen gelassen, ob es noch weitere Fundamente geben könnte oder nicht. Mithin hatte die Verwendung von nur in diesem Zusammenhang Auswirkungen auf die Wahrheitsbedingungen der Aussage. Ein ernstlicher Einwand gegen die hier vertretene These zur Diktumsgraduierung ergäbe sich daraus jedoch nur, wenn die Verwendung der Partikel nur automatisch die Funktion einer Diktumsgraduierung hätte. Davon ist aber sowenig auszugehen, wie davon auszugehen ist, dass ein Stein ein Hammer ist, nur weil er auch die Funktion eines Hammers übernehmen kann.
Die semantischen Funktionen, die ein sprachlicher Ausdruck erfüllen kann, lassen sich selten allein auf der Basis seiner genuinen Bedeutung erschließen, und das gilt durchaus nicht nur für Partikeln, sondern in selbem Maß etwa auch für Nominalphrasen und Präpositionalphrasen, die als Komplemente, Supplemente oder Attribute fungieren können.
Im Fall der hier aufgeführten Fokuspartikeln geht der vermeintliche Einwand deshalb ins Leere, weil deren semantische Funktion bei Verwendungen, wie sie hier exemplifiziert wurden, nicht die einer Diktumsgraduierung ist, sondern vielmehr die einer Quantifikationsmodifikation, wie sie auch mit Partikeln wie höchstens, allenfalls vorzunehmen ist.