Abtönung in der linguistischen Literatur

Mit Abtönung als Funktion im Rahmen der Bildung von Dikta hat sich die linguistische Literatur nur indirekt befasst. Es gibt eine Fülle von Untersuchungen zu Abtönungs- bzw. Modalpartikeln und deren Funktionen. Abtönungspartikeln sind unflektierbare Wörtchen, die dazu dienen, die Stellung des Sprechers zum Gesagten zu kennzeichnen. Diese Wörtchen können in gleicher Bedeutung nicht die Antwort auf eine Frage bilden und nicht die erste Stelle im Satz einnehmen. Sie beziehen sich auf den ganzen Satz; sie sind im Satz integriert. Beispielsweise Dahl 1988, Diewald 2007, Helbig 1988, Müller 2014 und Thurmair 1989 geben Übersichten über den Stand der Abtönungspartikel-Forschung; vgl. auch die BDG-Liste einschlägiger Forschungsliteratur.

Seit sie - etwa ab Mitte der sechziger Jahre - Forschungsinteresse auf sich gezogen haben, sind den Abtönungspartikeln immer neue und weitere Funktionen zugeschrieben worden. Das lag auch daran, dass sie aufgrund neuer Fragestellungen im Rahmen neuer Forschungsrichtungen beschrieben wurden, so etwa im Zusammenhang mit Sprechakttheorie, Konversationsanalyse, Diskursanalyse, Gesprächstherapie. Die zugeschriebenen Funktionen bauen alle auf syntaktischen, semantischen und pragmatischen Definitionselementen auf, die Weydt 1969, S. 68 aufgestellt hat:

Weit verbreitet ist die Charakterisierung als 'Einstellungsausdrücke' oder 'Einstellungspartikeln', also als Wörter, die Einstellungen oder Haltungen eines Sprechers zum Gesagten indizieren - so schon Weydt 1969, dann auch Dietrich Hartmann, Aussagesätze, Behauptungshandlungen und die kommunikativen Funktionen der Satzpartikeln ja, nämlich und einfach , in: Weydt 1977, S. 101-114, Bublitz 1978, Franck 1980, Monika Doherty, Epistemische Bedeutung. Berlin: Akademie. 1985, Dahl 1988 und Thurmair 1989. Die Einstellungen können sich danach auf die Illokution, auf den Hörer und Sprecher oder auf das Verhältnis von Satzinhalt zu der vom Sprecher gesehenen Realität beziehen - vgl. Dahl, S. 12 ff. Diskutiert wird auch die Frage nach dem Verhältnis von Abtönungspartikeln und Illokution. Sind sie illokutionsindizierend oder illokutionsmodifizierend? Diese Diskussion ergibt sich aus der in der Sprechakttheorie herausgearbeiteten Diskrepanz bzw. dem Nicht-Eins-zu-einsVerhältnis zwischen lokutiver Handlung und den konkreten Illokutionen, die mit ihm vollzogen werden können. Als Abschwächung des illokutionsindizierenden Anspruchs wird auch eine illokutionspräzisierende Funktion (Franck, 1980, S. 31ff.) bzw. eine illokutionsverdeutlichende (Sandig 1979) gesehen. Weitere Funktionszuschreibungen, nicht immer auf die ganze Funktionsklasse bezogen: sprechaktangebotmachend (Opalka 1977), situationsdefinierend (Kemme 1979, Franck 1980), Ausdruck für Sprecheremotion und konversationssteuernd (Franck 1980), gesprächsgliedernd, gesprächsphorisch, kontaktschaffend (Burkhardt 1982), beziehungsindizierend (Dittmann 1982), illokutionstransformierend (Burkhardt 1982), konsens-/dissenskonstituierend (Lütten 1979, Franck 1980), themeneinordnend, propositionsabschwächend/-verstärkend (Franck 1980), interaktionsstrategisch (König 1977), antwortstrukturierend (Franck 1979), metakommunikativ und textverknüpfend (Kemme 1979).

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Bruno Strecker
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