Vertiefungstext: Was versteht man unter Kategorien und Kategorisierungen?
Grundsätzlich dienen Kategorien der Klassifizierung unterschiedlichster Elemente der sprachlichen und außersprachlichen Welt. Aristoteles unterschied zehn Aussagen, die über real Existierendes gemacht werden können und kategorisiert dadurch die Welt mit grundlegenden Allgemeinbegriffen wie z. B. Substanz, Quantität, Qualität, Relation etc. Auf sprachwissenschaftlicher Ebene und besonders in der Grammatikschreibung wird der Begriff Kategorie verwendet, um Einheiten unterschiedlichster Qualität zu Klassen zusammenzufassen. Dadurch schafft man auf verschiedenen Beschreibungsebenen Kriterien für eine einheitliche Beschreibung. Sowohl Ausdruckseinheiten als auch morphologische Eigenschaften werden grammatisch klassifiziert. Ausdruckseinheiten werden einerseits z. B. klassifiziert nach den Kategorien Nomen, Verb, Adjektiv usw., so erhält man die einzelnen Wortarten. Andererseits wird die Kategorie Nomen wiederum näher charakterisiert durch die Kategorien Singular/Plural, durch die im Deutschen vorhandenen vier Kasuskategorien oder durch die Genuskategorien Maskulinum, Femininum und Neutrum.
In seinem Grundriß der Deutschen Grammatik unterscheidet Eisenberg bei den grammatischen Kategorien zwischen Paradigmenkategorien und Einheitenkategorien (Flexionskategorien). Paradigmenkategorien sind bestimmte grammatische Eigenschaften, die einem vollständigen Wortparadigma, d. h. allen Wortformen des Paradigmas, zukommen. So ist die Genuskategorie Femininum bezüglich des Nomens Arbeitallen Wortformen (Arbeit, Arbeiten) im Paradigma eigen. Das Nomen Arbeit ist also in allen möglichen Verwendungsweisen feminin. Dies gilt innerhalb einer Nominalphrase, die aus einem Nomen und einem Artikel besteht (ART + NOM), für den Artikel allerdings nicht. Das Genus des Artikels wird in der Nominalphrase vom Nomen regiert. Das Genus des Nomens ist - wie oben erwähnt - eine Paradigmenkategorie, das Genus des Artikels allerdings eine Einheitenkategorie. Die kleinste Einheit, welche in diesem Zusammenhang kategorisiert wird, ist die Wortform. In unserem Beispiel sind die Wortformen Arbeit und Arbeiten die Einheiten der kategorialen Beschreibung.
Je nach syntaktischem Zusammenhang variiert z. B. das Genus der Wortart Artikel: die Arbeit - der Mensch - das Leben. Einheitenkategorien sind variabel, sie sind abhängig von Einheiten, zu welchen sie in syntagmatischer Relation der Rektion stehen.
In der Notation wird diesem Sachverhalt Rechnung getragen: Paradigmenkategorien werden groß, Einheitenkategorien werden "normal" notiert (Der Pfeil zeigt die Rektionsbeziehung an):
Wortart: | ART | N | |
die | Arbeiten | ||
Genus: | Fem | ← | FEM |
Zwischen Einheitenkategorien untereinander besteht die syntagmatische Relation der Kongruenz (durch Doppelpfeil dargestellt):
Wortart: | ART | ADJ | N | ||
die | schweren | Arbeiten | |||
Genus: | Fem | ↔ | Fem | ← | FEM |
Numerus: | Pl | ↔ | Pl | ↔ | Pl |
Kasus: | Nom | ↔ | Nom | ↔ | Nom |
Die syntagmatischen Relationen Rektion und
Kongruenz werden zusammenfassend
Korrespondenz genannt: Artikel, Adjektiv und Nomen
korrespondieren untereinander in einer Nominalphrase hinsichtlich der
Kategorisierungen Genus, Numerus und Kasus.
Kategorisierungen sind Mengen zusammengehörender
Kategorien:
Das Nomen z. B. wird - wie oben erwähnt -
kategorisiert nach den Kategorisierungen Genus, Numerus und Kasus. Die
Kategorisierung Genus besteht in diesem Fall aus den Kategorien Maskulinum
(MASK), Femininum (FEM) und Neutrum (NEUTR); die Kategorisierung Numerus aus
den Kategorien Singular (Sg) und Plural (Pl); die Kategorisierung Kasus aus den
vier Kategorien Nominativ (Nom), Akkusativ (Akk), Genitiv (Gen) und Dativ
(Dat). Dabei sind die Genus-Kategorien Paradigmenkategorien (deshalb in
Majuskeln geschrieben), die Numerus- und die Kasus-Kategorien sind
Einheitenkategorien.
Verben wiederum werden kategorisiert durch die folgenden Kategorisierungen: Person, Numerus, Modus, Tempus, Genus Verbi mit den entsprechenden Kategorien:
Kategorisierungen und Kategorien des Verbs
Kategorisierung | Kategorien |
Person | 1. Person, 2. Person, 3. Person |
Numerus | Singular, Plural |
Modus | Indikativ, Konjunktiv, Imperativ |
Tempus | Präsens, Präteritum, Futur, Präsensperfekt, Präteritumperfekt, Futurperfekt |
Genus Verbi | Aktiv, Passiv |