Verbzweitsatz-Einbetter als kategoriale Zwitter
Die Verbzweitsatz-Einbetterangenommen, gesetzt, unterstellt und vorausgesetzt weisen einerseits sämtliche Merkmale von Konnektoren auf, andererseits haben sie die Form von Perfektpartipien, also Verbformen. Damit hängen bestimmte Eigenschaften zusammen, die man am besten erklären kann, wenn man Verbzweitsatz-Einbetter als kategoriale Zwitter ansieht, die sowohl Eigenschaften von Konnektoren als auch solche von Prädikatsausdrücken haben. Dafür gibt es mehrere Indizien:
1. Das eingebettete Konnekt ist in der Mehrzahl der Belege vom Konnektor durch ein Komma getrennt. Das ist typisch für einbettende Verben und nicht möglich bei Subjunktoren:
ich setze voraus, du kommst
*wenn, du kommst
2. Verbzweitsatz-Einbetter können durch vorangestelltes mal modifiziert werden. Das ist bei Verben möglich, aber nicht bei den entsprechenden konditionalen Subjunktoren:
Ich setze mal voraus, es regnet nicht
*mal wenn es nicht regnet
3. Zu allen Verbzweitsatz-Einbettern gibt es eine konstruktionelle Variante als Subjunktoren mit dass: angenommen dass, gesetzt den Fall dass, unterstellt dass, vorausgesetzt dass. Diese Varianz resultiert aus der verbalen Herkunft der Verbzweitsatz-Einbetter, da die zugrundeliegenden Verben einen dass-Satz einbetten können (bzw. bei gesetzt den Fall das Nomen durch einen dass-Satz attribuiert werden kann).
der Fall, dass es nicht regnet
4. Verbzweitsatz-Einbetter können durch ihnen unmittelbar nachgestellte Adverbkonnektoren modifiziert werden. Der Konnektor wird in diesem Fall wie ein Satzglied im Vorfeld eines Verbzweitsatzes behandelt, dem ein nicht positionsbeschränkter Adverbkonnektor in Nacherstposition folgt. Dies ist für die entsprechenden konditionalen Subjunktoren nicht möglich.
5. Nicht selten wird von einem anteponierten eingebetteten Konnekt das Rahmenkonnekt durch einen Punkt getrennt. Der Konnektor ähnelt hier einem Satzprädikatsausdruck, der als Einbettungsrahmen zu einem nachfolgenden Verbzweitsatz fungiert.
[Mannheimer Morgen, 21.10.85, S. 03]
[LIM/Bauer, Informatik, S. 184]
Diese Konstruktion markiert den Übergang vom Bestandteil eines Einbettungsrahmens zu einem Verbzweitsatz-Einbetter auf partizipialer Grundlage. Der Konnektor dann im zweiten Konnekt weist darauf hin, dass zwischen dem von (es sei) angenommen eingebetteten Satz und dem Folgesatz eine Bedingung-Folge-Beziehung besteht. Einen Übergang von solchen Konstruktionen zu den Konstruktionen mit Verbzweitsatz-Einbetter und wirklich eingebettetem, d.h. syntaktisch nicht selbständigem Verbzweitsatz, stellen dann die Konstruktionen mit Linksversetzung und Desintegration des eingebetteten Konnekts dar.
[Mannheimer Morgen, 05.07.1989, o.S]
[Mannheimer Morgen, 30.03.2000, o.S.]
Den hier als Konnektoren klassifizierten Ausdrücken wird man am besten gerecht, wenn man sie als kategoriale Zwitter ansieht, die sowohl Eigenschaften eines Konnektors als auch Eigenschaften eines Prädikatsausdrucks aufweisen. Man kann dann erklären, warum der Konnektor mit dem von ihm eingebetteten Verbzweitsatz einmal das Vorfeld eines Satzes bilden kann und ein anderes Mal syntaktisch selbständig verwendet werden kann. Würde man die genannten Ausdrücke einheitlich als Ergebnis einer Weglassung aus einem Verbzweitsatz (z.B. einer Weglassung aus es sei angenommen ...) behandeln, wäre die Verwendung des eingebetteten Konnekts als Vorfeld eines anderen Satzes nicht zu erklären. Vgl.: *Es sei angenommen, der persönliche Einkommensteuersatz beträgt dreißig Prozent, sind das genau 3,75 Mark zu zahlende Einkommensteuer.