Die Infinitivkonversion

In der Forschungsliteratur (u.a. bei Wurzel 1988 und Leser 1990) ist umstritten, ob nominale Konversionsprodukte aus Verbinfinitiven (z.B. das Gehen) überhaupt zur Wortbildung gehören. Hier werden sie der Wortbildung zugerechnet:

Wortbildung wird definiert als ein Verfahren der Wortschatzerweiterung, des Hinzugewinnens von Wörtern aus vorhandenem Sprachmaterial. Vgl. Wortbildung und andere Möglichkeiten der Wortschatzerweiterung. Bei der Infinitivkonversion wird der Wortschatz um Nomina erweitert, die sich in ihren nomentypischen Merkmale deutlich von ihren Basen unterscheiden. Aus Infinitiven abgeleitete Nomina zeigen u.a. eine nomenspezifische Flexion, z.B. des Schreibens müde.

Dagegen werden hier Formen wie der Charmante, die Kluge nicht als Wortbildungsprodukte verstanden. Es gibt im Deutschen keine Nomina, die adjektivtypisch flektiert werden oder Komperativ- und Superlativformen haben. Formen wie einer Klugen, im kleinen Schwarzen, der Charmantere, der Behutsamste sind eindeutig adjektiv-, nicht nomentypisch. Die fraglichen Formen sollten allerdings auch nicht als Adjektive interpretiert werden, weil es allen gängigen Syntaxtheorien widerspräche anzunehmen, dass es Nominalphrasen mit adjektivischem Kopf gäbe. Daher werden Formen wie der Charmante, das kleine Schwarze hier als wissensgestützte Ellipsen analysiert, d.h. als Nominalphrasen mit einem Nomen, das nicht unbedingt expliziert werden muss, z.B. der charmante (Mann), die kluge (Frau), das kleine schwarze (Kleid).

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