Abgrenzungsprobleme: Funktionsverbgefüge, Phraseolexeme, Prädikate mit Objektinkorporation

Drei Fragen müssen beantwortet werden:

  1. Sind diese Ausdrücke Komplemente und können sie im funktionalen Sinn als Argumente gelten?
  2. Wie fest, d.h. wie stark lexikalisiert oder auch wie idiomatisch sind sie als Wortverband, d.h. sind sie unveränderbar oder in welcher Hinsicht veränderbar?
  3. Was leisten sie im Vergleich mit ähnlichen oft strukturell einfacheren Formen.

Funktionsverbgefüge

Die Funktionsverbgefüge (FVG) bestehen aus einem sogenannten Funktionsverb und einer Nominalphrase (NP) im Akkusativ oder einer Präpositionalphrase (PP). Diese Phrasen tragen die Bedeutung des Gefüges, sie bilden semantisch den Prädikatskern.

Beispiele:
Abschied nehmen, Verzicht leisten, Hoffnung/Ahnung/Ähnlichkeit haben, in Erscheinung treten, zum Ausdruck bringen, in Kraft setzen

Die Funktionsverben haben eine "verblasste" Bedeutung im Vergleich zu ihrer Verwendung in der ursprünglichen Bedeutung. Sie enthalten einfache Bedeutungsanteile wie "kausativ", "passiv" oder drücken Zeitphasen aus wie "inchoativ" (einen Beginn ausdrückend) oder 'durativ' (eine Zeitdauer ausdrückend).

FVG lassen sich oft durch ein entsprechendes einfaches Verb oder durch Kopula mit einem entsprechenden Adjektiv ersetzen (In Auftrag geben - beauftragen, Anerkennung finden - anerkennen, in Bereitschaft versetzen - bereit sein.) FVG bilden Reihen aus, und zwar sowohl mit ihrem nominalen wie mit ihrem verbalen Bestandteil. Durch die Möglichkeit, auf diese Weise zeitliche Phasierungen auszudrücken, wird das System des verbalen Wortschatzes ausgebaut:

in Verbindung setzen/stehen/sein
in Betrieb nehmen/sein
in Angst geraten/versetzen
Zustimmung erteilen/finden
in Angriff/in Anspruch/in Betrieb/in Empfang/Kenntnis/Einblick/Einfluss nehmen
in Arbeit/in Auftrag/zu Ende, /in Erfüllung/in Druck gehen
Anwendung/Anerkennung/Gehör/Aufnahme/Berücksichtigung/Unterstützung/ Beachtung finden

Die Valenzforderungen werden von der ursprünglichen Verbbedeutung auf die FVG übertragen, z.B. der Akkusativ des Direktivkomplements in der Präpositionalphrase (in Auftrag/in Erfüllung/in Konkurs gehen, in Kenntnis setzen, ins Abseits stellen). Bei anderen Verben steht der nominale Teil im Dativ des Situativkomplements: in Verbindung stehen, in Anwendung sein, sich in Gebrauch befinden)

In beiden Fällen sind die nominalen Bestandteile des Gefüges zwar Komplemente aber keine Argumente im funktionalen Sinne, da sie semantisch den Kern des Prädikatsausdrucks bilden.

Phraseolexeme

Phraseolexeme erscheinen in den unterschiedlichsten syntaktischen Strukturen, haben aber auch immer einen verbalen und einen nominalen Teil. Einige Beispiele:

mit Akkusativ-NP: das Bett hüten, (jemandem) einen Korb geben, aufs Korn nehmen
mit Dativ-NP: dem Fass den Boden ausschlagen
mit Adverbialia: mit Kanonen auf Spatzen schießen, auf dem Trockenen sitzen
mit Subjekt: jemanden laust der Affe, jemandem rutscht die Hand aus
mit Prädikativ: den Bock zum Gärtner machen, auf der Hut sein

Formal sind die nominalen Bestandteile von Phraseologismen Komplemente, aufgrund ihrer Einbindung in das komplexe Prädikat haben sie aber keinen Argumentstatus.

Prädikate mit Objektinkorporation

Diese festen Verbindungen vom Type Ski/Schlitten/Auto fahren, Klavier/Tennis/Skat spielen, Dank sagen, Halt machen, Kopf stehen bilden einen Übergang zu Wortbildungsprodukten. Die frühere Schreibung bzw. orthografische Inkonsequenz hatte das deutlich gezeigt: Auto fahren und Fuß fassen stand neben radfahren und kopfstehen. Die Rechtschreibreform hat da Eindeutigkeit geschaffen, indem die hierher gehörenden Ausdrücke alle nach dem gleichen Muster geschrieben werden: Das Nomen groß und getrennt vom Verb. Damit ist äußerlich der kompositionale Charakter dieser Ausdrücke gestärkt worden. Das ändert aber nichts an der großen Festigkeit der Ausdrücke und der Tatsache, dass sie nach dem Muster von Verbkomposita gebildet sind:
Rad fahren => Rad gefahren, abfahren => abgefahren; Maschine schreiben => sie schreibt Maschine, aufschreiben => sie schreibt (...) auf.

Aus diesem Grund sind die nominalen Teile von Phraseolexemen weder Komplement noch Argumente.

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