Modalverben ohne regierten Infinitiv

Die Modalverben des Kernbereichs können auch ohne regierten Infinitiv gebraucht werden. Sie regieren dann Adverbialia, Nominalphrasen oder Subjunktorsätze. Die Hauptmerkmale der Modalverben gelten in der Regel auch für diese Verwendungen, insbesondere Merkmal 5. Merkmal 4 ist aber je nach Verwendung zu modifizieren oder gar auszusetzen . Es ist daher von einem fließenden Übergang vom Modalverb- zum Vollverbcharakter auszugehen. Im Einzelnen gibt es folgende Verwendungen der Modalverben ohne regierten Infinitiv:


Rektion eines Richtungsadverbiales (bei allen Modalverben):

Ich will weg/fort.
Ich muss nach Hause.
Ich kann in die Stadt.

Diese Konstruktion wird oft über die Ellipse eines in der Situation einschlägigen Bewegungsverbs erklärt. Sie ist jedoch vollständig grammatikalisiert und keineswegs wie sonst bei Ellipsen eine von einzelnen situativen Verwendungen abhängige Prozedur. Man muss eher davon ausgehen: Wann immer A will nach Hause (o. Ä.) zutrifft, dann trifft auch A will nach Hause X-en zu, wo X das passende Bewegungsverb ist. Dem Valenzrahmen dieses assoziierten Bewegungsverbs gemäß wird hier auch das Modalverb verwendet. Insofern als dann das Modalverb eigene, wenn auch über Assoziation zu erklärende Valenz hat, ist Merkmal 4 außer Kraft gesetzt.


Rektion einer Nominalphrase im Akkusativ (bei können, mögen/möchte-,wollen):

Ich kann einen Trick.
Ich will/möchte/mag ein Stück Kuchen.

Die Verben werden hier als Vollverben gebraucht. Allerdings besteht eine enge Beziehung zwischen Vollverb und intrasubjektivem (auf Fähigkeiten oder Intentionen des Subjekt-Denotates bezogenem) Infinitoperator, die durch Paraphrasen wie die folgenden verdeutlicht werden kann:

Ich kann einen Trick machen.
Ich will/möchte/mag ein Stück Kuchen haben.

In diesen Fällen kann man mit jedem Modalverb ein bestimmtes Vollverb assoziieren, und zwar ohne zusätzlichen Kontext. Das Modalverb wird hier wiederum mit dem Valenzrahmen des assoziierten Verbs gebraucht.


Rektion eines Subjunktorsatzes mit dass (bei intrasubjektiven Modalverben wollen, mögen/möchte-):

Ich will, dass du kommst.

Nur eingeschränkt möglich sind Subjunktorsätze, deren Subjekt koreferent ist mit dem Subjekt von wollen bzw. möchte-. Sie erscheinen z. B. bei Passiv- oder Modalverbkonstruktionen im abhängigen Satz:

Ich will/möchte, dass ich respektiert werde.
Ich will/möchte, dass ich auch später noch arbeiten kann.

Bei Vollverb im Aktiv hingegen ist der Subjunktorsatz unmöglich, vgl.:

*Ich will/möchte, dass ich arbeite.

statt:

Ich will/möchte arbeiten.

Zum Text

Schlagwörter
Letzte Änderung
Aktionen
Seite als PDF
Seite drucken
Seite zitieren

Seite teilen