Im Übrigen habe ich schon länger kein Müsli mehr gegessen. Weil: Ich frühstücke in der Regel nie — Verbstellung nach weil, obwohl, wobei und anderen subordinierenden Konnektoren

Subordinierende (unterordnende) Konnektoren wie z.B. weil verlangen grammatisch Letztstellung des finiten Verbs (Verbletzt, VL) in ihrem internen Konnekt, also dem Teilsatz, der unmittelbar auf den Konnektor folgt und von ihm abhängig ist. Spätestens seit den 1980er Jahren fällt Sprechern und Sprachkritikern, Laien und Sprachwissenschaftlern ein Phänomen immer wieder auf, das zuerst bei weil bemerkt und auch wissenschaftlich analysiert wurde: Dass Konnektoren, die als subordinierende Konnektoren zu gelten haben, in der Sprachwirklichkeit auch mit Verbzweitsatzstellung (V2) im internen Konnekt vorkommen:

(1) Amelie […] lacht schon auf die Frage, wann sie zuletzt gelacht habe. […] Tränen gelacht habe sie erst neulich wieder über einen Männer-Witz. „Weil, die sind ja sonst eher zum Heulen“, lacht sie. (Nürnberger Nachrichten, 8.5.2006, o.S.)

Außerhalb der Wissenschaft ist die veröffentlichte Wahrnehmung dieses Phänomens eher negativ wertend: Sprachkritiker jedenfalls befürchten gelegentlich einen Niedergang der Nebensatz-Stellung und deuten dieses Phänomen als ein Symptom des Sprachverfalls. Was aber sagt die Sprachwissenschaft zu diesem Thema?

Nicht neu - und allgemeiner als angenommen

Das Phänomen „weil mit Verbzweit“ ist auf jeden Fall nicht neu und auch in der Fachwissenschaft seit langem bekannt. Das Konnektoren-Handbuch z.B. führt auf S. 841 einen Beleg aus dem 19. Jhd. für eine weil-Struktur mit V2-Stellung an und verweist darauf, dass es sogar schon aus dem Frühneuhochdeutschen weitere entsprechende Belege gibt und dass schon „beim Vorgänger zu weil, nämlich ahd. wande, beide syntaktischen Varianten möglich“ waren (HDK-2).

Darüber hinaus ist das Phänomen in mindestens zwei Hinsichten allgemeiner als meist bemerkt. Einerseits ist nicht nur weil betroffen; vielmehr tritt dieselbe Erscheinung auch bei anderen subordinierenden Konnektoren auf. Und im internen Konnekt kommt bei diesen Konnektoren nicht nur Verbzweitstellung vor (wie bei Aussagesätzen), sondern auch Verberststellung (V1, wie bei gewissen Frage-/Interrogativ- und bei Aufforderungs-/Imperativsätzen), also eine weitere Art von Sätzen, die selbständig verwendet werden können und traditionell als Hauptsätze bezeichnet werden. Man müsste also allgemein von Hauptsatz(wort)stellung im internen Konnekt sprechen, im Gegensatz zur Nebensatz- oder eben Verbletztstellung (VL):

(2) Intendant wolle er nicht mehr werden, wobei er keineswegs negativ an seine Intendantenzeit an der Freien Volksbühne zurückdenke. (dpa, 3.8.2010; Neuenfels: Theater muss anecken und viel riskieren)
(3) Er ist wieder da – wobei, offiziell war Josef Marha gar nie weg. Der Tscheche erklärte Ende letzter Saison zwar seinen Rücktritt, doch dieser wurde vom HC Davos gar nie vermeldet. (Die Südostschweiz, 7.9.2010, o.S.)
(4) Müller war das Gesicht des jungen, frischen Deutschland, wobei: War das Gesicht nicht eher Mesut Özil, der sich mit seinen feinen Füßen für Real Madrid empfahl? (Süddeutsche Zeitung, 31.12.2010, S. V2/7)
(5) Neureuther: Definitiv! Das wird eine WM, die ich genießen kann. Und den Hang in Schladming, den liebe ich ja... wobei, streichen Sie das bitte, ich habe ja auch beim Gudiberg immer gesagt, dass ich den Hang liebe. (Süddeutsche Zeitung, 16.3.2012, S. 27)

Adversativ, kausal und konzessiv

Allerdings besteht die Möglichkeit, dass sie einen Hauptsatz regieren, nicht bei allen Untergruppen der subordinierenden Konnektoren (im Folgenden Subordinatoren). Hauptsatzstellung des internen Konnekts kommt vielmehr nur bei solchen aus gewissen semantischen Klassen vor (und ist dann ggf. grammatisch zu akzeptieren), nämlich bei einigen unter den kausalen (z.B. ((all)die)weil, zumalerst recht weil‘), bei adversativen (wo(hin)gegen etc.) und vor allem den konzessiven Konnektoren (obwohl, obgleich, obschon, obzwar, wenngleich, wennschon, wennzwar, wiewohl, trotzDEM).

Aufschlussreich sind in dieser Hinsicht vor allem mehrdeutige Subordinatoren, die in einer Bedeutung(svariante) mit Hauptsatz stehen können, in einer anderen nicht. Neben weiteren ist hier wobei zu nennen, dem das in seiner konzessiven Variante möglich ist (siehe Belege oben), in seiner komitativen jedoch nicht. Ein weiteres Beispiel ist während, das in adversativer (Gegensatz-)Lesart, nicht aber in temporaler Verwendung (Gleichzeitigkeit) mit V2 (und V1) auftaucht und auftauchen kann.

In gesprochener oder geschriebener Sprache?

Sodann ist eine weitere Spezifizierung vorzunehmen: Meist handelt es sich bei der Hauptsatz-Stellung eher um ein gesprochensprachliches Phänomen. Und tatsächlich sind auch die medial schriftlichen (im Sinne von Koch/Österreicher) Korpusbelege, etwa in Zeitungstexten, meist (sinngemäße bis hin zu wörtlicher) Wiedergabe gesprochener Rede. Handelt es sich also bei ihnen um konzeptionelle Mündlichkeit, wurde nur das Medium gewechselt bzw. hat das eine Medium bzw. dessen kommunikative Spezifik das andere beeinflusst.

Im Weiteren beschränken wir uns zu diesem und den folgenden Themenbereichen exemplarisch auf die Konstruktion „weil + V2“ (gegenüber VL). Der ganz überwiegende Teil der dafür gefundenen Belege aus schriftsprachlichen Korpora sind (wortgetreue oder verdeckte, oder auch zumindest imitierte, suggerierte) Zitate (Übernahme gesprochener Sprache) oder andere Formen der berichteten, etwa „indirekten“ Rede (Signal etwa Konjunktiv I). Wo es keine Anzeichen für wörtliche Rede gibt (Anführungszeichen, entsprechende Einleitungsformeln etc.), sind diese häufig an der durchgängigen Ich-Form (die Äußerung subjektiver Meinung etwa ist typisch für gesprochene Sprache) erkennbar oder an für gesprochene Sprache typischen Ellipsen. Das gilt ebenso für die Textsorte Interview (mit je einleitender Nennung des wechselnden Sprechers). Selbst wo all diese Indizien fehlen, befinden sich die Belege aus der Schriftsprache oft in der Nähe eines Zitates oder sind in einem gesprochen-sprachnahen Briefstil geschrieben.

Die Subordinatoren, die auch mit V2/V1 auftreten können, tun dies in der gesprochenen Sprache nahezu gleich häufig wie sie mit VL vorkommen!

Häufig sind Belege mit Hauptsatzstellung des internen Konnekts von Subordinatoren dialektal geprägt und damit ebenfalls tendenziell in der Nähe gesprochener Sprache anzusiedeln. Dabei sind sie aber in ihrer Gesamtheit anhand der Beleglage nicht einem bestimmten Dialekt oder einer Region zuzuordnen.

Diese Tendenz zeigt sich übrigens auch bei der Durchmusterung von Sprachbelegen aus dem weit gefächerten Kontinuum zwischen Schriftlichkeit und Mündlichkeit. In vielen Songtexten zum Beispiel geht es bei den dialektalen weil-V2-Belegen darum, typisch gesprochene Sprache zu simulieren. Hier nur ein Beispiel:

Und trotzdem / Ganz hinten im Hirn / Da dads hoit doch no a bissal rumorn, weil - irgendwos kannt scho dro sei an dera Revoluzzerei … / A Revoluzzer müaßt ma sei / Dann war der Ärger schnei vorbei / Aba wer macht si scho die Plog und revoluzzt den ganzn Dog … (Konstantin Wecker, "Revoluzzer" (1982), zitiert nach: songkorpus.de)

Regelhafter Rahmen

Es finden sich tatsächlich nur wenige „echt“ geschriebensprachliche Belege. Gilt also aufgrund dieses empirischen Befunds nach wie vor: weil mit V2 (bzw. allgemein die Verwendung von Subordinatoren mit Hauptsatzstellung) kommt nicht vor oder ist grammatisch falsch? Die Antwortet lautet: Nein. Vielmehr gibt es, wenn auch wesentlich seltener, dann doch Belege, die relativ eindeutig auch konzeptuell schriftlich sind, und diese Belege können nicht als grammatisch abweichend abgelehnt werden. Folgender Spezialfall ist dabei typisch: weil kündigt hier quasi einen neuen Absatz an, der unmittelbar folgt. (Da Absätze nur in der Schriftsprache gemacht werden können, ist dieser Fall damit definitiv spezifisch für geschriebene Sprache). Es folgt ein neuer Denk- und Sprechansatz und eine Aufzählung von Gründen, die alle unter dieses weil subsumiert werden:

(6) „Mutter“ BMW nutzt die Gunst der Stunde und bringt jetzt mit dem Countryman die vierte Version auf den Markt (Roadster und Coupé kommen noch). Der Countryman ist kein typischer Mini mehr – weil:
Er ist der erste Mini, der über vier Meter lang ist (der Fronttriebler kommt auf 4097 Millimeter, der Allradler auf 4110 Millimeter). […]
Er ist der erste Mini, der vier Türen (plus Heckklappe) hat – keine Schmetterlingstüren oder seitlich öffnende Kofferraumflügelchen. […]
Er ist der erste Mini, den es auch mit 4x4-Antrieb gibt.
(Niederösterreichische Nachrichten, 13.10.2010, o.S.)

Schließlich stellt sich heraus: Auch die Subordinatoren, die überhaupt mit Hauptsatzstellung des internen Konnekts vorkommen, können dies nur unter bestimmten Bedingungen (wohingegen die Verbletztstellung bei diesen Konnektoren völlig allgemein anwendbar ist). Das gibt gleichzeitig Hinweise auf die spezifische Leistung der Hauptsatzstellung in diesen Fällen und liefert damit Argumente, dass es sich nicht um einen Fehler handelt, sondern um einen sprachlichen Zugewinn. Näheres zu diesen grammatischen Bedingungen findet sich in der Systematischen Grammatik. Dass es solche Bedingungen für die hauptsatzanschließende Verwendung von weil gibt, zeigt, dass diese Verwendung nicht willkürlich-falsch, sondern im regelhaften Rahmen stattfindet.

In diesen Zusammenhang gehört auch die Beobachtung, dass in der Schriftsprache der Subordinator typischerweise graphisch vom folgenden hauptsatzförmigen internen Konnekt durch ein Satzzeichen (Komma, Doppelpunkt oder Gedankenstrich) abgetrennt wird, was in der gesprochenen Sprache einer Pause an der entsprechenden Stelle entspricht - etwa weil der Sprecher zögert, ehe er seine Äußerung fortsetzt. Diese Unterbrechung kann auch auf einen Satzbruch oder eine Änderung der textuellen, semantischen und damit dann auch syntaktischen Konzeption des Sprechers, einen gedanklichen Neuansatz hindeuten: Die Grammatik wird quasi während des Sprechens geändert, ein eigener neuer Sprechakt begonnen.

Semantische Funktionen

Ein weiteres Argument gegen die These, die Formulierungen mit Hauptsatzstellung seien falsch oder grammatisch abweichend, ist, dass sie gegenüber denen mit Nebensatzstellung spezifischere semantische Funktionen haben. Tatsächlich bilden bei Konstruktionen von weil etc. mit Hauptsatzstellung im internen Konnekt beide Konnekte jeweils eine eigenständige kommunikative Minimaleinheit, einen eigenen Sprechakt (haben also eine eigene illokutionäre Rolle, stellen etwa eine Behauptung, eine Entscheidungsfrage oder einen Wunsch dar). Nur damit wird es möglich, dass sich die durch weil immer signalisierte Kausalrelation bzw. der denotierte Sachverhalt – also das eine Relat dieser Relation – auf etwas anderes bezieht als auf den vom externen Konnekt denotierten Sachverhalt, denn nur hier sind überhaupt andere potenzielle Bezugsgrößen vorhanden. Und die V2-/V1-Sätze bei weil etc. beziehen sich dann nicht auf den propositionalen Gehalt des vorangehenden externen Konnekts, sondern auf den epistemischen Modus (die Sprechereinstellung) oder die kommunikative Funktion (den Sprechaktcharakter, die illokutionäre Rolle) dieser vorausgehenden Äußerung. Das aber geht bei wenn nicht, und deswegen kommt es auch nicht mit V2/V1 vor.

Dies kann man oft durch Einfügung von entsprechenden Formeln aufzeigen bzw. testen:

(7) Komm her! [Ich möchte, dass Du das tust,/Ich bitte dich darum,] Weil, ich hab was für dich!

Weil kennzeichnet hier den Sachverhalt, den der darauf folgende V2-Satz bezeichnet, nicht als sachlichen Grund bzw. „objektive“ Ursache für den Sachverhalt, den der vorausgehende Satz bezeichnet. Stattdessen signalisiert es, dass sein internes Konnekt (subjektiv) eine Annahme oder einen Wunsch des Sprechers, eine Bitte o.ä. begründet. (Immerhin besteht also auch hier eine Begründungsrelation.) Analoges gilt dann auch z.B. bei obwohl.

Damit haben die Konstruktionen mit Hauptsatzstellung eine spezifische Funktion, nämlich immer Einstellungs-/Illokutionsbezug statt Bezug auf den propositionalen Gehalt des externen Konnekts. Aber: weil mit VL kann all das auch, auch bei weil-VL sind Lesarten mit Bezug auf andere als die propositionale Ebene nicht ausgeschlossen. Allerdings kann es als Einstellungs- oder Illokutionsbegründer nur unter bestimmten Bedingungen dienen. Während weil mit V2/V1 diese immer alle erfüllt, kommen sie bei weil mit VL eben nur teilweise vor. D.h. die Konstruktion mit weil kann – anders eben als die konditionale mit wenn etc. – prinzipiell auch zwei Sprechakte miteinander verbinden und die von weil signalisierte Kausalrelation kann sich somit unter bestimmten Bedingungen – zu denen eben auch die Art der Verbstellung im internen Konnekt zählt (es geht nur bei V2/V1, das es bei wenn nicht gibt) – auf verschiedene Sprechaktaspekte des externen Konnekts beziehen. Auf welche dies dann tatsächlich zutrifft (bzw. welche dieser Interpretationsmöglichkeiten von weil tatsächlich intendiert ist), hängt von der (Informations-)Struktur, Position und Intonation beider Teilsätze ab. Ist das externe Konnekt vorangestellt, kann nur propositionaler Bezug gedeutet werden – die Konstruktionen mit V2 sind aber immer nachgestellt. Bei Postposition der Einheit aus weil und internem Konnekt, bei phonetischer/graphischer (und syntaktischer?) Desintegration etc. ist dann Bezug auf illokutionäre Rolle oder Sprechereinstellung möglich. Da bei Hauptsatzstellung des internen Konnekts all diese notwendigen Bedingungen per se auch immer erfüllt sind, ist V2 oder V1 eine hinreichende Bedingung für Einstellungs- oder Illokutionsbezug (siehe auch: erläuterte Liste der Vorkommensbedingungen für Subjunktoren mit Hauptsatzstellung).

Deshalb ist übrigens die seit Keller (1993) übliche Terminologie von „faktischem“ weil-VL (Sachverhaltsbegründung) vs. „epistemischem“ weil (mit V2 im internen Konnekt) unglücklich und in mehreren Hinsichten sowohl zu eng als auch irreführend. Wie oben dargestellt ist ja auch weil-VL nicht auf Propositions- oder Sachverhaltsbezug beschränkt und mehr noch, besteht ja bei beiden weil-Varianten nicht nur die Möglichkeit des Bezugs auf die epistemische (Einstellungs-)Ebene, sondern auch die auf die Illokutions-/Rollen-Ebene. Und umgekehrt gilt ja eben auch: „Jedesweilauch das ‚epistemische‘ (im Gegensatz zum stets nicht-faktisch verwendeten falls) – ist ‚faktisch‘, weil mit einem weil-Satz immer ein faktisch gegebener, nicht hypothetischer Sachverhalt geäußert“ wird (HDK-2 843 Fn. 18, Fettungen ergänzt).

Der unterschiedliche Bezug erklärt auch, warum gerade die oben genannten semantischen Gruppen von Subordinatoren – und eben nur sie – diese Besonderheit aufweisen, also mit V2 (und V1) vorkommen, für andere dagegen die Regel tatsächlich ausnahmslos gilt, dass Subordinatoren mit VL zu stehen haben. „Bezugnahmen auf vorausgegangene sprachliche Handlungen sind nur möglich bei Konnektoren, die Handlungen und Einstellungen begründen können (‚kausale‘ Konnektoren) oder bestimmten epistemischen Einstellungen entgegenstehende Erwartungen ausdrücken (konzessive und adversative) Konnektoren. Temporale Subjunktoren dagegen scheiden für einen Gebrauch mit einem Hauptsatz als internem Konnekt [eben] aus diesem Grunde aus.“ (HDK-1 405)

Damit ist auch für konditionale Subjunktoren wie wenn ausgeschlossen, dass ihr internes Konnekt ein Verbzweitsatz ist, denn sie lassen ja gerade die Frage der Faktizität des vom internen Konnekt bezeichneten Sachverhalts offen. „Interrogativ- und Imperativsätze müssen in diesen Verwendungen [= von weil mit Verbzweitsatz] immer rhetorisch zu interpretieren sein“ (HDK-1 404), d.h. sie sind als Aussagen/Behauptungen zu verstehen, denn der vom internen Konnekt bezeichnete Sachverhalt wird – qua Hauptsatz – als Tatsache hingestellt, was sich mit „echten“ Fragen oder Aufforderungen nicht verträgt, die ja die Wahrheit ihres Sachverhalts überhaupt erst erkunden oder den Sachverhalt „tatsächlich machen“ wollen.

Fazit

Alles zusammen zeigt: Von einem Niedergang der Nebensatz-(Verbletzt-)Stellung im Deutschen kann nicht die Rede sein. Zum einen sind nicht alle Subordinatoren betroffen. Zum zweiten ist die Schriftsprache überwiegend nur soweit berührt, als es sich im weitesten Sinne um Wiedergabe gesprochener Sprache handelt. Und zum dritten ist die Nebensatzstellung auch in der gesprochenen Sprache nicht verschwunden. Sie steht immer noch als mindestens gleichberechtigte Alternative neben der Hauptsatzstellung bzw. ist in vielen Fällen sogar die einzige korrekte und vor allem auch die einzige faktisch verwendete Form.

Keineswegs gibt es eine allgemeine Tendenz, Nebensätze mit Verbzweitstellung zu formulieren. Wenn überhaupt, dann spielt sich ein Rückgang von VL-Formulierungen in einem Teilbereich der Nebensatz-fordernden Ausdrücke ab. Der Nebensatz ist nicht vom Aussterben bedroht, sondern wir beobachten synchron die ausgiebige Nutzung einer syntaktischen Variante.

Allgemeiner: Sprachverfall liegt hier in keiner Weise vor. Nicht zuletzt, da das Phänomen, wie oben gezeigt, keinesfalls ganz neu ist, also noch nicht einmal Sprachwandel vorliegt. Formulierungen der Form „Subordinator + V2/V1“ haben eine eigene semantisch-pragmatische Funktion (für angemessene Kommunikation). Es handelt sich also – soweit hier überhaupt quantitative oder qualitative Änderungen stattfinden – um einen Neu- oder Zugewinn – bzw. wenn gar kein Wandel gegeben ist: um einen Bestand an Differenzierungsmöglichkeiten, nicht um einen Verlust oder etwas Minderwertiges.

Zusammenfassend kann man festhalten: Die Konstruktion ist zwar tatsächlich in geschriebener Sprache eher anstößig (normativ falsch), in gesprochener kommt sie allerdings vergleichsweise häufig vor. Auf keinen Fall ist sie einfach falsch. Vielmehr scheinen auf Sprecherseite Regeln vorhanden zu sein, wann die Konstruktion „Subordinator + V2/V1“ möglich ist - und wann eben auch nicht.

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Ulrich Hermann Waßner
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