Subjunktoren mit Hauptsatz-Stellung

Auch hier greift das Merkmal 7.

Merkmal 7Wenn das eingebettete interne Konnekt als Satz realisiert wird, ist es ein Verbletztsatz.

Gemäß diesem Merkmal, das speziell Subjunktoren auszeichnet, ist das interne Konnekt von Subjunktoren ein Verbletztsatz. Neuerdings (weil, das hört man ja jetzt immer öfter) wird jedoch von Grammatikern verstärkt beobachtet, dass besonders in der gesprochenen Sprache nach einigen subordinierenden kausalen Konnektoren wie weil oder zumal, nach einigen adversativen Konnektoren wie während und nach einigen konzessiven Konnektoren wie obwohl oder wobei ein Verbzweitsatz als internes Konnekt anstelle eines Verbletztsatzes verwendet wird.

Ich schreibe Mikrophon mit ph, obwohl: Es ist jetzt auch mit f erlaubt.
Ich hab gedacht um acht, die fangen da nämlich schon um acht an, während: hier fängt es immer erst um neun an.
Das ist keine Subvention, weil - es wird ja etwas gekauft.
Deutsche Popmusik find ich furchtbar. Wobei, manches ist ja schon fast wieder Kult.

Vorkommensbedingungen

Für solche Konstruktionen gelten besondere Vorkommensbedingungen.

  1. Das externe steht vor dem internem Konnekt.
  2. Das interne wird nicht in das externe Konnekt eingebettet.
  3. Das interne Konnekt ist faktisch.
  4. Beide Konnekte sind fokal.
  5. Das externe Konnekt ist eine kommunikative Minimaleinheit.
  6. Zwischen Subjunktor und internem Konnekt ist eine Pause.
  7. Es gibt regionale und mediale Besonderheiten.

1. Externes vor internem Konnekt

Anders als bei Subjunktoren mit einem Verbletztsatz als internem Konnekt kann ein Hauptsatz als internes Konnekt nur auf das externe folgen. Die Sequenz aus Subjunktor mit nachfolgendem Hauptsatz darf nicht im Vorfeld des externen Konnekts stehen.

Sie gehörten nicht zu den Kindern der Feudalisten, weil: die Feudalisten fanden es nicht für nötig, ihre Kinder auf die Universitäten zu schicken. (Gaumann 1983, 219)

* Weil: die Feudalisten fanden es nicht für nötig, ihre Kinder auf die Universitäten zu schicken, gehörten sie nicht zu den Kindern der Feudalisten.

2. Keine Einbettung des internen ins externe Konnekt

Konnektor und internes Konnekt können auch nicht als eingebettet analysiert werden. Somit ist ausgeschlossen, dass sich die Bedeutung des auf den Konnektor folgenden Satzes zusammen mit Bedeutungsaspekten des vorausgehenden Satzes im Skopus eines Funktors wie der Negation befindet.

Glaubst du, sie gehörten nicht zu den Kindern der Feudalisten, * weil: die Feudalisten fanden es nicht für nötig, ihre Kinder auf die Universitäten zu schicken?

3. Internes Konnekt faktisch

Der Subjunktor muss ein Konnektor sein, der den von seinem internen Konnekt bezeichneten Sachverhalt als Faktum hinstellt. Damit ist etwa für konditionale Subjunktoren ein Verbzweitsatz als internes Konnekt ausgeschlossen. So lässt wenn wie andere konditionale Konnektoren gerade die Frage der Faktizität des vom internen Konnekt bezeichneten Sachverhalts offen.

4. Beide Konnekte fokal

Damit auf einen Subjunktor ein Hauptsatz folgen kann, müssen beide Konnekte fokal sein. Weder darf das externe Konnekt Hintergrund sein, noch das interne Konnekt.

[Ich hab so ne Anleitung für Lehrer, die ich auch immer aufheb.] Die heb ich AUCH immer auf, weil die so lustig ist.
[Ich hab so ne Anleitung für Lehrer, die ich auch immer aufheb.] # Die heb ich AUCH immer auf, weil die ist so lustig.

[Ich hab so ne Anleitung für Lehrer, die ist lustig.] Die heb ich AUCH immer auf, weil die so lustig ist.
[Ich hab so ne Anleitung für Lehrer, die ist lustig.] # Die heb ich AUCH immer auf, weil die ist so lustig.

Die Majuskelschreibweise kennzeichnet die Akzentsilbe.

5. Externes Konnekt als kommunikative Minimaleinheit

Das externe Konnekt eines hauptsatzanschließenden Subjunktors ist eine eigenständige kommunikative Minimaleinheit. Entsprechend ist das externe Argument der Subjunktorbedeutung nicht nur die Proposition der entsprechenden Satzstruktur, sondern die gesamte aus propositionalem Gehalt und epistemischem Modus bestehende Bedeutung dieser kommunikativen Minimaleinheit. Außerdem kann ihre kommunikative Funktion in das Argument der Subjunktorbedeutung eingehen.

Sie gehörten nicht zu den Kindern der Feudalisten, weil: die Feudalisten fanden es nicht für nötig, ihre Kinder auf die Universitäten zu schicken. (Gaumann 1983, 219)

Kannst du mir mal deinen Handspiegel leihen? Weil: ich kann im Bad nicht richtig sehen. (Gaumann 1983, 219)

Hast du gestern den Willy gesehn? Weil: ich muß dir noch was erzählen. (Gaumann 1983, 226)

Eine Interpretation des Sachverhalts, den der auf weil folgende Satz bezeichnet, als Grund oder gar Ursache für den Sachverhalt, den der vorausgehende Satz bezeichnet, ergibt in diesen Konstruktionen keinen mit gängigem Weltwissen vereinbaren Sinn. In allen drei Beispielen bezeichnet vielmehr der weil-Satz kraft der Bedeutung des Konnektors einen Grund für den epistemischem Modus oder die kommunikative Funktion der vorausgehenden Äußerung:

  • Im ersten Beispiel drückt der Konnektor eine Prämisse für eine mit der Verwendung des vorausgehenden Satzes ausgedrückte Schlussfolgerung aus.
  • Im zweiten Beispiel drückt er einen Grund aus für die Bitte, dem Sprecher den Handspiegel des Hörers zu leihen.
  • Im dritten Beispiel drückt er einen Grund aus für die Frage des Sprechers, ob der Hörer Willy gesehen hat.

Solche Bezugnahmen auf vorausgegangene sprachliche Handlungen sind nur möglich bei Konnektoren, die Handlungen und Einstellungen begründen, also bei kausalen Konnektoren, oder bei Konnektoren, die Erwartungen ausdrücken, die bestimmten epistemischen Einstellungen entgegenstehen, also bei konzessiven und adversativen Konnektoren. Temporale Subjunktoren dagegen scheiden für einen Gebrauch mit einem Hauptsatz als internem Konnekt aus.

6. Pause zwischen Subjunktor und internem Konnekt

Dass keine Einbettungskonstruktion vorliegt, wird mitunter auch an einer Pause zwischen dem Subjunktor und dem folgenden Hauptsatz deutlich. Dies äußert sich in schriftlichen und verschriftlichten mündlichen Belegen darin, dass nach weil bisweilen ein Komma, Doppelpunkt oder Gedankenstrich gesetzt wird. Dieses Verfahren der Absetzung durch Interpunktion ist bei nicht einbettenden Konnektoren durchaus verbreitet. Es verleiht dem folgenden Konnekt im Zusammenhang mit dem vorausgehenden ein besonderes Gewicht.

Stolte schlägt vor, lieber die Sendung vom Vorjahr zu wiederholen, weil, das merkt ja sowieso kein Schwein.

Zwischendurch geht er auf Wohnungssuche. Denn: an der Spree, wo das Paar im Juli den Bund fürs Leben schloß, wollen die beiden ihren ständigen Wohnsitz nehmen. (Bild 10.1.1967, 2)

7. Regionale und mediale Besonderheiten

Weil mit nachfolgendem Verbzweitsatz, das seit Keller 1993 auch epistemisches weil genannt wird, ist besonders in der gesprochenen Umgangssprache Süddeutschlands verbreitet. In Norddeutschland war bislang anstelle von weil und nachfolgendem Hauptsatz unter den genannten Bedingungen allgemein der Konnektor denn üblich, der in Süddeutschland vorwiegend nur in der Schriftsprache vorkommt. Durch die Verbreitung süddeutscher Umgangssprache über Massenmedien im gesamten deutschsprachigen Raum verdrängt weil mit nachfolgendem Hauptsatz zunehmend dieses Begründungs-denn. Insofern aber immer noch in der gesamten deutschen Schriftsprache und in der Umgangssprache Norddeutschlands das Begründungs-denn üblicher ist, werden die hier beschriebenen Subjunktorenverwendungen von vielen Sprechern als "schlechtes Deutsch" abgelehnt. Siehe kritisch hierzu Eisenberg 1993. Wie sehr besonders der Gebrauch von weil mit Hauptsatz die Gemüter erhitzt, zeigt auch die reichhaltige Literatur zu diesem Thema.

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Autor(en)
Eva Breindl
Bearbeiter
Elke Donalies
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