Genusschwankungen

Jedes Nomen hat im Prinzip genau ein Genus. Eher selten sind mehrere Genera in Gebrauch, in der Regel allerdings nie mehr als zwei, z.B. der/ das Teller, der/ das Barock, der/ das Zepter, der/ das Joghurt, der/ das Ketchup, der/ das Virus, der/ das Gelee, der/ das Quiz. Der Aufstellung bei Wegera (1997, S. 104) nach variieren am häufigsten Maskulinum und Neutrum miteinander, während das Femininum nur selten als Variante vorkommt, z.B. der/ die Sellerie, das/ die Cola.

Bekannt sind allenthalben die Genusunterschiede zwischen verschiedenen Sprachen, z.B. deutsch der Mond, französisch la lune, es gibt aber auch zwischen den Varietäten der einzelnen Sprachen Genusunterschiede, vor allem

  • zwischen Standard- und Regionalsprachen, z.B. standardsprachlich die Butter, der Teller versus oberdeutsch der Butter, das Teller wie in Der OÖN-Leserin Maria Obereder rutschte an der Kasse das Teller vom Tablett (Oberösterreichische Nachrichten 1997, IDS-Korpora).
  • zwischen Allgemein- und Fachsprachen, z.B. allgemeinsprachlich der Virus, das Zölibat versus fachsprachlich das Virus, der Zölibat

Außerdem ergeben sich Schwankungen aus Entlehnungsprozessen, bei denen die Genuszuweisung verschiedenen Regeln folgt, z.B. der Grappa nach dem maskulinen Leitwort der Schnaps versus die Grappa nach dem femininen Quellgenus. Vgl. Genus und Leitwort.

Auch eine einzige Regel kann verschiedene Genera produzieren, etwa das Leitwortprinzip, bei dem die Ursache für verschiedene Genera "oft eine mehrfache Assoziationsbasis ist", z.B. das Radio wegen das Gerät, der Radio wegen der Apparat (Heringer 1995, S. 209).

Nicht nur Genusunterschied, sondern grundlegender Wortunterschied, nämlich Homonymie, liegt vor bei Wörtern wie der Kiefer 'Skelettteil' versus die Kiefer 'Baumart', so auch das Verdienst versus der Verdienst, das Gehalt versus der Gehalt, der Tau versus das Tau, der Tor versus das Tor, der Paternoster versus das Paternoster, denn nicht nur im Genus und in allen anderen grammatischen Merkmalen unterscheiden sich solche Nomina, sie unterscheiden sich vor allem in der Bedeutung. Zu betonen ist dabei, dass Homonymie offenbar keineswegs regelhaft durch einen Genusunterschied angezeigt wird, denn zahlreiche Homonyme wie das Schloss 'Gebäude' und das Schloss 'Verriegelung' haben ja das gleiche Genus. So auch der Reif 'Ring' und der Reif 'Tau', die Bank 'Sitzplatz' versus die Bank 'Geldinstitut'.

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Autor(en)
Elke Donalies
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