Die Bezugnahme auf Ersteinheiten von Komposita

Komposita sind im Deutschen so strukturiert, dass die zweite Einheit die syntaktische Verwendung und die Semantik des Kompositums steuert (vgl. Die gramatischen Merkmale von Komposita und Die semantischen Merkmale von Komposita). Auch die kontextuelle Einbettung eines Kompositums unterliegt dieser Regel: rotes Halstuch bezeichnet ein rotes Tuch, nicht einen roten Hals. Gegen diese Regel wird jedoch bei den Nomen-Nomen-Komposita mitunter verstoßen:

Legendäre Beispiele sind die reitende Artilleriekaserne (Beispiel von Admoni 1955 nach Pavlov 1972: 36), der vierstöckige Hausbesitzer, die durchlöcherte Stuhlsitzfabrik, der geräucherte Fischladen (Beispiele von Burkhardt 1999). Vgl. auch Der Fußgänger hat sich in ihn geschossen (Beispiel von Coulmas 1988: 319), Hühneraufzucht und ihr Verkauf (Beispiel von Meineke 1991: 86), Prozessbeginn gegen Immobilienunternehmer Schneider (Beispiele von Burkhardt 1999), schnelle Auffassungsgabe, schwache Verkehrszeiten, am heutigen Wahltag der Mitarbeiter, rundes Geburtstagskind. Nach Abramov (1992: 137ff) sind diese eigentlich regelwidrigen Bezugnahmen immer dann unauffällig, wenn bei Attribuierungen von Nomen-Nomen-Komposita "das Adjektiv (zur Not) auch beim Grundwort Sinn hat", vgl. christliche Kunstgeschichte. Vgl. ausführlich Fabricius-Hansen (1993), Burkhardt (1999), Zifonun (1999).

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