Affixe sind unselbststandige Wortbausteine. Sie dienen der Bildung komplexer Wortformen bei der Flexion (Flexionsaffixe) oder der Bildung von komplexen (neuen) Wortern (Wortbildungsaffixe). Flexionsaffixe folgen meist dem Wortstamm. Wortbildungsaffixe sind nicht in gleicher Weise festgelegt. Man unterscheidet v. a. Prafix und Suffix.
Affixe sind in den Beispielen fettgedruckt, die Rauten (#) werden verwendet, um Grenzen zwischen Wortbausteinen zu markieren.
Ein Prafix ist ein dem Wortstamm vorangestelltes Affix (ver- in 1, ent- in 2, 3, -um in 6). Ein Suffix ist ein Affix, das dem Wortstamm nachgestellt ist (-en in 1, -n in 2, -et in 4, -en in 6, 7-8). Prafixe modifizieren gewohnlich die im Wortstamm ausgedruckte Bedeutung (1-4, 6). (1-2, 4) enthalten jeweils ein Wortbildungsprafix (Wortbildung) und ein Flexionssuffix (Flexion). In (4) andert das Wortbildungsprafix be- die Bedeutung des Verbs arbeiten, das Flexionssuffix -et markiert die 3. Person Singular. (5) enthalt das Flexionszirkumfix ge-...-et. Zirkumfix bedeutet, dass ein voran- und ein nachgestelltes Element gemeinsam die Flexion oder Wortbildung bewirken, nur gemeinsam die entsprechende Bedeutung tragen und folglich gemeinsam ein Affix sind. Zirkumfixe treten in der Flexion nur bei der Bildung des Partizips II (5) auf. Auch in der Wortbildung sind sie au?erst selten (z. B. Ge#hops#e). Flexionssuffixe markieren z. B. Person und Numerus bei Verben, Kasus und Numerus bei Nomen, Genus, Kasus und Numerus bei Artikeln und Adjektiven. Wortbildungsaffixe dienen der Bedeutungsanderung (z. B. Un- in 3) und/oder dem Wortartwechsel (-heit in 8).
Ersatzprobe: Prafixe konnen oft durch andere Prafixe ersetzt werden, was im Allgemeinen zu einer Bedeutungsveranderung fuhrt: um-/ver-/be-fahren. Suffixe konnen durch andere Suffixe ersetzt werden (ebenfalls mit Bedeutungsveranderung): frei-e/-es/-en/-er. Welches Prafix oder Suffix zu wahlen ist, hangt vom semantischen und syntaktischen Kontext ab.
Weglassprobe: Durch Wegstreichen der Affixe bleibt der Wortstamm ubrig: Frei#[heit], Leser#[schaft], Les#[er]. Um den Wortstamm les# aus der Derivation Leserschaft zu erhalten, muss zunachst das Wortbildungsaffix -schaft gestrichen werden. Der ubrigbleibende Wortstamm Leser ist komplex und kann in einem zweiten Schritt durch Wegstreichen des Wortbildungsaffixes -er auf den Wortstamm les# zuruckgefuhrt werden.
Fur die Probe ist eine sichere Identifikation des Wortstammes notwendig, um Bildungen aus Wortstamm und grammatischer Endung von solchen Lautformen zu unterscheiden, die zum Wortstamm gehoren, vgl. -er in freier (Flexionsendung, Deklination oder Komparation), und in sicher (zum Wortstamm gehorend und folglich nicht weglassbar).
?Vorsilbe`, ?Nachsilbe`
Weiterfuhrendes:
Einen Sonderfall stellen die sogenannten ?Konfixe` dar (Stief#bruder, Astro#naut, Biblio#thek). Sie kommen zwar wie Affixe nicht frei vor, tragen aber eine lexikalische Bedeutung wie Wortstamme. Konfixe sind vor allem in Fremdwortern anzutreffen.
Das Prafix um# in der Prafigierung um'fahren (6) (-um unbetont) unterscheidet sich von der Verbpartikel um# in der Partikelverbbildung 'umfahren (-um betont) vor allem dadurch, dass das Prafix in einem Hauptsatz nicht vom Verbstamm getrennt werden kann (Er um'fahrt den Zaun. Er hat den Zaun um'fahren.), die Verbpartikel aber schon (Er fahrt den Zaun 'um., Er hat den Zaun 'umgefahren.). Prafigierung und Partikelverbbildung umfahren unterscheiden sich deutlich in der Bedeutung. Wie bei um- konnen auch durch-, uber-, unter-, wider- und hinter- sowohl als Prafixe als auch als Verbpartikeln gebraucht werden (vgl. Prafigierung unter'brechen, Partikelverb 'untergehen). Es gibt viele Verbpartikeln wie etwa ab-, auf-, aus-, ein-, mit- usw., die nur (trennbare) Verbpartikeln sind und deshalb im Hauptsatz ausschlie?lich vom Verbstamm getrennt gebraucht werden. Die Partikelverbbildungen modifizieren gewohnlich die im Wortstamm ausgedruckte Bedeutung, sie dienen aber auch dem Wortartwechsel (vgl. Nomen Freund ? Partikelverb an#freund#en; *freunden).