Zusammenbildung

Definition

Unter Zusammenbildung wird ein bestimmter Typ der expliziten Derivation verstanden, bei dem Phrasen mit Suffixen abgeleitet werden.

Erläuterungen

Bei der Zusammenbildung entstehen spezielle Nomina und Adjektive. Der Suffixe wegen sind sie eindeutig explizite Derivate. Die Suffixe sind auf nominales -er und adjektivisches -ig beschränkt. Die den Zusammenbildungen zugrunde liegenden Phrasen bestehen aus

  • einem Adjektiv und einem Nomen + -er oder -ig, zum Beispiel Dickhäuter, blauäugig,
  • einem Zahlwort und einem Nomen + -ig, zum Beispiel viertürig.

Siehe im Überblick Meibauer/Vogel (2017).

Beispiele

  1. achtbeinig
  2. blauäugig
  3. Dickhäuter
  4. Frühaufsteher
  5. fünfzackig
  6. siebenarmig
  7. Tiefstapler
  8. Weißmacher
  9. weitsichtig
  10. zweispaltig

Korpusbelege

a   Ein Langschläfer brachte siebzig Tage schlafend zu, nahm aber dazwischen öfters Speise zu sich. (Haller 1772, deutschestextarchiv.de)
b   Die Spätaufsteher würden also immer später zu Bett gehen und aufstehen, wenn sie ihren Rhythmus nicht anpassen würden. Zum Glück gibt es einen einfachen Trick der Natur: Tageslicht hilft dem Gehirn dabei, die innere Uhr der äußeren anzupassen. (mdr.de, 14.08.2017)
c   Bis ihm als alter Mann klar geworden war, dass es sich bei besagter Amanda um eine zweimastige Brigantine gehandelt hatte, die im Jahr 1856 vor Gotland gesunken war. (Tamminen, Petri (2017): Meeresroman oder Einige glückliche Momente aus dem tristen Leben des Seekapitäns Vilhelm Huurna. Aus dem Finnischen von Stefan Moster. Hamburg: mare, S. 107)

Hinweise

Bildungen wie Dickhäuter, blauäugig und viertürig sind auf den ersten Blick Determinativkomposita. Sie können aber semantisch nicht wie Determinativkomposita analysiert werden: Für Determinativkomposita sind Und-zwar-Paraphrasen typisch; dagegen kann zum Beispiel Dickhäuter nicht sinnvoll paraphrasiert werden als ‚Häuter, und zwar ein dicker‘. Vielmehr liegt Dickhäuter die Phrase dicke Haut zugrunde. Daher werden solche Bildungen als Zusammenbildungen separiert. "Der Begriff 'Zusammenbildungen' scheint auf Wilmans (1896) zurückzugehen" (Leser 1990, S. 19). Fraglich ist dabei, ob Zusammenbildung als eigene Wortbildungsart, als Unterart der expliziten Derivation oder als eine Zwischenform gelten soll. Nach Hermann Paul (1920, zitiert nach Olsen 2017, S. 18) ist nämlich die Zusammenbildung „an intermediate class in which the processes of composition and derivation worked together to create a complex word from a syntactic group“.

Außerdem werden mitunter Bildungen wie Appetithemmer – ihrer vorgeblich nicht frei vorkommenden zweiten Einheit wegen – als Zusammenbildungen angesehen. Sie sind aber problemlos den Determinativkomposita zuzuordnen. Ihre zweiten Einheiten kommen durchaus frei vor. Siehe ausführlich Donalies (2021, S. 289-293).

"Hemmer des Typs A werden zur Behandlung depressiver Symptome eingesetzt." (Maio, Giovanni/Roelcke, Volker (2001): Medizin und Kultur: Ärztliches Denken und Handeln im Dialog zwischen Natur- und Geiteswissenschaften, Stuttgart: Schattauer, F.K. Verlag, S. 56)

Siehe auch

Andere Bezeichnungen

Ableitungskompositum, Phrasenderivat, Rektionskompositum, synthetisches Kompositum

Übersetzungen

synthetic compound (englisch)

Zum Text

Letzte Änderung
Aktionen
Seite merken
Seite als PDF
Seite drucken
Seite zitieren

Seite teilen

Weiterführend