Spezialverben sind eine heterogene Gruppe von Verben, die mit einem Vollverb in Form eines Infinitivs das Pradikat bilden. Sie haben besondere syntaktische und semantische Eigenschaften (beispielsweise modal, kausativ).
Die Beispiele in (1-3) zeigen Spezialverben mit der Funktion, eine Vermutung oder eine Einschatzung der Wahrscheinlichkeit auszudrucken. Hier ist eine Umschreibung mit einem Kommentaradverb wie vielleicht, bestimmt, offensichtlich usw. moglich (z. B. zu 3: Die Fahrt wird bestimmt spannend.).
Das Verb pflegen (4) als Spezialverb bringt eine gewohnheitsma?ige Handlung zum Ausdruck; es kann durch Adverbien wie ublicherweise ersetzt werden (zu 4: Er scherzt ublicherweise mit seinem Bruder.).
Die Konstruktionen mit sein/haben und zu-Infinitiv in (5-6) haben modale bzw. modal-passivische Bedeutung. Sie sind mit darf/muss (Niemand darf/muss das bestimmen.) bzw. kann/muss (Der Antrag kann/muss nachgereicht werden.) zu umschreiben.
Das Verb lassen in (7) hat kausative Bedeutung (Sie veranlasst, dass der Zaun repariert wird.).
Das Verb brauchen (8) tritt als Spezialverb immer mit Negation auf und kann durch negiertes mussen ersetzt werden (Du musst nicht gleich alles auf einmal machen.). In gesprochener Sprache und umgangssprachlichen Kontexten regiert (Rektion) brauchen einen Infinitiv ohne zu und fungiert als Modalverb (Du brauchst nicht gleich alles auf einmal machen.)
Spezialverben bilden gemeinsam mit dem infiniten Verb (oder den infiniten Verben) den Verbalkomplex. Spezialverben besetzen meist die linke Satzklammer.
Siehe Verb.
?Modalitatsverben`, ?Halbmodalverben`, ?modalisierende Verben`, ?besondere Verben`
Weiterfuhrendes:
Typischerweise treten Spezialverben neben ihrem Gebrauch in modaler, kausativer oder passivischer (Passiv) Bedeutung auch als Vollverben auf. In einigen Fallen entstehen hier mehrdeutige Satze. So ist drohen in einem Satz wie Sie droht ihn zu verlassen einmal als Spezialverb im Sinne der Bedeutung wie in (2) zu verstehen (Es sieht so aus, als wurde sie ihn verlassen.); daneben ist eine Lesart als Vollverb in der Bedeutung ?ankundigen` moglich: Sie kundigt an, dass sie ihn verlassen wird.
Das Verb brauchen zeigt, dass Zuordnungen zu Verbklassen graduell sein konnen. Es kann aufgrund seiner Entwicklung sowohl zu den Modalverben, die den reinen Infinitiv anschlie?en, als auch (noch) zu den sogenannten Halbmodalverben, die typischerweise den Infinitiv mit zu anschlie?en, gezahlt werden.