Prosodie

Mit dem Begriff Prosodie bezeichnen wir diejenigen phonologischen Erscheinungen, deren Geltungsdomäne über den Einzellaut hinausgreift und deren Charakteristika sich aus dem Zusammenspiel der akustischen Merkmale Dauer, Intensität, Grundfrequenz ergibt (vgl. Selting 2012), d. h. in erster Linie Ton und Intonation, Akzent, Rhythmus, Quantität.

Diese prosodischen Erscheinungen werden auch unter dem Begriff Suprasegmentalia zusammengefasst, wodurch hervorgehoben wird, dass sie der Artikulation der einzelnen Laute (Segmente) bzw. Lautketten (Segmentketten) überlagert werden und diese sozusagen begleiten.

Im Unterschied zu den einzelnen Lauten erfüllen die prosodischen Aspekte der Sprache nicht nur linguistische, sondern auch paralinguistische und extralinguistische Funktionen, d. h. sie dienen nicht nur zum Ausdruck der Satzmodi und der relativen Gewichtung von Wort- und Äußerungskomponenten sowie zu deren rhythmischen Gestaltung und Gliederung in Sinneinheiten (Phrasierung), sondern sie signalisieren auch Einstellungen und Emotionen der Sprecher und vermitteln Informationen über deren Alter, Geschlecht, physische Befindlichkeit etc.

Die akustisch-phonetischen Parameter, aus denen sich die verschiedenen prosodischen Erscheinungen zusammensetzen, haben jeweils artikulatorische und auditiv-perzeptive Korrelate, wobei für unsere Darstellung letztlich die auditiv-perzeptive Perspektive maßgeblich ist: Der Dauer entspricht die wahrgenommene Länge, der Intensität die Lautstärke und die unterschiedlichen Grundfrequenzwerte werden als unterschiedliche Tonhöhen wahrgenommen.

Bei der Prosodie handelt es sich nicht um zusätzliche oder periphere Eigenschaften einer Sprache, da als kompetenter Sprecher einer Sprache letztlich nur gelten kann, wer ihre Prosodie beherrscht. Die Prosodie ist daher ein wichtiger Aspekt auch im L2-Erwerb, kann doch eine mangelhafte Beherrschung der Prosodie die Realisation der segmentalen Aspekte beeinflussen und zu kommunikativen Missverständissen führen.

In unserer thematischen Einheit werden wir in erster Linie Intonation und Akzentsetzung betrachten, d.h. diejenigen Eigenschaften, die sich unmittelbar auf die informationsstrukturelle Organisation auswirken. Auf Rhythmus und Quantität werden wir nur insoweit eingehen, als sie zur typologischen Charakterisierung des Deutschen beitragen. Darüber hinaus werden wir als weitere prosodische Erscheinung die Pausen besprechen, insofern als sie für die Analyse der Intonation relevant sind.

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