Quantität
Quantität ist mithin ein phonologischer Begriff. Für ihre Abgrenzung sind nicht die absoluten Dauerwerte eines Lautes relevant, vielmehr ergibt sie sich aus dem Verhältnis zu anderen Lauten. Wegen diesem ihr eigenen Charakter wird die Quantität zu den prosodischen Eigenheiten der Sprache gezählt. Das auditiv-perzeptive Korrelat der Quantität ist die Länge.
In Sprachen, die die Quantität als phonologisches Merkmal haben, kann sie entweder nur für Vokale (z. B. Latein) oder nur für Konsonanten (z. B. Italienisch) bzw. sowohl für Vokale als auch für Konsonanten (z. B. Ungarisch) gelten. In einigen Sprachen (z. B. Schwedisch) stehen Vokal- und Konsonantenquantität in komplementärer Distribution, insofern als sie sich in Vokal-Konsonant-Sequenzen gegenseitig ausschließen.
Im Deutschen und anderen germanischen Sprachen (z. B. Norwegisch) betreffen die Quantitätsoppositionen Vokale in betonten Silben. Dabei gibt es (bis auf /ɛ/ vs. /ɛ:/) eine Korrelation zwischen Quantität und Qualität: Kurze Vokale sind offen und ungespannt, lange Vokale sind geschlossen und gespannt.
Wie die meisten prosodischen Merkmale wird die vokalische Quantität in der Schrift nicht immer eindeutig markiert. Jedoch gibt es orthografische Anhaltspunkte sowohl für lange (z. B. Doppelschreibung: Paar, Moor, Boot; Dehnungs-h nach einem einfachen Vokalgraphem: Mehl, Ruhr usw.) als auch für kurze Vokale (z. B. ein einfaches Vokalgraphem vor einer Sequenz aus zwei unterschiedlichen bzw. identischen Konsonantengraphemen: Gast, Kette usw.).
Die Dauer bzw. die wahrgenommene Länge wird nicht nur zum Ausdruck der phonologischen Quantität in einigen Sprachen verwendet, vielmehr ist sie von großer Relevanz für die Definition des Rhythmus, die Charakterisierung der Pausen, die Analyse der Intonation sowie die Bestimmung des Akzentes. Darüber hinaus hat die Dauer eine paralinguistische Funktion, indem sie z. B. zum Ausdruck der Emphase eingesetzt wird: