Verbstellung ist die Bezeichnung für die Position des finiten Verbs im Satz. Es werden unterschieden: Verbzweitstellung, Verberststellung und Verbletztstellung.
VORFELD (VF) | LINKE SATZKLAMMER (LSK) | MITTELFELD (MF) | RECHTE SATZKLAMMER (RSK) | NACHFELD (NF) | |
1a. | Wir | sehen | den neuen Film im Kino. | ||
1b. | Wir | haben | den neuen Film im Kino | gesehen. | |
1c. | Wann | wollt | ihr den neuen Film im Kino | ansehen? | |
2a. | Sehen | wir uns den neuen Film im Kino | an? | ||
2b. | Wollen | wir uns den neuen Film im Kino | ansehen? | ||
2c. | Seht | euch den neuen Film doch bitte | an! | ||
3a. | dass/ob/weil | wir uns den neuen Film im Kino | ansehen | ||
3b. | (um) | uns den neuen Film im Kino | anzusehen | ||
3c. | den/wen | wir uns im Kino | ansehen | ||
4a. | Alle | (sollen) | mal | herhören! | |
4b. | Alle mal | herhören! | |||
4c. | Warum | (musst) | (Du) denn gleich | aufhören? | |
5. | Bitte vor der Montage die Gebrauchsanweisung | lesen! | |||
6. | Dass | Du mir ja ehrlich | bist! | ||
7. | weil | er sie hat endlos | warten lassen |
Die Zweitstellung des finiten Verbs in der linken Satzklammer ergibt sich aus der Besetzung des Vorfelds (1a-1c, 4a, 4c) (hier ist 3c ein interessanter Fall, der zeigt, dass ein besetztes Vorfeld nicht unbedingt Verbzweitstellung mit sich bringt, vgl. dazu die Hinweise im Eintrag Satzklammer); von Verberststellung spricht man, wenn sich alle Verben, d. h. alle Prädikatteile in der rechten Satzklammer befinden (finit oder/und infinit). In Sätzen können Form (= Verbstellung) und Funktion (Aussage, Frage, Aufforderung) aufeinander bezogen werden: Die Verbzweitstellung ist im Deutschen typisch für Aussagesätze (1a-1b) und Ergänzungsfragen (1c, 4c), Verberststellung ist typisch für Entscheidungsfragen (2a-2b) bzw. Aufforderungssätze (2c). Verbletztstellung ist typisch für eingeleitete Nebensätze (finite Nebensätze, die mit einer Subjunktion, einem Relativ- oder einem Fragepronomen eingeleitet werden (3a, 3c); infinite Nebensätze, die mit zu eingeleitet werden (3b)). Verbletztstellung ist in Ellipsen mit Infinitiven möglich (4). Bei Hinweisen und Anweisungen im Infinitiv ist kein finites Verb weggelassen bzw. sinngemäß zu ergänzen (5); der Infinitiv steht regulär in der rechten Satzklammer. Sätze mit Verbletztstellung – typisch für Nebensätze – können auch selbstständig als Aufforderungen und Ausrufe vorkommen (6). Aufforderungen können auch Verbzweitstellung haben (Ihr seid bitte vorsichtig!). In bestimmten Kontexten kann das finite Verb aus der rechten Satzklammer „herauswandern“ (7).
Klangprobe: In der Regel weisen Fragen (zum Satzende aufsteigend ↑) im Gegensatz zu Aussagen (zu Satzende absteigend ↓) unterschiedliche Tonverläufe auf. Ob es sich bei Verberststellung um eine Aufforderung oder eine Frage handelt, erkennt man nicht an einem unterschiedlichen Tonverlauf zum Satzende hin, sondern daran, dass im Gegensatz zur Aufforderung (8) die Frage zusätzlich eine Betonung im Wortinneren (in 9 durch Großschreibung symbolisiert) am Verb aufweist.
Im schulischen Kontext werden zuweilen noch die Termini ‚Kernsatz‘ (Verbzweitstellung), ‚Stirnsatz‘ (Verberststellung) und ‚Spannsatz‘ (Verbletztstellung) verwendet und systematisch auf die Satzfunktion bezogen.
Auch Aussagesätze können ein nicht besetztes Vorfeld haben. Diese kann z. B. durch eine Vorfeldellipse zustande kommen (10-11). Vorfeldellipsen können syntaktisch durch die Einsetzprobe als Verbzweitsätze rekonstruiert werden:
Nicht immer kann die Verbzweitstellung rekonstruiert werden (12). In diesem Beispiel handelt sich um eine eingeschränkte, aber produktive Verwendung von sog. Verberst-Aussagesätzen. Da im Vorfeld in der Regel das Thema der Äußerung platziert wird, erzeugt ein unbesetztes Vorfeld eine thematische Spannung, die verschiedene Textsorten nutzen (bspw. am Anfang von Witzen).
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Siehe Felderstruktur.