Die Betrachtzeit ist ein Zeitintervall zur Interpretation der Bedeutung der einzelnen Tempora und bezeichnet den Zeitabschnitt, aus welchem heraus das Ereignis betrachtet wird, über das berichtet wird.
Verdeutlicht wird die Situierung der Betrachtzeit durch die Tempusform des Verbs und durch eventuell vorhandene Temporaladverbialia.
Ein Verb im Präteritum etwa setzt stets eine Betrachtzeit, die vor der Sprechzeit liegt (1).
Als Betrachtzeit kommt hier grundsätzlich jeder beliebige Zeitabschnitt in Frage, der vor der Sprechzeit liegt. Ein Temporaladverbiale kann die Betrachtzeit genauer bestimmen (2).
Nicht immer ist die Sprechzeit Ausgangspunkt für die Bestimmung der Betrachtzeit. Im Zug eines Gesprächs kann auch ein Zeitabschnitt, der zunächst selbst als Betrachtzeit eingeführt wurde,
für weitere Ausführungen zum Ausgangspunkt einer neuen Betrachtzeit werden und fungiert dann als Orientierungszeit (2+3).
Neben der Betrachtzeit gibt es folgende weitere Zeitintervalle zur Interpretation der Tempora: Sprechzeit, Orientierungszeit und Ereigniszeit.
Hans Reichenbach (1947) nennt die Betrachtzeit Point of Reference.
Bezugszeit, Referenzpunkt, Referenzzeit, Topikzeit
intervalle temporel observé (französisch), point d'observation f (französisch), temps d'observation (französisch), reference point (italienisch), (betraktningstid) (norwegisch), czas rozpatrywania (polnisch), referenciaidő (ungarisch)