Univerbierung ist eine Hauptwortbildungsart neben der Komposition und der expliziten Derivation. Bei der Univerbierung werden mindestens zwei zuvor syntaktisch angeordnete Einheiten zu einem Wort zusammengerückt, ohne dass etwas wegfällt.
Bei der Univerbierung bleibt die syntaktische Struktur deutlich sichtbar. Meist bestehen die syntaktischen Strukturen parallel weiter, zum Beispiel eine Zeitlang, eine Zeit lang. Die Syntax ist eingefroren. Die Semantik entspricht der Semantik der syntaktischen Strukturen, zum Beispiel freiheraus, frei heraus. Nur wenige Univerbierungen entwickeln sich semantisch von der syntaktischen Struktur weg, zum Beispiel Vergissmeinnicht als Bezeichnung für eine Blume. Siehe Donalies (2018).
Durch Univerbierung werden hauptsächlich Adverbien gebildet, zum Beispiel kurzerhand, seltener Adjektive, zum Beispiel zartfühlend, Junktoren, zum Beispiel insoweit, Nomina, zum Beispiel zeitlang, und Zahlwörter, zum Beispiel dreiundzwanzig. Siehe im Überblick Donalies (2018).
a | Vnnd ob er wol alsbald auff mein letst anhalten / den Meßpriester abgeschaffen / vnnd die Meß obergestelt / hat jme doch bedencklich fallen wöllen. | (Andreä 1564, deutschestextarchiv.de) |
b | ein paar Flügelbreit Wasser unterm Bauch | (Rhein-Zeitung 2003) |
c | Wer heute davon träumt, Ingenieur zu werden, kann nicht mehr das alte Prädikat Dipl.-Ing. verliehen bekommen. [...] Anstelledessen können nun aber die international gängigen Titel Bachelor und Master of Engineering erworben werden. | (reinweis.de, 20.01.2016) |
Der Terminus Univerbierung ist seit Eichinger (2000) relativ eingebürgert. Schon Brugmann (1900, S. 400) spricht von "Worteinung (Wortunierung)".
Ähnlich verwendet wird der Terminus Inkorporation. Seit Mithun (1984) wird Inkorporation vor allem ein bestimmter Typ nominaler Bildung genannt, der für die von ihr untersuchten amerika-kontinentalen Sprachen charakteristisch ist. Siehe auch Mithun (2000). Dabei geht es um die Einverleibung eines Nomens in ein Verb, im Deutschen zum Beispiel bei Verbbildungen wie staubsaugen. In diesem Sinne ist Inkorporation ein Unterbegriff zu Univerbierung.
Ähnlich verwendet wird außerdem der Terminus Zusammenrückung. Bei der Zusammenrückung werden Phrasen zusammengerückt, zum Beispiel Vergissmeinnicht.
Sprachhistorisch können schließlich sogenannte uneigentlichen Komposita wie Gottesbote als Zusammenrückungen verstanden werden, weil sie auf Syntagmen wie Gottes Bote zurückgehen. Einfacher ist allerdings, sie gegenwartssprachlich als übliche Determinativkomposita zu erklären, nämlich ‚Bote, und zwar ein Bote Gottes‘.
Außerdem kann Zusammenbildung als Unterart der Univerbierung klassifiziert werden.
Inkorporation, Satzname, Satznominalisierung, Satzwort, Verschmelzung aus syntaktischen Fügungen, Zusammenbildung, Zusammenrückung