Rechtsköpfigkeit

Definition

Rechtsköpfigkeit in der Wortbildung bezieht sich auf die Position des morphosyntaktischen Kopfes. Morphosyntaktisch rechtsköpfige Wortbildungen sind Determinativkomposita und explizite Derivate. Bei Determinativkomposita ist grundsätzlich die zweite, also die rechte Einheit der morphosyntaktische Kopf. Bei expliziten Derivaten ist in der Regel ebenso die zweite Einheit der morphosyntaktische Kopf.

Erläuterungen

Determinativkomposita und explizite Derivate sind immer binär. Bei Determinativkomposita ist grundsätzlich die zweite Einheit der morphosyntaktische Kopf, zum Beispiel Torte in Apfeltorte. Bei expliziten Derivaten ist in der Regel ebenfalls die zweite Einheit der morphosyntaktische Kopf, zum Beispiel -heit in Freiheit. Torte und -heit legen die morphosyntaktischen Merkmale der gesamten Bildung fest. Siehe grundlegend Olsen (1990). Ausnahmen von der Regel bei expliziten Derivaten sind Präfixverben aus Nomina oder Adjektiven, zum Beispiel vergolden, veredeln. Hier bestimmt das Präfix, dass die Bildung ein Verb ist.

Beispiele

  1. anschmiegsam
  2. Apfeltorte
  3. Freiheit
  4. Kakaopulver
  5. lächeln
  6. rohe Mettbrötchen
  7. vergolden

Korpusbelege

a   Wir […] sind wahrscheinblich die einzige Nation, die herzhaft in ein rohes Mettbrötchen beißen kann. (Beck, Henning (2018): Irren ist nützlich. Warum die Schwächen des Gehirns unsere Stärken sind. München: Goldmann, S. 189.)

Hinweise

Nur auf den Kopf, auch Kern oder Nukleus genannt, darf syntaktisch Bezug genommen werden. Zum Beispiel bezieht sich rot in roter Theatervorhang auf Vorhang. Das Determinativkompositum ist „eine ‚anaphorische Insel‘, auf die man nur als Ganzes zugreifen kann, und das heißt formal, man muss sich im Prinzip auf das am Ende stehende Glied beziehen“ (Eichinger 2000, S. 15). Bei anaphorischen Inseln – einem von Postal für Fälle wie He took the teapot, and pured it into the cup gefundenen Terminus – gibt es nach Eisenberg bei der Semantik „Akzeptabilitätsprobleme“ (Zifonun/Vogt/Eisenberg 1999, S. 14). Neben eigentlich regelwidrigen, aber akzeptierten, etablierten semantischen Bezügen wie deutsches Wörterbuch, geheimes Wahlrecht werden immer wieder kritisierte Bezüge hergestellt wie Essigfabriken und Knopffabriken und saure Gurkenfabriken (Kästner, Erich (1997): Als ich ein kleiner Junge war. Hamburg: Dressler, S. 58). Siehe auch Beleg a.

Terminus und Begriff Kopf wurden ursprünglich für die Syntax definiert. Umstritten ist, ob er auch für die Wortbildung passt. Zwar sind die ältesten Determinativkomposita aus syntaktischen Strukturen entstanden, zum Beispiel eines Königs Kroneeine Königskrone. Siehe im kompakten Überblick Müller (2015). Aber Olsen (1991, S. 340) gibt zu bedenken, dass der "Kopfbegriff, wie er in der Syntax verwendet wird, nicht direkt auf die Morphologie übertragbar ist“. Unter anderen seit Olsen (1991) und Eschenlohr (1999) wird jedenfalls speziell in der Wortbildung differenziert zwischen dem morphosyntaktischen und dem semantischen Kopf: Bei Determinativkomposita ist die zweite Einheit auch immer der semantische Kopf, zum Beispiel Torte in Apfeltorte. Bei expliziten Derivaten ist mal die erste Einheit der semantische Kopf, zum Beispiel bei Kindchen, mal die zweite Einheit, zum Beispiel bei Sensibelchen. Siehe Affix.

Andere Bezeichnungen

morphologischer Head

Übersetzungen

Righthand Head Rule (englisch)

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