Die Frage nach der grammatischen Qualität beider im Titel zitierter Formen ist schnell beantwortet: Beide sind gleichermaßen möglich und auch üblich. Dass sich die Frage überhaupt stellt, hat deshalb auch weniger mit grammatischer Korrektheit zu tun denn mit sachlicher Angemessenheit, und die Antwort hierauf kann nur lauten: Es kommt ganz darauf an, was man sagen will. Wer Deutsch als Muttersprache erworben hat, wird in aller Regel keine Schwierigkeiten haben, dies dann auch in eine angemessene Form zu bringen. Doch wer Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache erlernen soll, könnte dabei in Schwierigkeiten geraten, die weiter reichen als kleinere grammatische Unpässlichkeiten.
Der Unterschied, den es machen kann, wenn man die eine oder die andere Formulierung wählt, wird deutlich, wenn man beide in einen Kontext von Frage und Antwort einbettet:
Ganz befriedigend beantwortet ist die Frage damit freilich noch nicht, denn eindeutig scheint die Bedeutung beider Formulierungen, und damit auch die Bedeutung der linearen Abfolge von immer und dort, nur in den jeweils gegebenen Kontexten. Verändert man diese, können dieselben Formulierungen anders zu verstehen sein:
Die Markierung mittels Fettdruck steht für eine kontrastierende Betonung der Wörter. Dieses Mittel wird normalerweise in Schriftform nicht eingesetzt, doch es ist auch nicht unbedingt erforderlich, wenn der Kontext derart eindeutig ist.
Grundsätzlich möglich sind diese Interpretationen:
Was beide Interpretationen unterscheidet, ist in erster Linie die Abfolge, in der die Informationen ausgewertet werden, die mit immer und dort zu geben sind. Mit diesen Informationen wird genauer bestimmt, unter welchen Bedingungen als wahr oder zutreffend zu gelten hat, was gesagt wird. Lautete der Satz nur:
dann bliebe offen, wo sie dies tun, wann sie dies tun, wie oft sie dies tun, auch warum und wozu sie dies tun. Solange jeweils nur zu einer dieser "offenen Fragen" spezifischere Angaben gemacht werden, führt dies nicht zu zusätzlichen Komplikationen bei der Interpretation des Gesagten, doch wenn gleich mehrere solcher Angaben (technisch: Spezifikationen und möglicherweise auch noch andere Modifikationen) vorgenommen werden, kann die Reihenfolge wichtig werden, in denen diese ausgewertet werden.
Spezifikationen und allgemein Modifikationen können im Rahmen der Bildung komplexer sprachlicher Informationen in verschiedenen Funktionen eingesetzt werden. Ausführliche Beschreibungen hierzu finden Sie in diesen Einheiten der Grammis-Komponente Systematische Grammatik:
Man kennt dies etwa auch vom Rechnen. Schon beim einfachen Einmaleins spielt die Reihenfolge eine Rolle, in der die Rechenschritte vorgenommen werden:
2 x 3 + 5 = 11, doch 2 x (3 + 5) = 16
Für die Rechenschritte gilt eine eindeutige Regel: Punktrechnung (also Multiplikation und Division) vor Strichrechnung (also Addition und Subtraktion). Soll eine Strichrechnung vorrangig vorgenommen werden, sind die entsprechenden Zahlenwerte in Klammern zu setzen.
Anders als beim Rechnen ist bei komplexen Aussagen, Fragen oder Aufforderungen die Abfolge der erforderlichen Interpretationsschritte jedoch nicht einfach anhand einer willkürlich festgelegten Konvention und der linearen Anordnung der entsprechenden Ausdrücke zu erkennen. Treffen beim Aufbau einer komplexen Information mehrere Spezifikationen oder Modifikationen aufeinander, können diese grundsätzlich in drei verschiedenen Beziehungen zueinander stehen:
Die Reihenfolge, in der die Modifikationen – stets handelt es sich um Spezifikationen – auszuwerten sind, bleibt ohne Bedeutung, da beide voneinander unabhängige Dimensionen betreffen.
Diese Beziehung liegt etwa bei folgenden Beispielen vor:
Die lineare Abfolge der Modifikationen ist in diesen Beispielen nicht unbedingt ohne Weiteres abzuändern, doch dies ist nicht darauf zurückzuführen, dass ihre Wirkungsbereiche von verschiedenem Rang wären. Verschieden ist vielmehr, was mit Blick auf vorangegangene Äußerungen oder vermutete Erwartungen vom Sprecher oder Schreiber hervorgehoben wird. Hat etwa jemand behauptet, die Beach Boys träten heute in Karlsruhe auf, dann kann das so zurechtgerückt werden:
aber auch so:
oder so:
Eine der Operationen ist – unabhängig von ihrer Position in der linearen Abfolge – zuerst anzuwenden bzw. auszuwerten.
Zuerst auszuwerten – und damit von engerem Wirkungsbereich (technisch: Skopus) – sind in den folgenden Beispielen die rot markierten Modifikationen. Die Wirkungsbereiche der fett markierten Modifikationen schließen deren Wirkungsbereiche ein:
Jede der Operationen kann prinzipiell zuerst auszuwerten sein, weshalb die Abfolge der Anwendung bzw. Auswertung von Fall zu Fall ausdrücklich klarzustellen ist.
Dies tritt dort auf, wo
Dass in solchen Fällen prinzipiell zwei Lesarten möglich sind, kann leicht übersehen werden, da die jeweils gegebenen Spezifikationen aus sachlichen Gründen oft nur auf eine Weise auszuwerten sind. So kann man täglich zwei Stunden lang Sport treiben und jahrelang täglich spazieren gehen, doch dass man innerhalb eines Zeitraums von zwei Stunden etwas täglich oder Tag für Tag etwas jahrelang tun könnte, kommt einem gar nicht erst in den Sinn, weil dies zu offensichtlich unmöglich ist.
Man könnte vermuten, dass sich Orts- und Zeitspezifikationen in Verbindung mit Negationen ebenso verhalten wie Frequenz- und Durativspezifikationen, doch das ist bemerkenswerterweise nicht der Fall. Es macht zwar einen wesentlichen Unterschied, ob man den Negationsausdruck vor oder nach den Ausdrücken positioniert, mit denen solche Spezifikationen vorzunehmen sind, doch dabei kommt es nicht zu einer Änderung der Wirkungsbereiche der betroffenen Operationen. So unterscheiden sich die folgenden, als Aussagen zu verstehenden Beispiele nicht im Hinblick auf die Bedingungen, unter denen sie als wahr zu betrachten wären, sondern – bei entsprechender Betonung – im Hinblick darauf, wie sie zu Vermutungen oder anderslautenden Behauptungen ins Verhältnis gesetzt werden:
Mehr hierzu in der Einheit Negation.
Die Beispiele zeigen – so wie sie hier angelegt wurden – eine deutliche Tendenz, die Modifikation mit weiterem Wirkungsbereich in der linearen Abfolge vor jene mit dem engeren Wirkungsbereich zu platzieren. Die Tendenz fällt auch deshalb so deutlich aus, weil die Beispielsätze kontextfrei und in Schriftform vorliegen. Dabei neigt man dazu, ihnen eine Art Standardform zu geben, die ohne besondere Betonung vorzulesen wäre. Doch dass es sich dabei keinesfalls um die einzig mögliche Form handelt, wird selbst in Schriftform deutlich, wenn man die Sätze – wie oben anhand von Beispielen gezeigt – in verschiedene Kontexte einpasst. Soweit es sich um Modifikationen vom Typ 1 oder Typ 2 handelt, bleiben durch Hervorhebung oder Umstellung erwirkte Veränderungen ohne Folgen für die Wirkungsbereiche der betroffenen Modifikationen. Nicht so jedoch bei Typ 3, weshalb hier eigens zu bestimmen ist, welche Modifikation den engeren, welche den weiteren Wirkungsbereich hat. Doch, was bedeutet das für Sprecher bzw. Schreiber, was für Hörer bzw. Leser?
Sollen, wie bei Typ 1, zwei Spezifikationen vorgenommen werden, die voneinander unabhängige Dimensionen betreffen, kann man bei ihrer linearen Anordnung keine schwerwiegenden Fehler machen. Völlig beliebig ist die Anordnung jedoch nicht, denn oft findet sich eine Art Standardabfolge:
Abweichungen vom Standard dienen, unterstützt von entsprechender Betonung, dazu, entsprechende Fragen zu beantworten, etwa so:
Auch bei Typ 2 sind schwerwiegende sachliche Fehler durch Änderungen in der linearen Abfolge ausgeschlossen, denn es ist schlicht unmöglich, die Wirkungsbereiche der Modifikationen zu vertauschen. Anders als bei Typ 1 kann die Änderung der linearen Abfolge hier zu grammatisch grenzwertigen Sätzen führen:
Akzeptabel sind solche Äußerungen nur, weil man Sprechern zugesteht, dass sie Informationen "nachschieben" dürfen, die ihnen während des Sprechens noch in den Sinn kommen.
Als Sprecher weiß man natürlich, in welchem Sinn verstanden werden soll, was man zu sagen hat, doch man kann nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass der oder die Zuhörer die gemeinte Lesart gleich erkennen. Nun wird man mit einem Satz wie Sie kaufen immer dort ein kaum ein Gespräch beginnen, schon weil sie dabei gleichsam in der Luft hinge. Bringt man den Satz vor, um eine Frage zu beantworten oder um einer anders lautenden Feststellung zu widersprechen, sorgt schon der Vorlauf des Gesprächs dafür, dass die Äußerung in den Sinn verstanden werden wird, den man ihr geben will. Man kann deshalb den Satz ohne spezielle Akzentuierung oder Wortstellung artikulieren. Vielleicht wird man dennoch klarstellende Akzente setzen, etwa Sie kaufen dort immer ein, doch erforderlich ist dies in diesem Fall nicht. Das zeigt sich auch daran, dass man selbst mit ausgeprägter Akzentuierung nicht gegen einen eindeutigen Kontext oder eindeutige Wissenshintergründe ankommt.
Mit einem Satz wie
könnte ein Gespräch anfangen. Wird der Satz ohne besondere Akzentuierung ausgesprochen, wird er in diesem Sinn verstanden werden: "Die Maiers kaufen ausschließlich in Mannheim ein."
Will man feststellen, dass die Maiers in Mannheim nichts anderes tun als einkaufen, kann man sagen:
Ohne weiteren Kontext wird es einem selbst mittels ausgeprägter Akzentuierung kaum gelingen, seine Zuhörer dazu zu bringen, die Sätze anders als eben so zu verstehen. Durch bestimmte Fortsetzungen kann man dies allerdings, gewissermaßen im Nachhinein, erzwingen:
Empfehlenswert sind solche Umkehrungen sicher nicht. Akzeptabel sind sie bestenfalls als Reparatur zunächst nicht ganz geglückter Formulierungen, wie sie bei dem, was Heinrich von Kleist die allmähliche Verfertigung des Gedankens beim Reden nannte, schon mal zustande kommen können. Bemerkenswert sind solche Reparaturen insofern, als sie zeigen, dass die Reihenfolge der Auswertung der Modifikationen prinzipiell veränderbar ist. Bei Kombinationen vom Typ 2 gelingt dies nicht.
Als Schreiber kommt man allenfalls im Rahmen sog. Chats oder beim schnellen Austausch von elektronischer Post in die Lage, sehr schnell auf vorangegangene Äußerungen von Partnern zu reagieren. Ist dies doch der Fall, gilt im Wesentlichen dasselbe, was auch für Sprecher gilt. Was man in mündlicher Rede akzentuieren könnte, lässt sich mit den Mitteln moderner Textverarbeitung durch die Formatierung der Schriftzeichen und zusätzliche Symbole wie sog. Smileys erreichen. Für die eher traditionellen Formen des Schreibens ist festzuhalten, dass die oben angesprochene nachträgliche Umkehrung der Wirkungsbereiche der Modifikationen hier nicht als Ausrede für missglückte Formulierungen herhalten kann. Man sollte sich deshalb möglichst an die Abfolge "weiterer Wirkungsbereich vor engerem Wirkungsbereich" halten oder, wenn man – aus welchen Gründen auch immer – davon abweichen will, vorab einen Kontext schaffen, der die Umkehr der Wirkungsbereiche eindeutig erkennen lässt.
Äußerungen vom Typ 1 oder Typ 2 sind für Hörer hinsichtlich der Wirkungsbereiche der Modifikationen unproblematisch. Für Äußerungen vom Typ 3 ist auch für Hörer die Abfolge "weiterer Wirkungsbereich vor engerem Wirkungsbereich" erste Wahl. In Anbetracht der Flüchtigkeit des Gesprochenen ist bei diesem Typ jedoch besonders aufmerksam auf Kontext und Betonung des Gesagten zu achten, damit einem eventuelle Abweichungen von dieser Anordnung nicht entgehen. Zwar wird sich manches anfängliche Missverständnis im weiteren Verlauf eines Gesprächs oder einer Rede aufklären, doch einmal in der falschen Spur läuft man Gefahr, alles Weitere im Sinn der ursprünglichen Fehldeutung zurecht zu biegen.
Auch als Leser wird man mit Äußerungen vom Typ 1 oder Typ 2 wenig Schwierigkeiten haben, jedenfalls, was die Auswertung der Modifikationen betrifft. Bei Äußerungen vom Typ 3 kann man davon ausgehen, dass die Abfolge "weiterer Wirkungsbereich vor engerem Wirkungsbereich" eingehalten wurde, sofern nicht im unmittelbar vorangehenden Text eine Abweichung von dieser Folge angelegt wurde, oder – wie beim folgenden Beispiel – sachliche Gesichtspunkte eine Umkehr der Interpretationsschritte unausweichlich machen:
Gut möglich, dass die ungewöhnliche Abfolge der Modifikationen in diesem Beispiel dem Umstand geschuldet ist, dass der Verfasser nicht die Zeit fand, seinen Text nochmals in Ruhe durchzugehen. Dass es dabei zu keiner Fehlinterpretation kommen konnte, ist jedoch allein auf den allgemeinen Wissenshintergrund zurückzuführen, vor dem jede Information auszuwerten ist. Das wird deutlich, wenn man in dem Text täglich durch dreimal ersetzt, denn in diesem Fall greift kein allgemeines Weltwissen, das eine Abweichung von den üblichen Interpretation erzwingen könnte: