Frequenzspezifikation
Frequenzspezifikationen nehmen unter den Geltungsspezifikationen in zweifacher Hinsicht eine Sonderstellung ein:
- Während andere Geltungsspezifikationen etwas ausführen, das ohne Spezifikation offen bleibt, ersetzen Frequenzspezifikationen den gegebenen, aber nicht eigens formulierten Grundwert 'einmal' durch einen anderen Wert:
- Neben Frequenzspezifikationen, die - wie alle Geltungsspezifikationen - ganze Dikta in ihrem Skopus haben, finden sich auch Spezifikationen von Frequenzen, deren Wirkung auf das jeweilige Prädikat beschränkt bleiben und die mithin als Prädikatsspezifikationen zu betrachten sind:
(die tageszeitung, 21.06.1995, S. 13)
(die tageszeitung, 27.09.1988, S. 6)
Der - sicher recht feine - Unterschied zwischen diesen beiden Formen der Spezifikation von Frequenzen ist vor allem im Hinblick auf das Resultat der jeweiligen Wiederholungen zu sehen. Während mittels Frequenzspezifikation lediglich festgestellt wird, dass ein gleichartiges Ereignis so und so oft eingetreten ist, wird mit der prädikatsbezogenen Häufigkeitsangabe ein Ereignis erfasst, das erst mit dem mehrfachen Zutreffen des Prädikats zustande kommt.
Ob in einem gegebenen Fall eine Frequenzangabe als Geltungsspezifikation oder als Prädikatsspezifikation aufzufassen ist, lässt sich - einigermaßen sorgfältigen Sprachgebrauch vorausgesetzt - sehr gut an den verwendeten Ausdrücken erkennen: Mit einfach, doppelt, zweifach, allgemein: so-und-so-viel-fach werden Prädikatsspezifikationen ausgedrückt, Frequenzspezifikationen hingegen mit so-und-so-viel-mal sowie allen anderen Häufigkeit bestimmenden Adverbien (oft, häufig, selten, wiederholt, niemals, ...) und Adverbialia (zum wiederholten Male, mehrere Male, ...).
Frequenzspezifikationen im Verbund mit anderen Diktumserweiterungen und verschiedenen Modi dicendi
Frequenzspezifikation und Propositionsspezifikation
Frequenzspezifikationen sind grundsätzlich in Verbindung mit allen Modi dicendi und allen Arten von Propositionsspezifikationen anwendbar. Beschränkungen, wie man sie bei folgendem Satz annehmen könnte, sind nicht sprach-, sondern sachbedingt:
(die tageszeitung, 21.07.1997, S. 1)
(Berliner Zeitung, 12.12.2002, Beamte vor Gericht)
Auch eine mehrfache Anwendung von Frequenzspezifikationen ist möglich:
(Berliner Zeitung, 11.11.2000, S. 35)
(Frankfurter Rundschau, 07.11.1997, S. 1)
Dabei werden die beiden Spezifikationen nicht miteinander verrechnet, sondern als eine Art von Verschachtelung interpretiert. So bildet beim ersten Beispiel der Entwurf eines Entrümpelungsereignisses den Kern des Diktums. Mit zweimal wird spezifiziert, dass dieses Ereignis zweimal eingetreten ist. Mit schon mal wiederum wird die Häufigkeit des dreimaligen Eintretens des Gewinnens - etwas vage - spezifiziert: 'Mindestens einmal, vermutlich aber auch häufiger'.
Dass auch die Abfolge bei iterierten Frequenzspezifikationen von Bedeutung ist, wird besonders deutlich, wenn numerische Spezifikationen aufeinander folgen:
Werden nacheinander mehrere - in aller Regel nicht mehr als zwei - Frequenzspezifikationen angewandt, ist es wichtig, die Reihenfolge der Anwendung kenntlich zu machen. Schriftsprachlich kann dies - ohne Verwendung eigens definierter graphischer Attribute - nur so geschehen, dass die Spezifikation mit dem weiteren Skopus links von der Spezifikation mit dem engeren Skopus steht. Mündlich kann die Spezifikation mit dem weiteren Skopus durch entsprechende Kontrastbetonung angezeigt werden:
Bei Propositionen, die nicht Ereignisse, sondern Zustände entwerfen, unterliegt die Anwendung von Frequenzspezifikation gewissen Beschränkungen. So kann man zwar korrekt feststellen:
Ein Ausdruck wie der folgende ist hingegen allenfalls in sehr speziellen Kontexten akzeptabel:
Frequenzspezifikation und andere Geltungsspezifikationen
Zwischen Frequenzspezifikationen, Durativspezifikationen und Zeitspezifikationen kann es zu Interferenzen kommen, die im Allgemeinen aber nicht sprach-, sondern sachbedingt sind und zudem nur in Verbindung mit bestimmten Prädikaten und anderen Spezifikationen auftreten:
Die Phrase punkt sechs Uhr kann als Zeitspezifikation oder als Grenzfall einer Durativspezifikation interpretiert werden, vielleicht auch als beides zugleich. Bei einer Deutung als Zeitspezifikation sind zwei Interpretationen möglich: Es kann ein einmaliger Zeitpunkt gemeint sein oder ein täglich wiederkehrender Zeitpunkt. Der Fall des täglich wiederkehrenden Zeitpunkts ist problemlos zu verstehen: Zehnmal war es so, dass er Punkt sechs Uhr losrannte. Der Fall des einmaligen Zeitpunkts ist von besonderer Art: Hier müsste das zehnmalige Umrunden des Häuserblocks an diesem Zeitpunkt stattgefunden haben, und dafür reicht die verfügbare Zeitspanne ganz einfach nicht aus.
Frequenzspezifikationen sind, von solchen Interferenzen abgesehen, mit Geltungsspezifikationen anderer Art unbeschränkt kompatibel, wie die folgenden Beispiele zeigen:
Frequenzspezifikation > Kausalspezifikation
Frequenzspezifikation < Finalspezifikation
Frequenzspezifikation < Konsekutivspezifikation
Kontrastivspezifikation > Frequenzspezifikation
Frequenzspezifikation < Konzessivspezifikation
oder
Frequenzspezifikation > Konzessivspezifikation
Substitutivspezifikation < Frequenzspezifikation
oder
Substitutivspezifikation > Frequenzspezifikation
Frequenzspezifikation, Geltungsrestriktion und Negation
Frequenzspezifikationen können Geltungsrestriktionen und Negationen in ihrem Skopus haben und im Skopus solcher Operationen auftreten.
Frequenzspezifikation und andere Arten von Diktumserweiterung
Alle übrigen Arten von Diktumserweiterung haben weiteren Skopus als Frequenzspezifikationen und können ohne besondere Beschränkung mit diesen kombiniert werden.