Durativspezifikation
- Was sind Durativspezifikationen?
- Verfahren der Durativspezifikation
- Ausdrucksformen von Durativspezifikationen
- Durativspezifikationen im Verbund mit anderen Diktumserweiterungen und verschiedenen Modi dicendi
Was sind Durativspezifikationen?
Mit einer Durativspezifikation kann der Zeitraum bestimmt werden, in dem ein Sachverhalt Bestand hat oder ein Ereignis stattfindet.
Auf den ersten Blick scheinen solche Bestimmungen von derselben Art zu sein wie Zeitbestimmungen oder Ortsbestimmungen:
Erst eine genauere Betrachtung zeigt den kategorialen Unterschied: Während eine Zeit- oder Ortsspezifikation auf einen elementaren Sachverhaltsentwurf operieren kann, ohne dabei das Bestehen oder Nicht-Bestehen des entworfenen Sachverhalts in Rechnung stellen zu müssen, gilt eine Durativspezifikation immer dem Anspruch auf das Bestehen des entworfenen Sachverhalts. Sie kann deshalb, anders als eine Zeitspezifikation, nicht als Propositionsspezifikation gelten.
Der kategoriale Unterschied zwischen Zeitspezifikation und Durativspezifikation wird deutlich, wenn man das Verhalten dieser Operationen in Verbindung mit einer Negation betrachtet: Die Negation ist als Operation eindeutig auf den Aspekt des Bestehens eines Sachverhalts ausgerichtet. Es kann sein, dass ein Sachverhalt besteht oder dass er nicht besteht. Negative Sachverhaltsentwürfe gibt es nicht. Das aber bedeutet, dass jede Operation, die einen weiteren Skopus (Wirkungsbereich) haben kann als die Negation, wie diese auf den Aspekt der Geltung bezogen sein muss. Durativspezifikationen sind von dieser Art, Zeitspezifikationen hingegen nicht, wie anhand dieser Beispiele zu zeigen ist:
(Züricher Tagesanzeiger, 06.03.1999, S. 44)
(die tageszeitung, 09.01.1997, S. 6)
Die Bedeutung des ersten Beispiels lässt sich so explizieren:
Die - geltungsneutrale - Umformung führt beim ersten Beispiel zu einem Diktum, das unter anderen Bedingungen zutreffen kann als das Diktum, das entsteht, wenn man den Skopus von Negation und Durativspezifikation vertauscht:
Nimmt man eine entsprechende Umformung beim zweiten Beispiel vor, ergibt sich erst einmal ein kaum akzeptabler Ausdruck:
Wenn dies überhaupt zu verstehen ist, kann es nichts anderes bedeuten als das, was über die zweite Umformung daraus zu erzeugen ist:
Das bedeutet: Die Zeitspezifikation kann, anders als die Durativspezifikation, keinen weiteren Skopus haben als die Negation.
Verfahren der Durativspezifikation
Durativspezifikationen können absolut oder relational gehalten sein und dabei Mittel der Deskription und der Deixis einsetzen. Unter einer absoluten Durativspezifikation verstehen wir eine Spezifikation, die Dauer bestimmt, ohne auf Sprech- oder Betrachtzeit Bezug zu nehmen:
(die tageszeitung, 24.05.1995, S. 17)
(die tageszeitung, 18.09.1987, S. 5)
Bei relationalen Durativspezifikationen hingegen sind Sprech- oder eine eingeführte Betrachtzeiten in Rechnung zu stellen:
(die tageszeitung, 23.08.2001, S. 2)
(Oberösterreichische Nachrichten, 20.10.2000, Eine gelungene Revanche ermöglicht die nächste)
Durativspezifikationen können mehr oder weniger präzis sein. Stützen sie sich - wie in letzten Beispiel - auf einen Vergleichszeitraum, bleibt die Länge der Zeitspanne im Satz selbst offen. Im Alltag sind allerdings auch formal präzise Spezifikationen nicht unbedingt für bare Münze zu nehmen: Wer sagt, er sei drei Stunden lang spazieren gegangen, wird selten genau drei Stunden unterwegs gewesen sein.
Durativspezifikationen können in Konkurrenz zu eventuell vorhandenen Zeitspezifikationen treten. Eine in der Sprechzeit verankerte Spezifikation des Seit wann kann sogar jede weitere Zeitspezifikation ausschließen:
Ist die Durativspezifikation hingegen in der Betrachtzeit verankert, kann diese durch die Zeitspezifikation eingeführt werden:
Ausdrucksformen von Durativspezifikationen
Durativspezifikationen können im sprachlichen Ausdruck auf verschiedene Weisen realisiert werden:
(die tageszeitung, 14.11.1986, S. 5)
Präpositionalphrase
(die tageszeitung, 19.01.1987, S. 6)
Satzadverbialsatz
(Berliner Zeitung, 11.02.2003, Das wäre cool, wenn ich immer sitzen bleiben könnte)
Satzadverbialsatz
(die tageszeitung, 19.08.1995, S. 30)
Nominalphrase im Akkusativ
(Oberösterreichische Nachrichten, 27.06.1998, Wiedersehen nach 45 Jahren dank OÖN)
Adverb
Durativspezifikationen im Verbund mit anderen Diktumserweiterungen und verschiedenen Modi dicendi
Durativspezifikation und Modus dicendi
Anders als Kausalspezifikationen und Finalspezifikationen sind Durativspezifikationen auf Basisdikta in beliebigen Modi anwendbar. Das belegen diese Beispiele:
Aufforderungsmodus
Ergänzungsfragemodus
Entscheidungsfragemodus
Wunsch-Modus
Heische-Modus
Exklamativmodus
Durativspezifikation und Propositionsspezifikation
Mit Propositionsspezifikationen sind Durativspezifikationen, abgesehen von den genannten Interferenzen mit Zeitspezifikationen, ohne Einschränkung zu kombinieren.
Durativspezifikation und andere Geltungsspezifikationen
Mit anderen Geltungsspezifikationen sind Durativspezifikationen uneingeschränkt zu kombinieren, sofern es sich nicht um eine weitere Durativspezifikation handelt, denn Durativspezifikationen nicht iteriert werden.
Ein gegenteiliger Eindruck, wie er bei folgendem Beispiel auftreten könnte, ist darauf zurückzuführen, dass eine Frequenzspezifikation - drei Tage = an drei Tagen - als Durativspezifikation - drei Tage = drei Tage lang - interpretiert wird.
Durativspezifikationen können sowohl im Skopus anderer Geltungsspezifikationen auftreten, als auch andere Geltungsspezifikationen in ihrem Skopus haben, wobei manchmal nicht zu entscheiden ist, welche Spezifikation weiteren Skopus hat:
(Frankfurter Rundschau, 014.01.1999, S. 35)
Durativspezifikation < Kausalspezifikation
(die tageszeitung, 15.01.1994, S. 38)
Durativspezifikation <> Finalspezifikation
(Berliner Zeitung, 27.05.2000, S. 8)
Durativspezifikation < Kontrastivspezifikation
(Berliner Zeitung, 26.10.2002, In der Chop Bar in der Pappelallee)
Durativspezifikation < Konzessivspezifikation
(Mannheimer Morgen, 27.04.2001, Tschechien will sich den dritten Titel in Serie holen)
Durativspezifikation < Substitutivspezifikation
(die tageszeitung, 06.05.2000, S. 6)
Durativspezifikation < Konsekutivspezifikation
(die tageszeitung, 02.05.1989, S. 8)
Frequenzspezifikation > Durativspezifikation
Formale Indikatoren für die Interpretation der Skopoi der jeweiligen Geltungsspezifikationen finden sich nur in mündlicher Rede:
Um in üblicher Schriftform den Skopusunterschied deutlich zu machen, der mündlich mittels Betonung zum Ausdruck gebracht wird, könnte man das erste Beispiel so paraphrasieren:
Das zweite Beispiel wäre dann so zu paraphrasieren:
Den weiteren Skopus hat hier die Spezifikation, deren Ausdruck durch die Akzentuierung (Hervorhebung) markiert ist. Wo keine Hervorhebung zu erkennen ist, hat sich die Interpretation am Hintergrundwissen zu orientieren. Wo dieses keine eindeutige Abfolge nahe legt, sind grundsätzlich beide Interpretationen möglich. Das kann zu Unklarheiten bei der Verifikation führen, weil hier eine Durativspezifikation und eine Frequenzspezifikation aufeinander treffen. Bei anderen Kombinationen ist es belanglos, denn es bleibt ohne Auswirkung auf die Verifikationsbedingungen.
Durativspezifikation und Geltungsrestriktion
Geltungsrestriktionen können sowohl im Skopus von Durativspezifikationen auftreten, als auch solche Spezifikationen in ihrem Skopus haben:
(die tageszeitung, 31.07.1989, S. 21)
Durativspezifikation > Geltungsrestriktion
(die tageszeitung, 23.06.1990, S. 28)
Durativspezifikation < Geltungsrestriktion
Durativspezifikation und Negation
Negationen können im Skopus einer Durativspezifikation auftreten - Beispiel (21) - und eine solche in ihrem Skopus haben, jedoch nur, wenn die Durativspezifikation - Beispiel (22) - zugleich hervorgehoben ist:
(die tageszeitung, 23.05.1989, S. 11)
Durativspezifikation > Negation
(Züricher Tagesanzeiger, 13.02.1999, S. 17)
Negation > Durativspezifikation
Durativspezifikation und Modalfunktion
Modalfunktionen können Durativspezifikationen in ihrem Skopus haben:
(Mannheimer Morgen, 04.04.1998, Auslieferung Drachs kann Jahre dauern)
Sein Kumpel unterdessen klagte, daß er nun wahrscheinlich noch viel länger auf sein Bier werde warten müssen.
(die tageszeitung, 18.10.1996, S. 27)
Im Skopus von Durativspezifikationen wirken Modalfunktionen sehr gewollt, sofern sie nicht Gegenstand einer Kontrastierung sind:
Durativspezifikation und weitere Formen der Diktumserweiterung
Alle übrigen Formen der Diktumserweiterungen haben weiteren Skopus als Durativspezifikationen und sind ohne Einschränkung mit diesen kompatibel.