Primäre Komponenten des Satzes
andere Bezeichnungen:
Satzglieder (frz.: constituants propositionnels; membres de phrase; syntagmes propositionnels)
Sprachliche Ausdrücke können bestimmte Rollen beim Aufbau von komplexeren sprachlichen
Einheiten übernehmen, das heißt, sie erfüllen syntaktische Funktionen. Der wesentliche Typus einer
komplexen sprachlichen Einheit ist der Satz, das heißt,
eine sprachliche Konstruktion, die um einen Verbalkomplex mit einem finiten Verb syntaktisch
organisiert ist.
Im komplexen Ausdruck "Satz" ist das strukturale Zentrum das finite Verb
bzw. der aus mehreren Verbformen bestehende Verbalkomplex
(frz.: complexe verbal). Der Verbalkomplex fordert als Ergänzung zu einem vollständigen
Satz notwendige Ausdruckseinheiten. Darüber hinaus können weitere - allerdings nicht notwendige -
Ausdruckseinheiten hinzutreten.
Die Funktion, den Verbalkomplex mit notwendigen
sprachlichen Elementen zu einem Satz zu ergänzen, erfüllen die Komplemente. Die Funktion, einen Verbalkomplex oder einen ganzen Satz mit
syntaktisch nicht notwendigen sprachlichen Einheiten zu erweitern, kommt den
Supplementen zu.
- Supplemente sind fakultative Komponenten des Satzes und ihre Stellung im
Satz hängt von ihrer Semantik und ihrer Funktion ab.
- Am rechten Rand des Mittelfelds
stehen diejenigen, die sich direkt auf dem Verbalkomplex oder auf die Verbindung 'Verbalkomplex +
Prädikativ- bzw. Direktiv- bzw. Präpositivkomplement' beziehen. Sie haben eine spezifizierende
Funktion. Es sind:
· Modalangaben
· Frequenz- und Durativangaben
Das Kind hat eine ganze Stunde laut gebrüllt.
- Weiter links im Mittelfeld - oder häufig auch im Vorfeld (allerdings kann das Vorfeld in der Regel nur von einer einzigen Phrase besetzt werden) - findet man:
· Zeitangaben
· Ortsangaben
· Kausativangaben
Sie ordnen den dargestellten Sachverhalt in einen (temporalen, örtlichen, kausalen usw.)
Zusammenhang ein.
Die Reihenfolge {temporal, örtlich, kausal} entspricht der strukturell
unmarkierten Abfolge.
Das Kind hat gestern im Zug aus Langeweile eine ganze Stunde laut gebrüllt.
Damals konnte ich in Berlin wegen meiner Verletzung nicht mehr arbeiten.
- Auch Satzadverbien werden als Supplemente betrachtet, sie drücken die Sprechereinstellung zum ganzen Satz aus: Sie stehen dann entweder im Mittelfeld (an der Nahtstelle zwischen Thema und Rhema) vor der Negation oder aber im Vorfeld.
Das Kind hat gestern im Zug aus Langeweile / komischerweise / eine ganze Stunde laut gebrüllt.
Leider konnte ich damals in Berlin wegen meiner Verletzung / nicht mehr / arbeiten.
Anmerkung:
Dies sind nur Tendenzen. Je nach Informationsverteilung im Satz und
im Text wird z.B. das Vorfeld anders besetzt. Außerdem kann ein lokatives Supplement vor dem
Prädikat stehen, wenn die dadurch entstandene Verbindung der kommunikativen Absicht
entspricht.
So ergänzen in
die beiden Komplemente wir (vgl. dazu weiter unten) und dieses Problem den Verbalkomplex haben gelöst zu einem Satz. Dagegen wird in
der Verbalkomplex haben gelöst durch das Supplement schnell spezifiziert und durch die Komplemente wir und dieses Problem zu einem Satz vervollständigt. Schließlich kann in
durch das Supplement damals der gesamte Satz
Wir haben dieses Problem schnell gelöst.
erweitert werden, wodurch sich ein neuer Satz ergibt.
Damals haben wir dieses Problem schnell gelöst.
Im Folgenden wird es um die Frage gehen, wie die funktionalen Komponenten des regulären Satzes durch bestimmte Ausdruckskategorien bzw. Phrasentypen realisiert und beim Aufbau von Sätzen in Beziehung zueinander gesetzt werden. Komplemente und Supplemente können mithilfe verschiedenartiger Ausdruckskategorien realisiert werden: In obigen Beispielen erscheinen als Komplemente ein Pronomen im Nominativ (wir) und eine Nominalphrase im Akkusativ (dieses Problem) und als Supplemente ein Adjektiv (schnell) und ein Adverb (damals). Der Verbalkomplex kann ausschließlich durch unterschiedliche Verbformen realisiert werden.
In Anlehnung an die Valenztheorie wird in GRAMMIS das Subjekt als Komplement, genauer: als Kasuskomplement betrachtet bzw. behandelt (Ksub):
Syntaktisch ergänzt das Subjekt das Verb wie alle anderen Komplementtypen.
Neben dem Satz gibt es allerdings auch sprachliche Einheiten, die syntaktisch nicht aus
einem vollständigen Satz bestehen, aber dennoch kommunikative Funktion besitzen. Mit diesen
kommunikativen Minimaleinheiten können - genauso wie mit
Sätzen - sprachliche Handlungen vollzogen werden.
Zu den kommunikativen Minimaleinheiten
zählen einzelne Wortformen wie z. B. Ruhe!, Brandgefahr! (Nomen),
herein! (Adverb), Zurücktreten! (Verb), einzelne Phrasen Zu
Tisch!, Distanzierter Papst [Süddeutsche Zeitung, 25.09.2006] oder
verschiedene Arten von Sequenzen ohne finites Verb wie Gut gewappnet [FAZ,
31.08.2005], Heute frische Bretzeln, Ausgang hinten, Rauchen verboten, Jetzt
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Diese Formen sind vor allem in der mündlichen Kommunikation und in
Überschriften von Pressetexten zu finden.
Im Rahmen dieser thematischen Einheit werden die verschiedenen Klassen von Komplementen und Supplementen gegeneinander abgegrenzt, ihre möglichen Realisierungen beschrieben und der Aufbau des mitunter komplexen Verbalkomplexes analysiert.