Wortarten

(frz. classes de mot)

Auf die Frage, worin sich Sprache gemeinhin manifestiert, wird die landläufigste Antwort lauten: Sprache manifestiert sich in Wörtern.

Bei einer grammatischen Beschreibung der deutschen Sprache sind Wörter aber nur auf einer von verschiedenen Beschreibungsebenen angesiedelt. Bei der Beschreibung von Sprache gibt es grundsätzlich zwei Perspektiven. Einerseits kann man absteigend (deszendent), andererseits kann man aufsteigend (aszendent) vorgehen. Deszendentes Vorgehen bedeutet, dass Sprache von der größten Einheit aus betrachtet und in immer kleinere Einheiten segmentiert wird. Das aszendente Vorgehen ist das umgekehrte. Wenn wir deszendent vorgehen, gehen wir vom Text aus und beschreiben dann die Einheiten, die den Text aufbauen, nämlich die komplexen und die einfachen Sätze. Die Sätze wiederum sind aufgebaut aus Phrasen (frz. groupes syntaxiques) und diese aus den Wörtern. Damit sind wir aber noch nicht am unteren Ende der deszendenten Beschreibung angelangt. Wörter werden gebildet aus einem oder mehreren Morphemen, den kleinsten bedeutungstragenden Einheiten der Sprache. Von diesen wiederum gelangt man zu den kleinsten bedeutungsunterscheidenden Elementen der Sprache, den Phonemen.

Aszendente Beschreibung

Aszendente Beschreibung

Texte können auf Grund verschiedener Eigenschaften zu Textsorten klassifiziert werden. Sätze werden nach dem Grad ihrer Komplexität und nach ihrer Form und ihrer Funktion klassifiziert. Und wenn wir hier Wörter nach bestimmten Eigenschaften klassifizieren, dann sprechen wir von Wortarten oder Wortklassen.

Relevant für die Beschreibung der Satzstruktur werden Wörter als syntaktische Wörter, als spezifische grammatische Ausprägungen eines Worts in einer ganz bestimmten, meist flexivisch markierten Wortform. Bei invariablen Wörtern ist das Flexionskreiterium allerdings irrelevant. In Sätzen realisierte Wörter (Wortformvorkommen) sind also immer syntaktische Wörter. Siehe "Syntaktisches Wort, Wortform oder Lexem". Formgleiche syntaktische Wörter können unterschiedliche Funktionen einnehmen. So kann die Wortform zerstörte, die im Beispiel

Sie zerstörte seine Hoffnungen.

als 3. Person Singular Indikativ Aktiv Präteritum des Verbs zerstören bestimmt werden muss, in einem anderen Kontext ein anderes syntaktisches Wort repräsentieren, z. B. die 1. Person Singular in ich zerstörte oder ein attributives Partizip in das zerstörte Reich. Die für die Beschreibung der Lexikon-Eigenschaften relevante Einheit, das Lexem, ergibt sich unter Absehung von grammatischen Kategorisierungen wie Person, Numerus, Kasus etc. sozusagen als gemeinsamer Nenner des Paradigmas verschiedener syntaktischer Wörter unter einer Zitierform, hier das Verb zerstören. Die Zitierform bei Verben ist immer der Infinitiv, bei Substantiven ist es der Nominativ.

Wörter in diesem Sinne, also Lexeme oder lexikalische Einheiten, können hinsichtlich verschiedener Kriterien kategorisiert werden: nach ihren morphologischen, syntaktischen und semantischen Merkmalen. Nur die semantischen führen zu übereinzelsprachlichen Kategorien und können deshalb beim Sprachvergleich herangezogen werden. Die morphologischen und syntaktischen Eigenschaften sind jeweils einzelsprachliche Ausprägungen.
Ausführlich dazu auch in der Einheit "Grundlagen zur Flexionsmorphologie"

semantische Eigenschaften

Einige zentrale semantische Eigenschaften - kognitive und konzeptuelle Grundfunktionen -, nach denen man Wörter klassifizieren kann, finden sich in allen Sprachen. Wörter können Prädikate ausdrücken, - das ist im Deutschen die Hauptaufgabe von Verben; Wörter können - wie im Deutschen die Nomina - Gegenstände charakterisieren; Wörter können Sachverhalte spezifizieren, das sind die Hauptaufgaben der Adjektive und der Adverbien; Wörter können aber auch Sachverhalte zueinander in Beziehung setzen, das leisten vor allem Junktoren, Präpositionen, Partikeln und Adverbien.

morphologische Eigenschaften

Nach morphologischen Eigenschaften unterscheidet man flektierbare von unflektierbaren Wortarten. Flektierbare Wortarten haben einen unveränderbaren Stamm oder mehrere Stammvarianten, an welche als veränderbare Variable Flexionsmorpheme (Flexive) angebunden werden. In der Menge der flektierbaren Wörter ergeben sich die Hauptklassen Verb, Nomen, Adjektiv, Artikel, Pronomen. Ihre Veränderung erfolgt je nach der Kategorisierung (Numerus, Genus, Kasus, Person, Tempus, Modus (Verbmodus), Genus verbi, Komparation), die mit morphologischen Mitteln ausgedrückt wird. Üblicherweise bezeichnet man die Flexion des Verbs als Konjugation, die der nominalen Wortarten (Nomen, Adjektiv, Artikel, Pronomen) als Deklination. Unflektierbare Wörter dagegen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nie verändert werden, sie kommen nur in einer Form vor. Zu den Wortarten, deren Vertreter nicht flektiert werden, zählen die Adverbien, Partikeln, Präpositionen und Junktoren (Subjunktoren, Konjunktoren und Adjunktoren).

syntaktisch-distributionelle Eigenschaften

Für die genauere Ermittlung und die Subklassifizierung der vier traditionellen nominalen Wortarten Nomen, Adjektiv, Artikel und Pronomen müssen zusätzlich syntaktisch-distributionelle Kriterien herangezogen werden wie z. B. die Position von Wörtern in Sätzen oder Phrasen, die syntagmatischen (horizontal verknüpfenden) Beziehungen zu anderen Einheiten im Satz (Rektion, Kongruenz, Valenz) oder die Stellungseigenschaften in der linearen Satzstruktur.

Bei den unflektierbaren Wörtern werden mangels morphologischer Flexionsendungen vor allem die syntaktisch-distributionellen Eigenschaften für die Klassenbildung relevant.

Wortarten des Deutschen mit den wichtigsten differenzierenden Merkmalen:

Übung: Wortarten

Einige begründende Bemerkungen zu unserer Wortartenklassifikation

Zum Text

Letzte Änderung
Aktionen
Seite als PDF
Seite drucken
Seite zitieren

Seite teilen