Adjektiv

frz. adjectif

Adjektiv im Überblick

Adjektive wie grün, kurz, weiblich, entzückt ... fungieren in erster Linie als Modifikatoren von Nomina und dienen der zusätzlichen Charakterisierung von Gegenständen oder der Zuschreibung von Eigenschaften. Sie flektieren in zwei Flexionsparadigmen (stark, schwach) nach Kasus, Genus und Numerus und sind in zwei Stufen steigerbar (schöner, schönst-). Sie können als Attribute (frz. épithètes) (ein katastrophales Ergebnis), als Prädikativkomplemente (frz. attributs) (das Ergebnis war katastrophal) und als Adverbialia fungieren (sie benimmt sich katastrophal).

andere Bezeichnungen und Zuordnungen

Eigenschaftswort. Die nur prädikativ verwendbaren Adjektive (leid, quitt, schade ...) werden in der 'Grammatik der deutschen Sprache' als eigene Wortart Adkopula klassifiziert.

Beispiele

hell, kurz, blau, fein, fröhlich, lausig, philosophisch, entzückt, verheerend, gram ...

mein kleiner grüner Kaktus
Im Herbst werden die Wälder bunt.
Still und starr ruht der See.

morphologische Eigenschaften

Adjektive bilden diejenige Wortart im Deutschen, die über das reichhaltigste Formenparadigma verfügt. Sie flektieren nicht nur nach Kasus, Genus und Numerus, sondern treten auch in zwei Flexionsklassen auf:

starke Flexionfünf Flexionsendungen: -e, -en, -er, -es, -emnach Artikel ohne Flexionsmarker und wenn kein Artikel vorhanden istmit frischem Mut
schwache Flexionzwei Flexionsendungen: -e, -ennach definitem Artikel und den meisten der Flexion des definiten Artikels folgenden Artikelformen, die Flexionsendungen besitzenmit dem frischen Mut der Jugend

Manche Grammatiken unterscheiden einen dritten, gemischten Flexionstyp für Adjektive nach indefinitem Artikel, Possessiv-Artikel und dem Quantifikativ-Artikel kein-. Dieser Flexionstyp setzt sich aus starken und schwachen Formen zusammen.


Zur Adjektivflexion siehe auch "Flexion der Adjektive"

starke Flexion

In der starken Adjektivflexion wird die spezifische Markierungsleistung eines Artikels von der Adjektivform übernommen; die Formen - fünf Flexionsendungen - entsprechen weitgehend denen des Demonstrativ-Artikels.

MASKULINNEUTRUMFEMININPLURAL
NOMdieser Wein
roter Wein
dieses Glas
dünnes Glas
diese Freude
große Freude
diese Gläser
dünne Gläser
AKKdiesen Wein
(ohne) roten Wein
dieses Glas
(ohne) dünnes Glas
diese Freude
(ohne) große Freude
diese Gläser
(ohne) dünne Gläser
DATdiesem Wein
(mit) rotem Wein
diesem Glas
(mit) dünnem Glas
dieser Freude
(mit) großer Freude
diesen Gläsern
(mit) dünnen Gläsern
GENdieses Weins
roten Weins
dieses Glases
dünnen Glases
dieser Freude
großer Freude
dieser Gläser
dünner Gläser

schwache Flexion

Bei der schwachen Adjektivflexion treten nur die zwei Flexive -e und -en auf.

MASKULIN NEUTRUM FEMININPLURAL
NOMINATIVder nette Manndas nette Kinddie nette Fraudie netten Leute
AKKUSATIV den netten Manndas nette Kinddie nette Fraudie netten Leute
DATIVdem netten Manndem netten Kind der netten Frauden netten Leuten
GENITIVdes netten Mannes des netten Kindesder netten Frau der netten Leute

Steigerung des Adjektivs

Adjektive besitzen einen Positiv (Grundstufe) und können - sieht man von semantischen Restriktionen ab wie *schwangerer, *zweifacher, *verheirateter, *am totesten - in den Steigerungsstufen Komparativ und Superlativ kompariert werden.

STEIGERUNGSSTUFEMARKIERUNGBEISPIELE
POSITIV- neu , stark
KOMPARATIVEndung -er (Umlaut)neuer, stärker
SUPERLATIVEndung -(e)st (Umlaut)neuest-, stärkst-

Der Umlaut tritt nicht immer auf, wo er möglich ist, vgl. älter vs. schlanker.
Durch die Komposition ist eine inhaltliche Steigerung möglich (jammerschade, saublöd, erzdumm).

Besonderheiten bei der Bildung von Komparativ und Superlativ.


Während im Deutschen zur Markierung der Steigerungsstufen die suffixalen Marker -er (Komparativ) und -(e)st (Superlativ) verwendet werden, gegebenfalls verbunden mit innerer Flexion in Form von Umlauten, drückt das Französische den Komparativ und Superlativ zunächst nicht morphologisch sondern analytisch aus, z. B. :

fort (stark)
plus fort (*mehr stark)
le plus fort (*am meisten stark)

Allerdings kommt es sowohl bei attributiver als auch prädikativer Verwendung zusätzlich zu morphologischer Markierung, da am Adjektiv selbst Genus (Femininum) und Numerus (Plural) nach den gleichen morphologischen Prinzipien wie in der Komparationsstufe graphemisch und teilweise phonologisch positiv gekennzeichnet werden, z. B.:

Fem.: la femme (la) plus forte [fɔrt] (die stärkere [stärkste] Frau)
Mask. Pl.: les hommes (les) plus forts [fɔr] (die stärkeren [stärksten] Männer)
Fem. Pl. : les femmes (les) plus fortes [fɔrt] (die stärkeren [stärksten] Frauen)

Wenn das Deutsche die Komparationsstufen also rein morphologisch kennzeichnet, greift das Französische hier zu analytischen Mitteln. Trotzdem bleibt das komparativisch oder superlativisch verwendete Adjektiv nicht unflektiert, so dass man im Französischen von einer Mischform zwischen analytischer und morphologischer Markierung sprechen könnte.

Wortbildung des Adjektivs

Adjektive werden vor allem durch Derivation mit Suffixen gebildet (rötlich, streitbar, heldenhaft, modisch, dortig).
Der Bestand wird aber auch durch Komposition (hellblau, stahlblau, schlagfertig) und Derivation mit Präfixen (unschön, missvergnügt) erweitert.

syntaktische Eigenschaften

syntaktische Funktionen von Adjektiven

Prinzipiell treten Adjektive in drei Funktionen auf. Sie werden attributiv, prädikativ und adverbial gebraucht. Als Attribute sind sie grundsätzlich flektiert, als Prädikativkomplemente und Adverbialia sind sie unflektiert.

attributiv Peter fährt ein schnelles Auto. Claudia ist eine zielstrebige Frau.
prädikativ Peters Auto ist schnell. Claudia ist zielstrebig.
adverbial Das Auto fährt schnell. Claudia arbeitet zielstrebig.


Attributiv auftretende Adjektive werden im Deutschen zwar grundsätzlich flektiert. Ausnahmen bilden allerdings einige vokalisch auslautende Adjektive wie rosa, lila oder Adjektive fremdsprachlichen Ursprungs wie super:

Peter trägt ein lila/rosa Hemd. Claudia ist eine super Frau.

Auch im Französischen bleiben manche Adjektive fremdsprachlichen Ursprungs prinzipiell, d.h. unabhängig von ihrer syntaktischen Funktion, unflektiert (kaki, chic, cool...)

Der Kernbestand der Adjektive tritt in allen drei Funktionen auf. Einige Adjektive haben jedoch Vorkommensbeschränkungen.

  • Nur attributiv verwendbar sind deadverbiale Ableitungen (aus Adverbien abgeleitete Adjektive) wie hiesig, dortig
  • Nur prädikativ verwendbar sind viele Einheiten, die an der Peripherie der Wortart Adjektiv angesiedelt sind, z. B. feind, gram, futsch, plemplem, schnuppe, schade u.v.m.
    Siehe auch Adkopula

Liste der Adjektive, die nur prädikativ verwendbar sind:

egal
einerlei
eingedenk
feind
gewahr
gram
k.o.
leid
los
o.k., okay
plemplem
quitt
schade
schnuppe
untertan

Ein besonderer Fall der Adjektivphrase ist die Partizipialphrase. Der Kopf einer Partizipialphrase (PARTP) ist entweder ein Partizip I oder - nach Konversion vom verbalen in den adjektivischen Bereich - auch ein Partizip II.

Syntaktische Struktur

Nur der Kopf der attributiv verwendeten Adjektivphrase wird flektiert. Die Köpfe der adverbial und prädikativ verwendeten Adjektivphrasen bleiben unflektiert.


Erscheint ein Vertreter der Wortart Adjektiv im Deutschen in adverbialer Verwendung, so bleibt er stets unflektiert. Im Französischen existiert dieses Verhalten des adverbial verwendeten Adjektivs ebenfalls, stellt aber insofern einen Sonderfall dar, als er sich dann nicht direkt auf den vom Verb ausgedrückten Prozess bezieht, also streng genommen kein Adverb ist, wie z. B. in:

il mange gras / chaud / salé (er isst fett / warm / salzig)

Hier wird nicht der Prozess manger (essen) durch die Adjektive/Adverbien gras (fett), chaud (warm) oder salé (salzig) näher charakterisiert, sondern ein implizites Akkusativkomplement (nämlich was, und nicht wie er isst), so wie in:

il écrit grand (er schreibt groß)

grand (groß) nicht den Prozess des Schreibens näher bestimmt, sondern das Produkt, nämlich die Schrift, das Geschriebene.
In der Regel geht im Französischen der Funktionswechsel von Adjektiv zu Adverb (insofern dieses sich direkt auf den vom Verb ausgedrückten Prozess bezieht) mit Wortartwechsel einher, bewirkt durch das affixale Wortbildungsmorphem -ment, das bis auf Ausnahmefälle an die feminin markierte Form des Adjektivs tritt, wobei das so entstehende Adverb unflektierbar ist, z. B.:

lourd/lourde/lourdement

Adverbial verwendete Adjektive bleiben sowohl im Deutschen als auch im Französischen unflektiert. Während aber im Französischen im Regenfall durch morphologische Mittel (Wortbildungsmorphem -ment) angezeigt wird, dass Wortartwechsel vorliegt (Adjektiv wird zu Adverb) und Flexion nicht möglich ist, fällt im Deutschen das Adjektiv in adverbialer Verwendung aus morphologischer Sicht mit dem unflektierten, aber theoretisch flektierbaren Basislexem des Adjektivs zusammen. In ProGr@mm wird dies bei der Beschreibung des Deutschen als Kriterium herangezogen, um adverbial verwendete Adjektive der Gruppe der Adjektive und nicht derjenigen der Adverbien (die in ProGr@mm grundsätzlich unflektierbar sein müssen) zuzurechnen. So kommt es hier im deutsch-französischen Vergleich zu einer partiellen Asymmetrie bei der Zuordnung zu den Wortarten Adjektiv und Adverb.


Während das prädikativ verwendete Adjektiv im Deutschen grundsätzlich unmarkiert auftritt, wird es im Französischen nach den gleichen Kriterien flektiert wie bei attributiver Verwendung, z. B.:

Fem.: La neige est blanche. (Schnee ist weiß.)
Mask. Pl.: Ces vins sont secs. (Diese Weine sind trocken.)
Fem. Pl.: Les femmes sont curieuses. (Frauen sind neugierig.)

Die Vermutung liegt also nahe, dass die Frequenz der flektiert auftretenden Adjektive im Französischen insgesamt weitaus höher liegt als im Deutschen, da bekanntlich hier der gesamte prädikative Verwendungsbereich von der Flexion ausgeschlossen bleibt.

Phrasenbildung

In attributiver Funktion kongruieren Adjektive in Numerus und Kasus mit dem Kopf der Nominalphrase und werden im Genus von diesem regiert. Siehe hierzu auch "Korrespondenz und Flexion bei mehreren attributivenAdjektiven"

Adjektive können ihrerseits von anderen (nicht flektierten) Adjektiven und von Adverbien modifiziert werden und bilden dann den Kopf einer Adjektivphrase:

sehr schön, leicht verrückt, wahnsinnig nett.

Bestimmte Adjektive können wie Vollverben auch Valenz-Leerstellen eröffnen, die durch spezifische Komplemente zu füllen sind.

Akkusativkomplement: ich bin die viele Arbeit satt

Dativkomplement: der Räuber ist dem Mädchen hold

Genitivkomplement: eine des Japanischen mächtige Frau

Präpositivkomplement: auf dieses Ergebnis dürfen Sie stolz sein

Siehe auch "Adjektivphrase aus frz. Sicht" "Liste der deutschen Adjektive mit einem Kgen, Kdat, Kakk, Kpräp"

semantische und funktionale Eigenschaften

Adjektive dienen der zusätzlichen Charakterisierung eines Gegenstands. Über die Zuschreibung von Eigenschaften wird der Gegenstand in der Gesamtcharakteristik stärker eingegrenzt und leichter identifizierbar gemacht. Man vergleiche die zunehmende Eingrenzung:

Ich suche ein Haus → ein altes Haus → ein zweistöckiges altes Haus.

Die dabei zugeschriebenen Eigenschaften können absolute sein (zweistöckig) oder relative (klein, alt, dick), die durch eine Dimension und den Wert auf einer entsprechenden Skala gekennzeichnet sind: ein kleines Haus wird wahrscheinlich größer sein als eine große Hundehütte.

Andere Adjektive wie wahrscheinlich werden zur Modalisierung verwendet, die sich als Geltungseinschränkung auswirkt (ein wahrscheinlicher Sieg muss kein Sieg sein) bis hin zum Ausschluss des Charakteristikums, auf das sie angewandt werden (eine verpasste Chance, eine ursprünglich blaue Jeans). Diese Adjektive üben in adverbialer Verwendung die gleiche Funktion aus wie bestimmte Satzadverbien.

Zahladjektive dienen unmittelbar der Gegenstandskonstitution, indem die absolute Zahl der Elemente einer Menge angegeben wird (Kardinalzahl-Adjektiv: zehn Gebote, sieben Geißlein) oder ein Gegenstand durch Indizierung aus einer Folge als gleichartig charakterisierter Gegenstände herausgegriffen wird (Ordinalzahl-Adjektiv: der dritte Mann, das fünfte Gebot).

Übung zur Wortart Adjektiv 2

Übung zur Wortart Adjektiv 3

Literatur zu Adjektiven

Zur Abgrenzung der Klasse: Rolland 1999, Sommerfeldt 1987, Vonhoegen 1994.

Zur Flexion: Buscha 1986, Darski 1979, Gallmann 1990, Meinert 1990, Pfeffer 1981, Törnqvist 1974

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