Nomen

frz. nom

Nomen im Überblick

Mit der Verwendung eines Nomens kann ein Sprecher auf einen Gegenstand und auf Klassen von Gegenständen verweisen (referieren). Nomina haben im Deutschen ein inhärentes Genus: Sie sind maskulin (der Löffel), feminin (die Gabel) oder neutrum (das Messer). Sie sind nach den Kategorisierungen Kasus (der Freund, des Freundes) und Numerus (der Freund, die Freunde) flektierbar.

Siehe auch "Flexion der Nomina".

andere Bezeichnungen und Zuordnungen:

Substantiv, Hauptwort, Dingwort.
Manche Grammatiken, so auch die 'Grammatik der deutschen Sprache', unterscheiden zwischen Nomen und Substantiv: Nomen bezeichnet jeden Kopf einer Nominalphrase, auch wenn dieser aus einer anderen Wortklasse abgeleitet ist (das Grün, die Grünen, das A und O, das Lesen), während die genuine Wortart Substantiv heißt.
Entsprechend wird die Substantivierung als definitiv ins Lexikon eingegangenes Derivat unterschieden von der Nominalisierung als adhoc-Derivation in einem speziellen Satzzusammenhang.
Da jedoch in anderen Quellen ein solcher Unterschied nicht gemacht wird, ist es schwer, die Begriffe "Nomen" und "Substantiv" wie auch "Nominalisierung" und "Substantivierung" sauber zu trennen.

morphologische Eigenschaften

Nomina haben ein inhärentes Genus, maskulin, feminin oder neutrum (bei einigen Fremdwörtern gibt es Ausnahmen: der/das Joghurt, der/das Kondom).

Im Dt. wie im Frz. gilt allgemein die Regel, dass das Genus dem Nomen inhärent ist. Dabei müssen einige Sonderfälle berücksichtigt werden.

I. Im Dt. weisen bestimmte Wörter germanischer (1) oder fremder (2) Herkunft ein schwankendes Genus auf:

(1) der/die Abscheu; der/das Bereich; der/das Teil; der/das Zubehör, usw.
(2) die/das Cola; der/die/das Dschungel; der/das Radar; der/das Bonbon; der/das Keks; der/das Kompromiss, usw.
Weitere Beispiele: der/das Filter, Katheder, Knäuel, Liter, Meter, Gelee, Gulasch, Katapult, Meteor, Podest, Sakko, Virus, Joghurt, Abszess, Dotter, Kehricht, Marzipan; der/die Wulst.

Beim Genuswechsel bleibt die Bedeutung dieser Wörter unverändert; in wenigen Fällen lässt sich aber feststellen, dass beide Genera nicht beliebig verwendet werden können. So steht z. B. das Genus der aus -teil abgeleiteten Wortbildungen fest:

der Teil: der Vorteil, der Nachteil, usw.
das Teil: das Oberteil, das Urteil, usw.

II. Neben Nomina mit schwankendem Genus gibt es aber auch Nomina mit doppeltem Genus (3):

(3) der Kiefer (la mâchoire)/die Kiefer(le pin); der Reis (le riz)/das Reis (la brindille); die Steuer (l'impôt)/das Steuer (le volant); der Tau (la rosée)/das Tau (la corde), usw.

Diese Wörter bilden Homonympaare. Anders als bei den Nomina unter I geht hier mit dem Genuswechsel eine Bedeutungsänderung einher. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass Homonyme Wörter unterschiedlicher etymologischer Herkunft sind, die sich nur zufällig zu gleichlautenden Einheiten entwickelt haben (4):

(4) die Steuer => Mhd. stiure, ahd. stiura
das Steuer
=> Mndd. stur(e)

der Tau => Mhd. tou, ahd. tou
das Tau
=> Mndd. touwe, tow, tau

Bei Homonymen ist der Genuswechsel kein bewusst eingesetztes diskriminierendes Merkmal, sondern das Ergebnis einer mehr oder weniger zufälligen Entwicklung; dadurch lässt sich auch erklären, dass sich unter den Homonymen Wortpaare mit demselben Genus befinden (5):

(5) der Ball (la balle) => Mhd., ahd. bal
der Ball (le bal)
=> Frz. bal zu baller < spätlat. ballare

der Reif (le givre)=> mhd. rife, ahd. (h)rifo
der Reif (le bracelet)
=> mhd., ahd. reif

die Bank (le banc) => mhd., ahd. banc
die Bank (la banque)
=> ital. banco, banca

Bei diesem letzten Beispiel sollte man aber anmerken, dass das, was sich im heutigen Deutsch als ein Homonympaar interpretieren lässt, etymologisch auf eine einzige (polyseme) Einheit zurückzuführen ist.

III. Auch im Frz. sind Homonympaare zu finden, wobei es sich fast ausschließlich um Wortpaare mit unterschiedlichem Genus handelt (6):

(6) un aune (die Erle) / une aune (die Elle) (lat. alnus / francique *alina)
le livre (das Buch) / la livre (das Pfund) (lat liber / lat. libra)
le moule (die Form) / la moule (die Miesmuschel) (lat. modulus / lat. musculus)
le poêle (der Heizofen) / la poêle (die Pfanne) (lat. pensilis / lat. patella)

Weitere Beispiele:

un somme (sommeil), une somme (quantité d'argent, résultat); - un vase (récipient), la vase (boue); - un crêpe (tissu), une crêpe (pâte frite); - un tour (machine ou mouvement), une tour (bâtiment); - un vase (récipient), la vase (boue); - une cartouche (balle, ou boîte de cigarettes), un cartouche (dessin); - un greffe (tribunal), une greffe (arbre); - un manche (partie d'instrument), une manche (partie de vêtement, jeu): - un ombre (poisson), une ombre (absence de lumière).

IV. Einige wenige Nomina des Frz. (amour, délice, orgue) wechseln das Genus, wenn sie im Plural verwendet werden. Der Genuswechsel ist nicht am Artikel zu erkennen, der ja im Plural wie im Dt. genusneutral ist, sondern an den Adjektiven und Partizipien, die sich in attributiver oder prädikativer Verwendung auf diese Nomina beziehen (7):

(7) Il n'a pas encore connu le grand amour. vs. Il se souvient de ses premières amours.
(Er kennt die große Liebe noch nicht.
vs Er erinnert sich an seine erste Liebe.)
Ce gâteau est un délice ! vs. Elle a tout goûté, toutes les délices épicées de notre âpre littérature moderne. (Taine (1867): Notes Paris, 142).
(Dieser Kuchen ist ein Genuss. vs Sie hat alles ausprobiert, alle würzigen Köstlichkeiten unserer herben modernen Literatur.)
Il a entendu un orgue jouer dans le lointain. vs. Il admire les grandes orgues de la cathédrale.
(Er hörte eine Orgel in der Ferne. vs. Er bewundert die große Orgel des Münsters.)

Der Genuswechsel bringt strenggenommen keine Bedeutungsänderung mit sich; dabei muss angemerkt werden, dass der Gebrauch im Plural nicht der Standard-, sondern eher der literarischen Sprache entspricht.

Nomina flektieren nach Kasus und Numerus in einem Formenparadigma mit acht Stellen: vier Kasusstellen für Nominativ, Akkusativ, Dativ, Genitiv und zwei Numerusstellen für Singular und Plural.

Im Singular sind die Kasusformen außer beim Genitiv kaum mehr ausdifferenziert, im Plural ist besonders der Dativ formal markiert.
Die Pluralbildung ist im Deutschen formal besonders markiert.
Für die Markierung für Kasus und Numerus stehen zur Verfügung:

  1. die Flexionsaffixe -e, -(e)n, -(e)s, -s, -er, -n
  2. der Umlaut (Umlautfähigkeit vorausgesetzt)

Im Singular lassen sich vier (Kasus-)Flexionstypen unterscheiden:

alle
Feminina
Maskulina
und Neutra
nur
Maskulina
artikellose
Eigennamen
Nominativ (die) Frau (der) Geist (der) Löwe Berlin
Akkusativ (die) Frau (den) Geist (den) LöwenBerlin
Dativ (der) Frau (dem) Geist(e) (dem) Löwen Berlin
Genitiv (der) Frau (des) Geistes   (des) LöwenBerlins

Wenige Nomina haben das Genitivsuffix -(e)ns : Name (Namens), Herz (Herzens)

Artikellose Eigennamen besitzen besondere morphologische und syntaktische Eigenschaften. Detaillierte Informationen zur Kasusflexion der Nomina: Kasusflexion.

Im Plural lassen sich fünf (Numerus-)Flexionstypen unterscheiden:

-(e)-(e)nUmlaut + -(e)Umlaut + -er-s
Nominativ Tage, Wagen_Kirchen Gäste, Äpfel_Häuser, Kinder Omas
Akkusativ Tage, Wagen_ KirchenGäste, Äpfel_ Häuser, Kinder Omas
Dativ Tagen, Wagen_ KirchenGästen, Äpfeln Häusern, Kindern Omas
Genitiv Tage, Wagen_KirchenGäste, Äpfel_ Häuser, Kinder Omas

Nomina ohne Pluralmarker (z. B. Segel, Lehrer, Wagen) lassen sich formal dem Flexionstyp -(e) zuordnen.

Detaillierte Informationen zur Pluralbildung der Nomina: Numerusflexion.

Nomina lassen sich je nach Kasus- und Numerusflexionstyp in genusabhängige Flexionsklassen (Deklinationsklassen) einteilen.

Übung zur Pluralbildung des Nomens

syntaktische Eigenschaften

Das Nomen fungiert als Kopf der Nominalphrase. Innerhalb der Nominalphrase regiert es das Genus von attributivem Adjektiv und Artikel. Kasus und Numerus von attributivem Adjektiv und Artikel kongruieren mit dem Nomen.

Löffel → großer Löffel → der Löffel

Gabel → große Gabel → die Gabel

Messer → großes Messer → das Messer

Siehe dazu Genaueres unter "Wortgruppenflexion"

Nomina werden hauptsächlich zur Bildung von Kernkomplementen verwendet.

Bestimmte Nomina, vor allem solche, die aus Verben abgeleitet sind, können Valenz-Leerstellen eröffnen: das Interesse des Publikums am Vortrag, die Zerstörung der Wälder durch sauren Regen.
[rot = primäres Komplement, grün = sekundäres Komplement]

semantische und funktionale Eigenschaften

Ein Sprecher kann mit der Verwendung eines Nomens einen Gegenstand charakterisieren, auf einen (bestimmten) Gegenstand Bezug nehmen (referieren) oder einen bereits eingeführten Gegenstand thematisch fortführen.
Bestimmte Typen von Nomina (in der Regel Derivate von Verben) können auch statisch Prozesse bezeichnen, die das entsprechende Verb dynamisch vorführt: der Sprung (springen), die Entführung (entführen) usw.

Subklassen

Traditionell unterscheidet man drei semantisch bestimmte Subklassen von Nomina:

  1. Gattungsnamen (auch Appellativa genannt; frz. appellatifs) wie Frau, Tier, Haus, Brief können im Singular nur zusammen mit einem Artikel oder einem pränominalen Genitiv eine Nominalphrase bilden: das Haus, Peters Haus. Im Plural können sie dagegen auch ohne Artikel Nominalphrasen bilden (Häuser, Frauen).
  2. Stoffnamen (auch Substanzausdrücke genannt; frz. noms de matière) wie Marmor, Stein, Eisen, Wasser, Öl bezeichnen Substanzen oder Teile bzw. Quanten davon. Mit ihrer Verwendung wird allein das Charakteristikum aufgegriffen, ohne dass eine Determinierung (wie sie mit dem Artikel zu markieren wäre) oder eine Quantifizierung erfolgt. Somit können sie auch im Singular artikellos (bzw. mit Nullartikel) Nominalphrasen bilden. Werden Stoffnamen im Plural gebraucht, bezeichnen sie verschiedene Sorten (Hölzer, Öle) und können dann auch mit Artikel verwendet werden:
    Fichte und Buche sind heimische Hölzer.
    Die blauen Granite sind die schönsten.
  3. Eigennamen (auch Nomen Proprium genannt; frz. noms propres) wie Gerlinde, Hans Moser, Köln, die Donau, Mecklenburg, Kukident, Mercedes dienen der konstanten Bezeichnung bestimmter Individuen (Personen, Orte, Länder, Regionen, Flüsse, Waren usw.) gemäß einer (mindestens zu unterstellenden) Vereinbarung. Eigennamen haben im Unterschied zu Gattungs- und Stoffnamen nicht die Funktion der Charakterisierung und erlauben in der Regel keine Rückschlüsse auf die Eigenschaften des Trägers (allenfalls auf das Geschlecht bei Personen). Formal typisch für Eigennamen im Deutschen ist die Bildung des Genitiv Singular mit -s: Josefs Brüder, Annas Schicksal.

Übung zu geographischen Eigennamen

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