Das Futur
Verbformen im Futur zeigen diese Sätze:
Die Form aus werden + Infinitiv unterscheidet sich von "echten" einfachen Tempusformen schon dadurch, dass sie analytisch gebildet wird. Eine Einordnung unter die einfachen Tempora lässt sich jedoch kombinatorisch rechtfertigen:
Analog zu den zusammengesetzten Tempora Präsensperfekt und Präteritumperfekt gibt es auch ein Futurperfekt. Die "werden-Umschreibung" beim Futur verhält sich bezogen auf diese Kombinationsmöglichkeit ähnlich wie Präsens und Präteritum.
Das Futur ist – anders als das Präteritum und das Präsens – nicht rein temporal zu interpretieren. Futursätze können als Aussage über ein Ereignis, das am Tag nach ihrer Äußerung mit Sicherheit (bezogen auf die subjektive Einschätzung des Sprechers) eintreten wird oder wahrscheinlich bzw. möglicherweise eintreten wird, interpretiert werden:
Mit dem Satz
wird alleine die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses zum Ausdruck gebracht. Das Temporaladverb jetzt steht semantisch im Konflikt mit der futurischen Tempusbedeutung. Der Satz kann deshalb nur einen modalen Gegenwartsbezug ausdrücken.
In den meisten Fällen wird durch den Kontext oder durch Temporaladverbialia klar, ob die Aussage Gegenwarts- oder Zukunftsbezug hat.
In Texten, in denen das historische Präsens Verwendung findet, kann das Futur einen Zukunftsbezug ausdrücken, der aus Sicht der Sprechzeit in der Vergangenheit liegt ('historisches' Futur). Z. B.:
Sätze mit Zukunftsbezug:
Sätze, die gegenwartsbezogene Vermutungen ausdrücken:
Schließlich finden sich auch Beispiele für den Ausdruck bloßer Wahrscheinlichkeit, ohne dass ein klarer Gegenwarts- oder Zukunftsbezug vorliegt:
"Schön und gut, aber mit deinen Bienen wirst du die Welt nicht umkrempeln (...)!" (ebd., S. 31)
Den Tempora Futur und Präsens ist gemeinsam, dass mit ihnen zukunftsbezogene Aussagen formuliert werden können. Es zeigen sich jedoch auch Unterschiede:
Angesichts einer bestimmten Stellung auf dem Schachbrett äußerte ein Zuschauer:
Tobias gewinnt die Schachpartie in wenigen Zügen. ('futurisches' Präsens)
Mit beiden Sätzen gibt der Sprecher zu verstehen, dass Tobias die Schachpartie in Zukunft wahrscheinlich gewinnen wird und dass dies wahrscheinlicher ist als die anderen möglichen Ergebnisse (Remis, Verlust). Mit der präsentischen Variante wird jedoch ein höherer Grad an subjektiver Wahrscheinlichkeit verbunden. Ein Beobachter, der in der Stellung auf dem Schachbrett eine offensichtliche Gewinnvariante für Tobias entdeckt hat, wird eher den zweiten Satz äußern. Ein hinreichender Grund für eine Äußerung des ersten Satzes könnte hingegen schon in einer groben Abschätzung der Stellung oder in einer Vermutung über die Spielstärke von Tobias (relativ zu der seines Gegners) liegen.