Kategorien und Funktionen der Flexionsmorphologie
Kategorien von Wortformen
Wortformen konnen mit Hilfe bestimmter grammatischer Kategorien (z. B. Plural, Dativ, Prasens) klassifiziert werden. Von Flexionskategorien ist die Rede, wenn solche Kategorien mit flexionsmorphologischen Mitteln an den Wortformen gekennzeichnet werden und auf diese Weise Flexionsparadigmen bilden.
Kategorisierungen (im Sinne von Eisenberg 1989) bezeichnen Mengen von bestimmten Kategorien. Im Deutschen sind beispielsweise fur die (nominale) Kategorisierung Kasus die Flexionskategorien Nominativ, Akkusativ, Dativ und Genitiv realisiert, fur die (verbale) Kategorisierung Tempus im Deutschen sind dies Prasens und Prateritum (die anderen Tempora werden analytisch gebildet). In anderen flektierenden Sprachen konnen andere Kategorisierungen oder Kategorisierungen mit jeweils anderen Flexionskategorien realisiert sein, z. B. fur das Polnische sind die Flexionskategorien der verbalen Kategorisierung Tempus Prasens, Prateritum, Futur (von perfektiven Verben). Andere Tempora zeichnet ihre analytische Form aus.
Bei den grammatischen Kategorien ist die Unterscheidung zwischen Paradigmen- und Einheitenkategorien relevant. Paradigmenkategorien sind bestimmte grammatische Eigenschaften, die allen Wortformen des Paradigmas, also dem vollstandigen Wortparadigma zukommen. Einheitenkategorien hingegen sind Kategorien der Flexion, mit denen ein Paradigma intern ausdifferenziert wird.
Bei einem Nomen unterliegen alle Wortformen derselben Genuskategorie: das deutsche Nomen Fisch und das polnische list zum Beispiel sind immer maskulin. Das Genus eines Artikels ist jedoch veranderlich, es wird in der Nominalphrase vom Nomen regiert, d. h. es bekommt dessen Genus zugewiesen. Die Genuskategorien sind fur Artikel, Determinative, Adjektive und einen Teil der Pronomina Flexionskategorien. Sie werden in diesem Fall auch Einheitenkategorien genannt, denn sie konnen innerhalb eines Paradigmas einzelne Einheiten, namlich die Wortformen differenzieren. Das Genus des Nomens ist inharent und demnach eine Paradigmenkategorie, das Genus des Artikels eine Einheitenkategorie.
Zu den Paradigmenkategorien gehoren auch wortartspezifische Subklassen von Verben (Voll-, Hilfs-, Modal- und Kopulaverb) und von Artikeln (Definiter Artikel, Indefiniter Artikel, Demonstrativ-Artikel etc.).
Beispiele:
Am Beispiel des polnischen Adjektivs now- (dt. neu-) und des polnischen Nomens list (dt. Brief):
Grundsatzliche Fragen zum Thema: Was versteht man unter Kategorien und Kategorisierungen?
Flexionsparadigmen
Alle Wortformen, die zu einem Lexem gehoren, bilden sein Flexionsparadigma. Flexionsparadigmen verbaler Lexeme werden durch analytische (periphrastische) Bildungen erganzt (z. B. im Deutschen habe gerufen, werde rufen und werde gerufen, im Polnischen zostanie opublikowany, jest sprzatana, bede jadla/jesc ). Da diese aber aus mehreren Wortformen bestehen, sind sie syntaktische und keine morphologischen Konstruktionen und als solche nicht Gegenstand dieser Thematischen Einheit.
Wortformen lassen sich meist durch mehrere Flexionskategorien beschreiben, die zu verschiedenen Kategorisierungen gehoren. Lexeme flektieren je nach Wortart dabei in Bezug auf unterschiedliche Gruppen von Kategorisierungen. In der folgenden Tabelle werden den einzelnen flektierbaren Wortarten Kategorisierungen zugeordnet, die traditionell fur das Deutsche als relevant angesehen werden:
Wortart | Fur die Flexion relevante Kategorisierungen | mit analytischer Bildung |
Nomen | Genus*, Numerus, Kasus | |
Pronomen | Genus, Numerus, Kasus | |
Artikel | Genus, Numerus, Kasus | |
Adjektiv | Komparationsstufe, Genus, Numerus, Kasus | |
Verb | Person, Verbnumerus, Tempus, Verbmodus | Genus verbi |
Nominalflexion | Verbflexion | analytische Bildung | * Die Kategorien der Kategorisierung Genus sind beim Nomen keine Flexionskategorien, sondern inharent (Paradigmenkategorien). |
Fur das Polnische gilt Folgendes:
Wortart | Fur die Flexion relevante Kategorisierungen | mit analytischer Bildung |
Nomen | Genus*, Numerus, Kasus | |
Pronomen | Genus, Numerus, Kasus | |
Artikel | Genus, Numerus, Kasus | |
Adjektiv | Komparationsstufe, Genus, Numerus, Kasus | |
Verb | Person, Verbnumerus, Tempus, Verbmodus, Aspekt | Genus verbi |
Nominalflexion | Verbflexion | analytische Bildung | * Die Kategorien der Kategorisierung Genus sind beim Nomen keine Flexionskategorien, sondern inharent (Paradigmenkategorien). |
In der nachsten Tabelle werden den einzelnen Kategorisierungen Flexionskategorien zugeordnet, die traditionell fur das Deutsche postuliert werden:
Kategorisierung | Flexionskategorien | Kategorien mit analytischer Bildung |
Numerus | Singular, Plural | |
Kasus | Nominativ, Akkusativ, Dativ, Genitiv | |
Genus | Maskulinum, Neutrum, Femininum | |
Komparationsstufe | Positiv, Komparativ, Superlativ | |
Person | 1., 2., 3. | |
Verbnumerus | Singular, Plural | |
Tempus | Prasens, Prateritum | Prasensperfekt, Prateritumperfekt, Futur, Futurperfekt |
Verbmodus | Indikativ, Imperativ, Konjunktiv | |
Genus verbi | Aktiv, Passiv |
Deklination | Komparation | Konjugation | analytische Bildung |
Fur das Polnische:
Kategorisierung | Flexionskategorien | Kategorien mit analytischer Bildung |
Numerus | Singular, Plural | |
Kasus | Nominativ, Akkusativ, Dativ, Genitiv, Instrumental, Vokativ | Lokativ |
Genus | Im Singular: Maskulinum
(Personalmaskulinum, Maskulinum anim. impers., Maskulinum inanim.), Neutrum,
Femininum; im Plural: Personalmaskulinum, Nichtpersonalmaskulinum | |
Komparationsstufe | Positiv, Komparativ, Superlativ | |
Person | 1., 2., 3. | |
Verbnumerus | Singular, Plural | |
Tempus | Prasens, Prateritum, Futur (von perfektiven Verben) | Futur von nichtperfektiven Verben (archaisch: Plusquamperfekt) |
Verbmodus | Indikativ, Imperativ, Konjunktiv | |
Aspekt | perfektiv, imperfektiv | |
Genus verbi | Aktiv, Passiv |
Deklination | Komparation | Konjugation | analytische Bildung |
Deklination, Komparation und Konjugation sind Formen der Flexion, die fur bestimmte Wortarten relevant sind und jeweils bestimmte Kategorisierungen umfassen. Die Flexion der Nomina sowie der nominal bzw. adnominal gebrauchten Wortarten Pronomen, Artikel und Adjektiv nach Kasus und Numerus wird Deklination genannt. Unter Komparation versteht man die Steigerung des Adjektivs. Die Flexion der Verben wird Konjugation genannt.
Eine Wortform ist in Bezug auf ihre wortformspezifische grammatische Funktion oft nicht eindeutig, das hei?t, dass sie unterschiedliche Kategorien verschiedener Kategorisierungen reprasentieren kann. Diese Erscheinung wird Synkretismus genannt. In solchen Fallen wird die Wortform durch ihre Verwendung in Ausdruckseinheiten wie Phrasen oder Satzen in der Regel disambiguiert, das hei?t, eine konkret vorkommende Wortform wird durch den Kontext auf bestimmte Kategorien festgelegt:
Stockfische
Genus (inharent):
Maskulinum; Numerus: Plural; Kasus: Nominativ, Akkusativ oder
Genitiv?
Diese Stockfische pragen das Bild der
Lofoten. [Vorarlberger Nachrichten, 24.10.1998]
Genus
(inharent): Maskulinum; Numerus: Plural; Kasus:
Nominativ.
listy Genus (inharent): Maskulinum;
Numerus: Plural; Kasus: Nominativ,
Akkusativ oder Vokativ (selten)?
Od
dawna nie odpowiadal na nasze listy. Genus (inharent):
Maskulinum; Numerus: Plural; Kasus: Akkusativ.
Nach dem Wenden der Stockfische wird
der Behalter mit Plastikfolie abgedeckt und fur 12 Stunden im Kuhlschrank
aufbewahrt. [www.soleeluna.net/kochrezepte/rezepte_ kochen_italien/rezepte_italien_10080002.php, 13.10.2004] | ? Kasus: Genitiv |
Viele Schlage machen die Stockfische
weich. [www.operone.de/spruch/spr/sprv02.htm , 13.10.2004] | ? Kasus: Akkusativ |
Jej listy nigdy nie dotarly do adresata. | ? Kasus: Nominativ |
Wrzucil listy do skrzynki. | ? Kasus: Akkusativ |
Die deutschen Flexionsmarker dienen v.a. zur Differenzierung von Wortformen innerhalb eines Paradigmas, eine einheitliche kategorienbezogene Funktion einzelner Marker ist in der Regel nicht gegeben. Manche Marker dienen allerdings der Markierung von weniger Kategorien, d. h. sie sind spezifischer als andere (vgl. Synkretismen), z. B. -em (Nominalflexion: Dat., Sg., Mask./Neut.) vs. -en (Nominalflexion: alle Kasus, Numeri und Genera au?er Nom. Sg.; Verbflexion).
In der Deklination der polnischen Nomina dienen manche Marker zur Kennzeichnung nur einer Funktion, z. B. -om (Dat., Pl. aller Genusklassen), -ami (Instrumental. Pl. aller Genusklassen), -ach/-ech (Lokativ, Pl. aller Genusklassen).
Sprachubergreifend existieren oft asymmetrisch ausdifferenzierte Flexionsparadigmen bei den Kategorien einer Kategorisierung. Bei Kategorisierungen, z. B. Numerus (Singular, Plural) oder Tempus (Prasens, Prateritum), werden in einer Kategorie dann mehr Formdifferenzierungen vorgenommen als in der jeweils anderen. Im Plural wird z. B. bei Artikeln und Adjektiven keine Genusunterscheidung vorgenommen:
der Hund | ? | ein gro?er Hund | ? | |||
die Katze | ? | die Hunde/Katzen/Pferde | eine gro?e Katze | ? | gro?e Hunde/Katzen/Pferde | |
das Pferd | ? | ein gro?es Pferd | ? |
In den markierten Kategorien des Verbs - Plural, Prateritum und Konjunktiv - fallen die Flexionsendungen der 1. und 3. Person zusammen, z. B.:
Singular | Plural | Prasens | Prateritum | Indikativ | Konjunktiv | |||||||
(Nicht-Adressat) | 1.Ps. 3.Ps. | lache lacht | ? ? | lachen | lache lacht | ? ? | lachte | lache lacht | ? ? | lache | ||
(Adressat) | 2.Ps. | lachst | ? | lacht | lachst | ? | lachtest | lachst | ? | lachest |
Die weniger ausdifferenzierten Kategorien, in den obigen Beispielen Plural und Prateritum, stellen die markierten Kategorien dar. Im Gegensatz zu den unmarkierten sind die markierten Kategorien wortartabhangig au?erdem ikonisch durch einen zusatzlichen Flexionsmarker gekennzeichnet, z. B. die Pluralmarker am Nomen oder der Prateritalmarker bei schwachen Verben.
Bestimmte Kategorisierungen konnen auch noch differenzierter betrachtet werden. Klassifikationen in der neueren Literatur (vgl. Wiese 1996, Zifonun 2001, Hoberg 2004) berufen sich dabei u.a. auf den Aufbau der Flexionsparadigmen (vgl. Synkretismus). Sie nehmen uber die traditionellen Sichtweise hinausgehende Differenzierungen und Hierarchisierungen vor, indem sie traditionelle Kategorien zu sog. Oberkategorien zusammenfassen, deren Formdifferenzierungen auch haufig die Markiertkeitsverhaltnisse der Klassifikationen wiedergeben:
Genus: Femininum vs. Nicht-Femininum
(Neutrum/Maskulinum)
Kasus: Obliquus (Dativ/Genitiv) vs.
Nicht-Obliquus (Nominativ/Akkusativ); Objektivus (Akkusativ/Dativ) vs.
Nicht-Objektivus (Nominativ/Genitiv).
Person: Adressat (2.Ps.) vs.
Nicht-Adressat (1./3.Ps.); Kommunikant (1.Ps./2.Ps.) vs. Nicht-Kommunikant
(3.Ps.)
Komparationsstufe: Positiv vs. Nicht-Positiv
(Komparativ/Superlativ)
Wahrend die traditionellen Grammatiken zwischen (lat.) casus rectus (Nominativ) und casus obliquus (die Kasus ohne den Nominativ: Akkusativ, Dativ, Genitiv) unterscheiden, fassen die oben erwahnten Darstellungen fur das Deutsche nur die obliquen Kasus Dativ und Genitiv zu einem 'Oberkasus' Obliquus zusammen. Der Akkusativ wird gemeinsam mit dem Nominativ als Nicht-Obliquus bezeichnet. In Verbindung mit der Unterscheidung zwischen Objektivus/Nicht-Objektivus (vgl. die sog. 'Objektkasus' Akkusativ/Dativ) lassen sich die vier deutschen Kasus auf zwei Merkmale (oblique/objektiv) reduzieren, was sich als hilfreich bei der Erfassung der systematischen Kasus-Synkretismen erweist.
Neben den traditionell fur das Deutsche postulierten Flexionskategorien gibt es noch weitere Merkmale, die sich im Deutschen in der Flexion manifestieren, d. h. je nach Wortart Einfluss auf die Flexion entsprechender Wortformen hat. Dazu zahlen z. B. Sexus (naturliches Geschlecht), Belebtheit und Personalitat. Neben der flexionsmorphologischen Kennzeichnung dieser Merkmale gibt es noch andere Moglichkeiten der Markierung, auf die hier nicht naher eingegangen werden kann (z. B. lexikalisch oder mittels Wortbildung).
Im Polnischen teilen die semantischen Merkmale (Belebtheit, Unbelebtheit und Personalitat) die maskulinen Nomina in drei Subgenera und beeinflussen ihre Deklination. Es besteht eine Korrelation zwischen den Deklinationsklassen der maskulinen Nomina und der Art des Synkretismus.
Sexus ist ein au?ersprachliches Merkmal, das Bezug auf das biologische Geschlecht von Lebewesen nimmt und nicht mit dem Genus ("grammatikalisches Geschlecht") zu verwechseln ist. Es wird aber in einigen Fallen flexionsmorphologisch mit Hilfe der Genusmarkierung ausgedruckt:
- bei Adjektiven/Partizipien in nominaler Verwendung, z. B.: Angestellte/Angestellter
- bei anaphorischen Personal- oder Possessivpronomina mit Bezugsausdrucken, deren Genus vom Sexus abweichen, z. B.: das Madchen es/sie, sein/ihre
- Demonstrativ- und W-Pronomina als Relativ-Elemente: "Die meisten Arzte haben nicht das Wissen, das Hebammen haben. Ich hatte von klein auf einen richtigen Horror vor der Geburt und wollte jemanden, die mich leitet." [Frankfurter Rundschau, 24.07.1999]
Im Polnischen wird Sexus in einigen Fallen flexionsmorphologisch markiert, z. B.:
- bei nominalisierten Adjektiven: chora / chory
- bei Nachnamen auf -ska/-ski, -cka/-cki: Zalewska/Zalewski, Nowicka/Nowicki
- bei anaphorischen Personal- oder Possessivpronomina mit auf Frauen verwendeten maskulinen Titeln, Personen- oder Berufsbezeichnungen (profesor - ona, jej) sowie Nomina mit genus commune als Bezugsausdrucken (fajtlapa ? ona/on, jej/jego), deren Genus vom Sexus abweicht.
- bei Relativ-Elementen: profesor, ktora; fajtlapa, ktora/ktory
- bei Possessiv-Artikel: nasza profesor, nasza / nasz fajtlapa
- bei attributiven Adjektiven: znana profesor, znana / znanyfajtlapa
- bei bestimmten Verbformen, z. B.: profesor przyszla, fajtlapa przyszla / przyszedl
Belebtheit spielt eine besondere Rolle bei der Flexion der Nomina. Nomina der n-Kasusflexion (Nebenklasse -(e)n/-(e)n) sind hauptsachlich belebte Maskulina, z. B. Mensch/Menschen, Bar/Baren, Student/Studenten.
Im Polnischen weisen belebte Maskulina im Singular den Synkretismus im Genitiv und Akkusativ auf.
Personalitat ist z. B. ein Kriterium bei der Wahl der W-Pronomina wer (Person) oder was (Nicht-Personales). Betrachtet man die Formen wer/wen und was als nach Personalitat differenzierte Flexionsformen ein und desselben W-Pronomens, so kann man in diesem Fall von Personalitat als Flexionskategorie sprechen. In ihrem Flexionsparadigma wird aber nur im Nominativ/Akkusativ nach Personalitat unterschieden. Aber auch die Unterscheidung zweier disktinkter Pronomina wer und was mit teilweise formgleichen Flexionsformen (Dat./Gen.) ist denkbar. In diesem Fall ware das Merkmal keine Flexionskategorie im eigentlichen Sinne. Personalitat als inharentes Merkmal liegt bei den Indefinit-Pronomina jemand, niemand (Person) und etwas, nichts (Nicht-Personales) vor.
Auch im Polnischen muss bei der Wahl der Pronomina kto (Person) oder co (Nicht-Person) die Personalitat berucksichtigt werden, die fur Indefinit-Pronomina ktos, nikt (Person) und cos, nic (Nicht-Personales) als ihr inharentes Merkmal fungiert.
Sexus (naturliches Geschlecht), Belebtheit und Personalitat konnen auch als Merkmale des "konkreten" Genus, das auf Au?ersprachliches Bezug nimmt, bezeichnet werden, wahrend sich das "abstrakte" Genus ("grammatikalisches Geschlecht") auf die Sortierung nach den Genuskategorien Maskulinum, Neutrum und Femininum bezieht.
Das Merkmal der Definitheit kennzeichnet einen Gegenstand als bestimmt, d. h. eindeutig identifizierbar. Definitheit stellt ein Kriterium bei der semantischen Subklassifizierung von Artikeln und Pronomina dar. Diese konnen die Bestimmtheit/Unbestimmtheit der mit ihnen korrespondierenden Nomina ausdrucken. Indefinit sind die Quantifikativa, W-Artikel /Pronomina sowie der indefinite Artikel und die Indefinit-Pronomina. Die anderen Artikel und Pronomina (z. B. Demonstrativa, Possessiva, Personalpronomina usw.) sind definit.
Fur die Wortgruppenflexion ist relevant, dass Eigennamen grundsatzlich definit sind, d. h. sie bedurfen keiner naheren Bestimmung durch Artikel und bilden eine eigene Flexionsklasse.
Aspekt, als eine Kategorisierung der Verbflexion, mit der Ereignisse perspektiviert werden (Au?en-/Binnenperspektive), ist im Deutschen im Gegensatz zu vielen anderen Sprachen kaum grammatikalisiert und wird gegebenenfalls lexikalisch (z. B. durch Temporaladverbialia, Partikeln wie gerade) oder durch die Verlaufsform (z. B. er war am Kochen) ausgedruckt. Es bestehen auch Verbindungen zwischen Aspekt und der Wahl der Tempora. Von Aspekt oft nicht genau zu trennen ist die verbale Kategorisierung Aktionsart, die Bezug auf den Zeitverlauf von Ereignissen nimmt und im Deutschen ebenfalls nicht flexionsmorphologisch, sondern v.a. mit Hilfe der Wortbildung realisiert wird (z. B. rennen/losrennen, schlafen/einschlafen).
Der grammatische Status der Kategorisierung Aspekt ist im Polnischen nicht eindeutig. Es lassen sich zwei Positionen ermitteln: die erste schreibt dem Aspekt die klassifizierende Funktion zu, die zweite definiert Aspekt als eine Kategorisierung der Verbflexion.
Die Unterscheidung von Possessor/Possessum spielt bei der Flexion der Possessiv-Pronomina und Possessiv-Artikel eine Rolle. Die Flexionsmorphologie im engeren Sinne betrifft nur die Markierung des Possessums, die Possessor-Markierung wird am Stamm vorgenommen. Diese Zugehorigkeitsrelation betrifft Sprecher/Sprechergruppen (mein- / uns(e)r-), Adressat/Adressatengruppen (dein-, Ihr- / eu(e)r-, Ihr-) oder ein im vorausgehenden Kontext verbalisiertes anderes Referenzobjekt (sein-, ihr-). Die Formen sein-, ihr- dienen zur Unterscheidung des Possessor-Genus, die bei Sprecher/Adressaten bzw. -gruppen nicht vorgenommen wird. Die Flexionsendungen ubernehmen die Possessum-Markierung. Bsp.:
Gerhard und Doris haben beide einen Wagen. Sie nimmt aber immer seinen.
Die Formen mein- / uns(e)r- sind nach Numerus stammdifferenzierte Vertreter eines einzigen Sprecher(gruppen)-Pronomens oder -Artikels. Analog dazu verhalt es sich mit dem Adressaten(gruppen)-Pronomen bzw. -Artikel. Das Pronomen bzw. der Artikel, die in der traditionellen Einteilung der Pronomina als Formen der 3. Person bezeichnet werden (sein-, ihr-), sind nicht nur nach Numerus stammdifferenziert, sondern im Singular auch nach Genus. Die Differenzierung betrifft aber nur die fur die Possessor-Markierung zustandigen Stamme. Die Flexionskategorien der Possessiva, die durch die Flexionsendungen ausgedruckt werden, sind Possessum-Kategorien (vgl. Zifonun 2005: 78ff.)
Funktionen von Wortformen
Flexionskategorien der Wortformen und somit deren Gestalt werden einerseits durch den Bezug der Wortformen auf die (semantischen) Charakteristika des Bezeichneten (z. B. durch die Numeruskategorie der Nomina, die Wahl der Tempuskategorie der Verben oder die Komparationskategorie der Adjektive), andererseits durch syntagmatische Relationen (z. B. die Korrespondenzbeziehungen innerhalb einer Nominalphrase oder zwischen dem Subjekt und dem finiten Verb) bestimmt. In einem Satz konkret vorkommende Wortformen enthalten also grammatische Informationen, die mit flexionsmorphologischen Mitteln ausgedruckt werden.
Die semantischen Informationen sind dabei sehr allgemeiner Natur wie z. B. Pluralitat bei Nomina (? Numerus), Gradunterschiede bei Adjektiven (? Komparation) oder Belebtheit, Personalitat und Sexus bei Pronomina (? Genus). Bei Verben sind die Vorgabe bestimmter Zeitverhaltnisse (? Tempus) und die Einordnung von propositionalem Wissen im Hinblick auf verschiedene Aspekte von Modalitat (? Verbmodus) zu nennen. Fur bestimmte Wortarten sind manche Kategorisierungen im Deutschen weitgehend desemantisiert, z. B. Kasus oder Genus bei Nomina.
Syntaktische Informationen werden benotigt um Bezuge zwischen Wortformen herzustellen und sind durch Kategorisierungen ausgedruckt. Mit Hilfe dieser Informationen kann die syntaktische Funktion eines Ausdrucks bestimmt werden. Wenn die Einheitenkategorie (Flexionskategorie) einer Wortform, d. h. ihre spezifische Form, durch eine Paradigmenkategorie einer anderen Wortform festgelegt wird, spricht man von Rektion. Dies ist z. B. bei Kasuskategorien der Fall und trifft auch auf Genuskategorien der Artikel und Adjektive sowie auf Personenkategorien der Verben zu. Stimmen die Flexionskategorien von verschiedenen Wortformen uberein, ohne dass sie von einer Paradigmenkategorie regiert wird, so ist von Kongruenz die Rede. Dies kann z. B. Numerus- und Kasuskongruenz zwischen Nomen, Artikel und attributivem Adjektiv innerhalb einer Nominalphrase oder anaphorisch bei Pronominalisierungen auch satzgrenzenubergreifend der Fall sein, z. B.:
Kongruenz innerhalb der Nominalphrase:
mein_ franzosischer Kollege, meine franzosische Kollegin
moj_ polski przyjaciel, moja polska przyjaciolka
Kongruenz zwischen Nominalphrase und anaphorischem Personalpronomen:
Der langjahrige Mitarbeiter
der Hormann GmbH ist am Montag verstorben. Seine Kollegen haben
gestern vor der Arbeit in einer Schweigeminute seiner gedacht.
Was man
China zurzeit von westlicher Seite abverlangt,
ist immer noch mehr, als es leisten kann.
Nasza mlodsza wnuczka wyjechala na stale do Australii. Czesto ja wspominamy.
Beispiele fur Korrespondenzbeziehungen (Rektion und
Kongruenz) im Deutschen
Das Regens ist jeweils rot,
kongruierende Elemente sind blau, die Flexionsmarker der
regierten/kongruierenden Elemente sind fett markiert. Aus Grunden der
Ubersichtlichkeit werden bei den einzelnen Beispielen entweder nur Rektions-
oder nur Kongruenzbeziehungen farblich markiert.
Valenz
Verben regieren durch ihre Valenz Anzahl und Art ihrer jeweiligen Komplemente, darunter auch Kasuskomplemente:
Peter (Ksub) schuldet seinem Freund (Kdat) einen Gefallen (Kakk).
Prezydent miasta (Ksub) obiecal mieszkancom (Kakk) wszelka pomoc (Kakk).
Wortgruppenflexion
Innerhalb der Nominalphrase regiert der nominale Kopf das Genus von Artikeln und attributiven Adjektiven (siehe Wortgruppenflexion):
den kleinen Prinzen; kleiner Prinz
tego malego ksiecia; maly ksiaze
Innerhalb der Prapositionalphrase regiert die Praposition den Kasus der Nominalphrase:
fur einen kleinen Prinzen, mit den Kindern, dank seines Mutes
dla malego chlopca, z (tymi) sasiadami, dzieki jego odwadze
Zwischen Nomen, Artikel und attributivem Adjektiv herrscht in einer Nominalphrase Kasus- und Numeruskongruenz:
dem kleinen Prinzen. (Dativ Singular)
temu malemu chlopcu
Flexion der Adjektive
Innerhalb der Nominalphrase regiert ein Artikel ein nachfolgendes attributives Adjektiv hinsichtlich des schwachen oder starken Flexionsmusters (siehe Flexion der Adjektive):
der kleine Prinz; ein kleiner Prinz
Flexion der Pronomina
Bei anaphorischem (oder kataphorischem) Bezug regiert der nominale Kopf der Bezugsphrase das Genus des entsprechenden anaphorischen Personalpronomens und kongruiert im Numerus mit ihm. In Subjektfunktion regiert das anaphorische Personalpronomen au?erdem die Kategorie 3. Person beim finiten Verb im Satz, hinsichtlich des Verbnumerus besteht Kongruenz:
Der kleine Prinz setzte sich an den Tisch und verschnaufte ein wenig. Er war schon so viel gereist!
Er war schon so viel gereist!
Numerus- und Kasuskongruenz zwischen Pronomen und Bezugsausdruck herrscht auch in folgenden Beispielen, der Kasus wird durch die Valenz des Verbs bestimmt:
Sie ist eine bekannte Schauspielerin. (Nominativ Singular)
Einem Kerl wie dir kann man nichts vormachen. (Dativ Singular)
Da steht sie nun, die erste Bundeskanzlerin, die Frau aus dem Osten [...] [Berliner Zeitung, 14.01.2006]
Relativ-Elemente, die z. B. durch Demonstrativ- oder W-Pronomina angeschlossen werden, kongruieren im Numerus mit dem Kopf der Nominal- oder Pronominalphrase, an die der Relativsatz angeschlossen ist. Ihr Genus wird vom Kopf der Nominal- oder Pronominalphrase regiert. Der Kasus wird hingegen relativsatzintern durch Rektion (Valenz) bestimmt:
Hunde, die bellen, bei?en nicht.
Psy, ktore szczekaja, nie gryza.
Verbflexion
Innerhalb des Verbalkomplexes regieren Hilfs- und Modalverben eine infinite Verbform (Partizip II, Infinitiv):
Hans hat gearbeitet. / Er muss sie um Entschuldigung bitten.
Jurek bedzie pracowac/pracowal. Pasazerowie musza opuscic samolot.
Zwischen Subjekt und dem finiten Verb im Satz herrscht Numeruskongruenz:
Hunde, die bellen, bei?en nicht. (Plural)
Psy, ktore szczekaja, nie gryza.