Wortstellung und Informationsstruktur

Die Informationsstruktur einer Äußerung wird durch das Verfahren der Fokussierung bestimmt. Mit dem Verfahren lenkt ein Sprecher/Schreiber die Adressaten auf spezifische Inhalte des Gesagten oder Wahrnehmbaren, die als besonders relevant gelten sollen. Adressaten sollen nicht nur verstehen, was der Fall ist, sondern auch, was an einem Sachverhalt für sie wichtig ist und worauf ihre Aufmerksamkeit gelenkt werden soll. Die Funktion der Fokussierung besteht darin, den Informationsgehalt einer Äußerung aufzugliedern: Die besonders hervorgehobenen Teile der Äußerung stellen den Vordergrund, die übrigen Teile den Hintergrund dar. Die durch sprachliche Äußerungen etablierte Informationsstruktur erscheint in einer Weise konturiert, die die Verarbeitung und Einordnung in das Wissen des Hörers steuern kann und zugleich einen Bezug zu Nicht-Gesagtem oder Erwartbarem herstellt.

Die Mittel der kommunikativen Strukturierung sind

  • in der geschriebenen Sprache die Wortstellung, lexikalische Mittel und Interpunktion
  • in der gesprochenen Sprache Wortstellung, lexikalische Mittel und Prosodie

Die Mittel haben eine unterschiedliche Reichweite: Lexikalische Einheiten (z. B. bestimmte Partikeln und Junktoren) und Wortstellung können bestimmte Einheiten (in einem Stellungsfeld) fokussieren (z. B. Wortformen, Phrasen oder Untersätze), die Intonation darüber hinaus auch einzelne Silben oder den ganzen Satz.

Hintergrund-Vordergrund

Als Vordergrund wird der Teil des Gesagten bezeichnet, der für den Adressaten als besonders relevant fokussiert und durch formale Mittel der kommunikativen Strukturierung hervorgehoben ist. Was nicht zum Vordergrund gehört, wird dem Hintergrund zugeordnet. Gemeinsam bilden Vordergrund und Hintergrund die Informationsstruktur einer Äußerung.

Die textlinguistischen Begriffe Thema und Rhema werden ähnlich wie Hintergrund und Vordergrund verwendet, jedoch nicht primär unter dem Gesichtspunkt der Fokussierung: In einem Diskurs, Text oder Textabschnitt wird als Thema ein Gegenstand bezeichnet, über den fortlaufend etwas gesagt wird. Als Rhema wird bezeichnet, was an einer bestimmten Stelle über ein Thema gesagt wird. Nach Daneš (1970) wird das Gerüst des Textaufbaus durch das Muster gebildet, nachdem Themen eingeführt und gewechselt werden (thematische Progression). Von einer Form der thematischen Progression ist beispielsweise die Rede, wenn das Rhema der ersten Aussage zum Thema der zweiten Aussage wird:

Unsere Wirtschaft sucht rationelle Arbeitsverfahren. Rationelle Arbeitsmethoden verlangt auch die Wissenschaft. (zit. nach Dressler (1978), S. 189)

Der Hintergrund greift Informationen auf, die schon in der Kommunikation bzw. im Vortext eingeführt sind oder zum "Weltwissen" der Kommunikationsbeteiligten gehören. Die Informationsstruktur eines Satzes kann deshalb immer nur im Zusammenhang mit dem Kontext gesehen werden. Im Vordergrund (gelb hinterlegt) stehen die Teile der Information, die durch den Sprecher/Schreiber als neu und/oder besonders wichtig betrachtet werden, z. B.:

(1) (Wohin seid ihr gestern gefahren?)

Wir sind gesternnach Hannovergefahren.

(2) (Ein Mann spricht seinen Nachbarn an und bittet ihn um einen Gefallen.)

"Herr Nachbar, können Sie mir vielleichtheute Abend mal Ihre Stereoanlageausleihen?"
"Aber gewiss! Wollen Siefeiern?Dafür ist sieideal."
"Nein, nur mal wieder ruhig schlafen."

(Rhein-Zeitung, 11.01.2006, Witz des Tages)

In sachlich-neutraler Rede ist die Informationsgliederung wie folgt:

Hintergrund >> Vordergrund

Informationsstruktur der einzelnen Stellungsfelder

Bei der Informationsgliederung einer kommunikativen Minimaleinheit werden gesonderte Vordergrund- und Hintergrundbereiche ausgewiesen, die in den einzelnen Stellungsfeldern verortet werden können.

Typische Hintergrundbereiche sind

  • das Vorfeld
  • linker Innenrand und Mittelteil des Mittelfeldes

der typische Vordergrundbereich umfasst

  • den rechten Innenrand des Mittelfeldes
  • ggf. die rechte Satzklammer

Das Nachfeld kann abhängig von der Art der Besetzung für Hintergrund- (z. B. Nachträge) wie auch für Vordergrundinformationen (z. B. Komplemente) genutzt werden. Vordergrundinformationen können auch in den Außenfeldern platziert werden (z. B. Thematisierungsausdrücke).

Mittel der Informationsstrukturierung sind z. B. die Nachstellung von Einheiten in den Vordergrundbereich, die typischerweise dem Hintergrund zugeordnet werden (3) bzw. die Voranstellung von Einheiten in den Hintergrundbereich, die typischerweise dem Vordergrund zugeordnet werden (4). Bleibt dabei die übliche Informationsgliederung Hintergrund >> Vordergrund erhalten, kann die Nachstellung dazu dienen, für diese Stellung eher untypische Einheiten als Informationsschwerpunkt (Vordergrund) besonders zu kennzeichnen. Umgekehrt dient dann die Voranstellung von Einheiten dazu, sie als Hintergrundinformation zu kennzeichnen, z. B.:

[3]Der Staat binich!

Wortstellung und Intonation (starker Gewichtungsakzent) können aber auch genutzt werden, um eine markierte Informationsgliederung Vordergrund >> Hintergrund vorzunehmen, die eine besondere Hervorhebung der Vordergrundinformation zum Ziel hat, z. B.:

[4]Geschlagenhaben sie das Kind!

Die Informationsstruktur der einzelnen Stellungsfelder wird in den folgenden Einheiten ausführlich beschrieben:

Informationsstruktur des Vorfeldes
Informationsstruktur des Mittelfeldes
Informationsstruktur des Nachfeldes

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