Hervorhebung durch Wortstellung

Die Stelle der Gewichtungsakzente ist in den natürlichen Sprachen entweder syntaktisch festgelegt (in manchen Sprachen können mit Gewichtungsakzent hervorgehobene Phrasen nur in bestimmten syntaktischen Positionen stehen) oder syntaktisch frei. Die Position derjenigen Phrase, die mit dem Gewichtungsakzent hervorgehoben wird, ist in mehreren Sprachen mit dem finiten Verb verbunden. Sie steht entweder vor oder (seltener) hinter dem Verb. Bei syntaktisch festgelegtem Gewichtungsakzent ist die phonetische Realisierung des Akzents häufig nicht besonders stark ausgeprägt, d. h., die Veränderung der Intensität bzw. die Bewegung der Tonhöhe an der Akzentstelle ist nicht besonders groß.

In anderen Sprachen ist die Stelle des Gewichtungsakzents beweglich. Hervorgehoben werden können verschiedene Phrasen in verschiedenen Positionen im Satz. Da in diesen Sprachen die phonetische Realisierung der einzige Marker der Satzakzentstelle ist, wird der Akzent phonetisch stark (mit großem Intensitätsunterschied und/oder mit großer Tonhöhenbewegung) realisiert. Das Deutsche gehört zu letzterem Typ, bei dem die Stelle des Gewichtungsakzents grammatisch grundsätzlich nicht determiniert ist. Akzentdomänen können z. B. in (1) der Verbalkomplex mit den dazugehörigen Komplementen (unterhalb der Satzebene), in (2) eine Phrase oder in (3) ein Satz sein. Eine gewisse Korrelation zwischen der Wortstellung und der Akzentuierung liegt jedoch – wie unten gezeigt wird – auch im Deutschen insofern vor, als die nicht hervorgehobenen hintergründigen Elemente den hervorgehobenen vordergründigen besonders im Mittelfeld meist vorangehen. Das heißt, die Stelle der Gewichtungsakzente ist im Deutschen zwar syntaktisch nicht determiniert, jedoch auch nicht beliebig.

[1]Die Jungshaben Tischtennis gespielt.
[2]Da obenhabe ich ihn dann getroffen.
[3]Geld stinkt nicht.

Prototypische Aussagesätze haben zwei Akzente und damit zwei Intonationsgruppen. Der erste Akzent markiert die als Grundlage für die Informationsvermittlung geltende Informationseinheit. Er ist schwächer ausgeprägt und ist meistens mit einer fallenden Tonbewegung innerhalb der Intonationsgruppe verbunden. Er wird auch Tonakzent genannt. Der zweite ist der eigentliche Gewichtungsakzent (oder Fokusakzent), der den Kern der vordergründigen Information markiert. Er bildet den intonatorischen Gipfel des Satzes, danach ist die Satzmelodie meistens fallend.

[4]Heidenreichhat wieder mal ein Buch geschrieben.

Es ergeben sich – bezogen auf das Verhältnis von Akzentuierung (bzw. grafischer Hervorhebung) und Wortstellung – folgende Möglichkeiten:

  • Akzentuierung (oder grafische Auszeichnung) und Wortstellung markieren denselben Bereich.
(a) Wir sind gestern nach Hannover gefahren.
  • Nur die Akzentuierung (oder eine grafische Auszeichnung) wird eingesetzt, während die Wortstellung normal ist.
(b) Wir sind gestern nach Hannover gefahren.
  • Akzentuierung (oder grafische Auszeichnung) und Wortstellung markieren unterschiedliche Bereiche.
(c) ?Wir sind nach Hannover gestern gefahren.

Im Beispiel (c) ist nach Hannover durch Akzentuierung, gestern durch die Wortstellung hervorgehoben, so dass eine Unverträglichkeit entsteht. Dies wäre unproblematisch, wenn auch gestern akzentuiert wäre. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Fokussierungsmittel der Wortstellung maximal Phrasen oder Untersätze als Domäne erfassen kann, der kompositionale Gewichtungsakzent maximal den Satz, während die grafische Auszeichnung nach oben prinzipiell unbegrenzt ist.

Eine Hervorhebung durch (strukturell markierte) Wortstellung zieht immer eine Hervorhebung durch Akzentuierung nach sich, während stellungsunabhängig jede syntaktische Einheit durch Akzentuierung hervorgehoben werden kann. Es besteht also ein einseitiges Implikationsverhältnis.

Hervorhebung durch strukturell markierte Stellung impliziert Hervorhebung durch Akzent. Die Umkehrung gilt nicht.

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