Supplement
Die syntaktische Komponente, um die es hier geht, läuft - je nach Grammatiktheorie - unter verschiedenen Namen: Angabe, freie Angabe, Adverbial, Umstandsbestimmung. Diese Komponente wird aber nicht nur anders benannt, sondern z.T. auch anders definiert bzw. "abgegrenzt". Sie realisiert z.B auch Ausdrücke, die in dieser Grundgrammatik als (Adverbial-)Komplemente bezeichnet werden. Es geht hier ausschließlich um Satzsupplemente und nicht z.B. um Nomensupplemente. Zur Unterscheidung von Komplement und Supplement existieren Testverfahren.
Zusammen mit den Komplementen und dem Verbalkomplex bilden Supplemente die primären Komponenten des Satzes. Vgl. folgende Satzanalyse:
Damals haben wir dieses Problem doch schnell gelöst.
damals | Supplement zum Satz, also Satzadverbiale zur Spezifizierung der Zeit |
haben gelöst | Verbalkomplex |
wir, dieses Problem | Komplemente |
doch | Abtönungspartikel, die auf gemeinsames Vorwissen hinweist (Supplement) |
schnell | Supplement zur Verbgruppe (also Verbgruppenadverbiale zu Spezifizierung der Art und Weise) |
Supplemente sind aber nicht Teile des Ausdrucks der Elementarproposition. Sie sind im prototypischen Fall weglassbar.
Bei den Supplementen werden folgende drei Typen unterschieden:
a) Satzadverbialia
Ein Satzadverbiale (Plural: Satzadverbialia) ist ein Adverbiale, das sich im Unterschied zum Verbgruppenadverbiale auf den ganzen Satz bezieht (1), d.h. zusammen mit einem vollständigen Satz einen neuen Satz ergibt. Als Satzadverbialia können Adverbien (1), Nominalphrasen (2), Präpositionalphrasen (3), Adjektive (4), Nebensätze (5) und Infinitivkonstruktionen (6) auftreten:
(2) Es hat den ganzen Tag geregnet.
(3) Bei einer Temperatur von 40 Grad gerät man ins Schwitzen.
(4) Wahrscheinlich findet eine Holzauktion statt.
(5) Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich's Wetter oder bleibt, wie's ist.
(6) Anstatt zu faulenzen, steigen wir auf den Wilden Kaiser.
Zu bestimmten Verben können Satzadverbialia auch als Adverbialkomplemente treten.
(8) Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr.
(9) Der DAX ist um 123 Punkte gestiegen.
Die Satzadverbialia unterteilen sich in zwei Großgruppen mit jeweils weiteren Untergruppen:
Modale Satzadverbialia
- Assertive Satzadverbialia: offenkundig, dummerweise, ohne Zweifel, wie erwartet, gewiss
- Modal abschwächende Satzadverbialia: eventuell, hoffentlichm wie verlautet
- Negative Satzadverbialia: (gar/überhaupt) nicht, keineswegs, nirgendwo
Kontextspezifizierende Satzadverbialia
- Quantifizierende Satzadverbialia: selten, manchmal, zum wiederholten Mal lange, drei Stunden, ewig
- Temporaladverbialia: neulich, heute, jemals, bisher, wann, solange er da ist
- Lokaladverbialia: da, daran, woanders, oberhalb, links, draußen, östlich, links neben der Kirche
- Redehintergrundadverbialia: wegen+NP, ungeachtet+NP, seinentwegen/~halben, darum, dafür, dann, Nebensätze eingeleitet mit wenn, weil, obwohl, (so) dass
b) Verbgruppenadverbalia
Als Verbgruppenadverbiale (Plural: Verbgruppenadverbialia) bezeichnen wir ein Adverbiale, das eine Verbgruppe modifiziert, also zusammen mit einer Verbgruppe wieder eine Verbgruppe ergibt. Ausdrücke für Verbgruppenadverbialia sind Adverbien (1), Adjektive (2), Adjunktorphrasen (3), Präpositionalphrasen (4) und Nebensätze(5).
(2) Sie rannte schnell weg.
(3) Sie rennt wie ein Wiesel.
(4) Mit Begeisterung stürzte er sich auf die neue Aufgabe.
(5) Sie rennt, als wäre eine Meute Hunde hinter ihr her.
In seltenen Fällen können Verbgruppenadverbialia auch als Adverbialkomplemente fungieren:
(7) Ihre Kinder benahmen sich unmöglich.
Die Verbgruppenadverbialia unterteilen sich in drei Gruppen mit jeweils weiteren Untergruppen:
Dimensionsbezogene Modifikatoren
- Dimensionsmodifizierende Modifikatoren: träge, gern, kaum, leicht
- Modifikatoren, die weitere Ereignisdimensionen einführen: damit, mit + NP (...spielt mit seinem Hund)
- Dimensional bewertende Modifikatoren: falsch, schön, sehr elegant, eiskalt
Modifikatoren mit Bezug auf Ereignisbeteiligte
- Qualifizierende Modifikatoren: hungrig, elegant, betrunken, gerupft und ausgenommen
- Quantifizierende Modifikatoren: gemeinsam, einstimmig, im Chor, teilweise
Kausale Modifikatoren
- Kausative Modifikatoren: tödlich, erfolgreich, laut, sichtbar, bis zur Erschöpfung
- Resultative Modifikatoren: dankbar, gehorsam, gezwungenermaßen, aus eigenem Antrieb
- Mediative Modifikatoren: brieflich, per E-Mail, kirchlich, polizeilich, steckbrieflich
c) Abtönungspartikeln
Abtönungspartikeln wie ja, halt, doch, denn, eben, vielleicht sind typisch für die gesprochene Sprache. Abtönungspartikeln fungieren nur als Supplemente. Ihre Spezifizierungsleistung erbringen sie, indem sie auf Erwartungen und Einstellungen des Sprechers und der Adressaten operieren und dadurch dazu beitragen, Äußerungen in den jeweiligen Handlungszusammenhang zu integrieren. Sie sind großteils unbetont, es gibt aber auch betonte Varianten (= rote Schrift):
Beispiele:
Das ist ja die Höhe!
Komm ja nicht zu spät nach Hause.
Das ist vielleicht eine Hitze heute!
Was hat er wohl heute Leckeres gekocht?
Das war schon unangenehm!
Abtönungspartikeln sind untereinander kombinierbar, können aber anders als die beiden anderen Supplementtypen keine Phrasen bilden:
Die Abtönungspartikeln werden formal und funktional abgegrenzt. Formal nach ihrem Stellungsverhalten, nach ihrem Vorkommen in bestimmten Satzmodi und nach ihren Akzentuierungsmöglichkeiten. Funktional unterscheiden sie sich nach der Differenzierung bzw. Abtönung von Satzmodi, nach der Differenzierung der Wissensqualität sowie der textverknüpfenden Funktion.
Ausführlich zu den Abtönungspartikeln als Supplemente siehe Abtönungspartikeln.