Valenz
Seit der französische Linguist Lucien Tesnière (1893-1954) in Éléments de syntaxe structurale (Paris, 1959) den aus der Chemie stammenden Begriff Valenz auf sprachliche Phänomene anwandte, hat sich die Valenztheorie zu einem zentralen grammatischen Konzept entwickelt, das in viele moderne Grammatikdarstellungen, insbesondere in Grammatiken, Wörterbücher und Lehrbücher für Deutsch als Fremdsprache Eingang gefunden hat. Unter Valenz wird ein ganzer Komplex von miteinander verknüpften Phänomenen verstanden.
Ob Adverbien auch solche Leerstellen eröffnen, ist umstritten.
Der hier vorgestellte Valenzbegriff wird in Zifonun et al. 1997 verwendet; auf ihm basieren auch die Verbvalenzwörterbücher Verben in Feldern, VALBU - Valenzwörterbuch deutscher Verben und E-VALBU (online: www.ids-mannheim.de/e-valbu).
Die sprachlichen Ausdrücke, die Leerstellen eröffnen, nennt man Valenzträger. Die Ausdrücke, mit denen die Leerstellen gefüllt werden, nennt man Komplemente oder Ergänzungen.
Man sagt weiter, dass der Valenzträger bestimmte andere Ausdrücke selegiert, das heißt auswählt, sich sucht. Diese Selektion geschieht sowohl auf semantischer als auch auf syntaktischer Ebene. Deshalb wird inzwischen von einem multidimensionalen Valenzkonzept gesprochen, denn die Selektion bezieht sich auf die Anzahl der selegierten Ausdrücke, auf den Grad ihrer Weglassbarkeit, auf ihre kategorielle Bedeutung, ihre semantische Rolle, ihre syntaktische Funktion sowie auf ihre morphosyntaktischen Merkmale, also etwa Kasus und feste Präposition. Die Selektion steht im Zusammenhang mit der Bedeutung des Valenzträgers. Im Wesentlichen zu unterscheiden sind:
Ausgewählte Literatur
Helbig 1992; Jacobs 1992; Zifonun et al. 1997; Hölzner 2007; Nikula 2007; Schumacher 2007; Heringer 2009; Kubczak 2009; Engelberg 2010; Fischer/Fobbe/Schierholz 2010.