Abtönungspartikeln als Supplemente

andere Bezeichnungen:

Modalpartikel, Einstellungspartikel, illokutive Partikel, Intensitätspartikel

Ungarische Bezeichnung: árnyaló partikula, módosító partikula

Bestand:

aber, auch, bloß, denn, doch, eben, eigentlich, einfach, etwa, fei, halt, ja, mal, man, nicht, nur, ruhig, schon, überhaupt, vielleicht, wohl.

Abtönungspartikeln sind unflektierbare Wörter, die dazu dienen, die Äußerung in den Situationszusammenhang einzuordnen, indem sie verschiedene Einstellungen oder Erwartungen des Sprechers zum Gesagten zum Ausdruck bringen. Damit verbunden ist eine bestimmte Abtönung oder Einfärbung der betreffenden Äußerung.

Abtönungspartikel haben nur in Ausnahmefällen ein Äquivalent in anderen Sprachen. Deshalb werden die deutschen Beispiele hier, obwohl es auch im Ungarischen einige Abtönungspartikeln gibt, nicht übersetzt. Die vorliegenden Beispielsätze verlangten von Kontext zu Kontext verschiedene Übersetzungen.

Beispielsweise drückt ein unbetontes ja in einem Aussagesatz aus, dass der Sprecher annimmt, dass der mitgeteilte Sachverhalt für den Hörer sowieso schon bekannt ist, während er mit doch den Hörer meistens an einen Sachverhalt erinnert, den er zwar wissen sollte, aber offensichtlich vergessen hat oder zumindest nicht berücksichtigt:

Wir sind ja Freunde. ←→ Wir sind doch Freunde.

In Fragesätzen werden am häufigsten denn und eigentlich benutzt. Mit denn kommt zum Ausdruck, dass die Frage als Reaktion auf eine (meistens unerwartete) Situation zu verstehen ist. Mit eigentlich wird dem Gespräch eine neue Richtung gegeben, ein neues Thema wird aufgeworfen:

Kinder, was macht ihr denn hier? (Diese Frage kann von der Mutter stammen, wenn die Kinder Feuer auf dem Fussboden gemacht haben.)

Habt ihr eigentlich alle was zu trinken? (Das kann der Gastgeber während eines Gesprächs fragen. Mit eigentlich wird markiert, dass der Sprecher mit dieser Frage vom ursprünglichen Thema abweicht.)

In Aufforderungssätzen können mal und doch die Aufforderung in Richtung einer freundlichen Bitte abschwächen. Die beiden Abtönungspartikeln können auch miteinander kombiniert werden:

Kommen Sie doch mal wieder!

Die abtönende Wirkung kann aber auch eine Verstärkung sein, z. B. bei einer Warnung oder Drohung mit (dem betonten)ja:

Mach das ja nicht noch einmal!

Aber, vielleicht und ja können in Ausrufesätzen als Ausdrucksmittel des Staunens benutzt werden, wobei mit ja über den Sachverhalt selbst, mit aber und mit vielleicht über ein besonderes Ausmaß, bzw. einen ungewöhnlichen Grad gestaunt wird:

Der Kaffee ist aber / vielleicht heiß! (Bei einem besonders heißen Kaffee.)

Der Kaffee ist ja heiß! (Wenn ein nicht heißer Kaffee zu erwarten gewesen wäre.)

Abtönungspartikeln können nur als Supplemente und nicht als Komplemente fungieren. Als Supplemente sind sie für die Bildung eines korrekten Satzes nicht notwendig. Wie alle Partikeln bilden auch die Abtönungspartikeln keine Phrasen. Sie können - im Gegensatz zu den Adverbialia - nicht allein im Vorfeld stehen und sind nicht erfragbar. Sie können meistens nicht betont werden. Einige Abtönungspartikeln haben aber betonte Varianten mit besonderer Bedeutung.

Die meisten Abtönungspartikeln haben Homonyme in anderen Wortklassen, aus denen sie sich entwickelt haben. Z. B.: Konjunktoren (aber, denn), Fokuspartikeln (nur, schon), Adverbien (vielleicht) oder Adjektive (einfach, ruhig). Die Abtönungspartikeln haben beim Wortartenwechsel aber die "ursprüngliche" Bedeutung weitgehend verloren und ihre Bedeutung ist abgeschwächt oder verblasst.

Es gibt abtönungspartikelreiche und auch abtönungspartikelarme Sprachen. Dem Deutschen ähnlich ist auch das Ungarische reich an Abtönungspartikeln (Abtönungspartikelarm sind dagegen z. B. Englisch und Französisch). Dennoch bereitet die Aneignung deutscher Abtönungspartikeln ungarischen Deutschlernern große Schwierigkeiten, weil die deutschen und die ungarischen Abtönungspartikeln meistens nicht äquivalent sind. Wir können also eine deutsche Abtönungspartikel nicht einfach mit einer ungarischen übersetzen, sondern die möglichen Übersetzungen sind von Kontext zu Kontext unterschiedlich. Beispiele für ungarische Abtönungspartikeln:

Hiszen esik az eső.

Ez persze nem tartozik a vitatott témák közé.

Ez azért mégiscsak túlzás.

Gyere csak ide!

Vajon ez igaz?

Ez ám a zivatar!

Engem ugyan át nem versz!

Auch die ungarischen Abtönungspartikeln entwickelten sich im Allgemeinen aus Adjektiven, Adverbien, Konjunktoren, Fokuspartikeln, Antwortpartikeln usw. Eine Abgrenzung ist mit Hilfe formaler Merkmale schwieriger als im Deutschen. Der ungarische Satz verfügt nämlich über kein grammatisches Vorfeld, während für deutsche Abtönungspartikeln die fehlende Vorfeldfähigkeit das einfachste syntaktische Merkmal ist. Ungarische Abtönungspartikeln verhalten sich syntaktisch ziemlich heterogen, je nach dem, aus welchem Wort sie stammen. Die aus Konjunktoren stammenden Abtönungspartikeln stehen häufig am Satzanfang, die anderen eher in der Satzmitte. Im Allgemeinen sind sie aber nur sehr beschränkt verschiebbar und nur selten betonbar.

Die Abtönungspartikeln bilden keine Phrasen. Möglich sind allerdings Kombinationen von verschiedenen Abtönungspartikeln:
Du hast doch wohl nicht etwa Angst?

Tonbeispiel

Abtönungspartikeln werden häufiger in der gesprochenen als in der geschriebenen Sprache verwendet. Bei einer Befragung von 82 Muttersprachlern empfand die überwiegende Mehrheit Dialog A als "natürlich, warm, flüssig, freundlich", Dialog B hingegen als "abweisend, hölzern, kontaktschwach". Da die beiden Dialoge bis auf die Abtönungspartikeln identisch sind, scheint die unterschiedliche Einschätzung auf diese 'unscheinbaren' Wörter zurückzuführen sein. Aus Weydt u.a., 1983: 11

Dialog A:
Dialog B:

Mit folgendem Test können Abtönungspartikeln von den beiden anderen Supplementtypen Satzadverbialia und Verbgruppenadverbialia unterschieden werden:

Test für Abtönungspartikeln
Wenn die Paraphrase eines Aussagesatzes mit einem Ausdruck a mit 'Es ist / war der Fall, dass ...' wie in den folgenden Beispielen nicht möglich ist, handelt es sich bei dem Ausdruck a um eine Abtönungspartikel.

Wenn die Paraphrase nicht möglich ist, handelt es sich beim Ausdruck um eine Abtönungspartikel.

Beispiele für eine Abtönungspartikel:

Es regnet ja.
* 'Es ist der Fall, dass es ja regnet.'

Er ist doch gekommen.
* 'Es ist der Fall, dass er doch gekommen ist!'

Wenn die Paraphrase möglich ist, handelt es sich um einen Satz mit Satzadverbiale oder mit Verbgruppenadverbiale.

Beispiel für ein Satzadverbiale:

Es regnet heute.
'Es ist der Fall, dass es heute regnet.'

Beispiel für ein Verbgruppenadverbiale:

Es regnet in Strömen.
'Es ist der Fall, dass es in Strömen regnet.'

Der vorgeschlagene Test basiert auf der Eigenschaft der Abtönungspartikeln, dass sie sich nicht auf den Wahrheitswert der Aussage, das heißt nicht auf den "Fall" selbst, sondern auf dessen Einschätzung durch den Sprecher beziehen. Deshalb können sie nicht an den Ausdruck Es ist der Fall, dass angeschlossen werden. (In dieser Satzstruktur könnten Abtönungspartikeln höchstens im Hauptsatz, nicht aber im Nebensatz auftauchen: Es ist ja der Fall, dass, ... Es ist doch der Fall, dass, ... usw.) Für Nicht-Muttersprachler ist es aber oft schwierig zu beurteilen, ob die Paraphrase akzeptabel ist. Deshalb werden hier auch alternative Proben vorgeschlagen, mit deren Hilfe auch Lerner Abtönungspartikeln identifizieren können.

1. Beim Weglassen der Abtönungspartikel verändert sich die Proposition, das heißt, der über die Welt ausgesagte Inhalt nicht. Im Falle der Eliminierung der Satzadverbialia und Verbgruppenadverbialia geht auch eine über die Welt gesagte Inhaltskomponente verloren:

Es regnet ja.Es regnet.

Er ist doch gekommen.Er ist gekommen.

Mit den Sätzen ohne Abtönungspartikeln wird über die Welt das gleiche behauptet wie in denen mit Abtönungspartikeln, während bei der Eliminierung der Ausdrücke heute oder in Strömen wichtige Inhaltskomponenten verloren gehen.

2. Abtönungspartikeln können im Gegensatz zu Satzadverbialia und Verbgruppenadverbialia nicht erfragt werden:

Es regnet heute. (Satzadverbiale) → Wann regnet es?

Es regnet in Strömen. (Vergruppenadverbiale) → Wie regnet es?

Es regnet ja. (Abtönungspartikel) → Ø (Nicht erfragbar.)

3. Abtönungspartikeln können im Gegensatz zu den Satzadverbialia und den Verbgruppenadverbialia nicht ins Vorfeld gestellt werden:

Heute regnet es. / In Strömen regnet es. nicht aber: * Ja regnet es.

Im Falle des Satzes Doch ist er gekommen. ist diese Wortstellung nur in dem Fall möglich, wenn doch im Sinne von trotzdem als Satzadverbiala benutzt wird, nicht also in der am Anfang des Kapitels beschriebenen Funktion. (Vgl. Funktion der Abtönungspartikeln)

Wie Satzadverbialia beziehen sich auch Abtönungspartikeln auf den ganzen Satz. Besonders modale Satzadverbialia sind in ihrer Funktion den Abtönungspartikeln ähnlich:

Das ist wohl ein Irrtum. (= Abtönungspartikel)
Das ist wahrscheinlich ein Irrtum. (= Satzadverbiale)

Literatur: Harald Weydt, Maria Thurmair, Armin Burkhardt

Übung: Abtönungspartikeln

Übung: Aussagen zu Abtönungspartikeln

Zum Text

Letzte Änderung
Aktionen
Seite als PDF
Seite drucken
Seite zitieren

Seite teilen